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Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Herbsttagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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zusammen.
    »Mensch,
hast du mich erschreckt!«
    »Entschuldige«,
sage ich und ziehe die Nase hoch. »Ich brauche dringend Taschentücher.«
    »Kannst
du nicht anklopfen?« Vicki ist total gereizt.
    Wegen so
einer Kleinigkeit?
    »Und du
kannst ja wohl absperren, wenn du aufs Klo gehst«, fauche ich zurück.
    Ich kam
nach Hause, um weinend und Trost suchend in die Arme meiner besten Freundin zu fallen,
und sie zickt mich an? Das kann doch wohl nicht wahr sein!
    »Woher soll
ich wissen, dass du am helllichten Tage plötzlich hier hereingeschossen kommst.
Ich schließe das Bad nicht ab, wenn ich alleine bin.«
    In diesem
Augenblick sehe ich, dass sie knallrot ist und eine Hand hinter den Rücken hält,
als würde sie etwas vor mir verstecken. Ihre Stimme klingt auf einmal gar nicht
mehr wütend, sondern ziemlich angeschlagen. Erst jetzt kriege ich mit, dass sie
ebenfalls verheult aussieht.
    »Was ist
denn los mit dir?«, frage ich.
    »Wieso mit
mir? Du heulst doch!«
    Boah, ist
die unfreundlich! Am liebsten würde ich die Tür zuknallen und abhauen. Aber Vicki
sieht total fertig aus und das tut mir leid.
    »Was hast
du da in der Hand?«
    »Nix.«
    »Klar! Du
hast was hinter dem Rücken versteckt.«
    »Du spinnst.«
    »Dann zeig
mir doch die Hand!«
    »Du spinnst
total!«
    »Wenn es
nichts Schlimmes ist, musst du es doch nicht vor mir verstecken«, sage ich geduldig,
komme mir allerdings langsam vor wie im Kindergarten.
    Wahrscheinlich
hat sie einen Schwangerschaftstest gemacht. Aber warum heult sie deswegen? Und warum
sagt sie nicht einfach: ›Hey, Rosa, ich glaub, ich kriege ein Kind. Komm, lass uns
zusammen aufs Testergebnis warten.‹ Beste Freundinnen machen so was nämlich.
    »Kannst
du endlich rausgehen!«, fordert Vicki stattdessen genervt. »Ich muss mal. Oder willst
du zuschauen?«
    »Du musst
gar nicht«, antworte ich. »Du willst mich nur loswerden.« Ich gehe einen Schritt
auf sie zu.
    »Hau ab,
Rosa«, faucht Vicki. »Darf ich nicht das kleinste Geheimnis vor dir haben?«
    »Geheimnis?«
Ich lache laut, aber es klingt eher sauer als amüsiert, denn langsam fange ich an,
mich über Vicki zu ärgern. »Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Meinst du, ich
kann mir nicht denken, dass du schwanger bist?«
    »Das bin
ich nicht!«, schreit Vicki.
    »Hör doch
endlich auf mit der Maskerade!« Langsam verliere ich die Beherrschung, obwohl Vicki,
die trotzig versucht die Tränen zurückzuhalten, mir total leid tut.
    »Ich bin
deine Freundin«, sage ich. »Wenn du Probleme hast, dann rede doch bitte mit mir.«
    »Ich habe
aber gar keine Probleme«, beharrt sie und wischt sich mit dem Ärmel ihrer Bluse
über das Gesicht.
    Nee, klar,
überhaupt nicht!
    Ich gehe
einen Schritt auf sie zu, will sie in die Arme nehmen. »Mensch, Vicki. Was ist denn
los?«
    »Nichts.
Gar nichts, du …«
    In diesem
Moment fällt mein Blick auf den Mülleimer, der einen verräterischen kleinen Spalt
offensteht.
    Also gut,
dann eben die Überführungstour!
    Ich bücke
mich und schnappe mir die kleine blaubunte Pappschachtel, die oben rausguckt. »Clearblue
Digital Schwangerschaftstest«, lese ich laut, unterdrücke meinen Ärger und zwinkere
ihr versöhnlich zu. »Na bitte! Hast du immer noch eine Ausrede?«
    Vicki wechselt
die Farbe wie ein Chamäleon. Jetzt ist sie käsebleich und starrt mich aus rot geweinten
Augen wütend an.
    »Rosa! Ich.
Bin. Nicht. Schwanger!«, antwortet sie mit kalter Stimme. »Vergiss es.«
    Sie stürmt
aus dem Bad und knallt die Tür so laut zu, dass den Nachbarn der Putz von der Decke
in die Kaffeetassen fallen muss. Ich starre ratlos auf die kleine Schachtel in meiner
Hand. Dann sehe ich den Test auf dem Boden liegen – einen kleinen Plastikstreifen
mit blauer Spitze, der aussieht wie ein Fieberthermometer. Vicki hat ihn fallen
lassen, als sie rausgerannt ist. Neugierig hebe ich das Teil auf. Es hat eine Digitalanzeige
und auf der steht: ›Schwanger‹!
    War eigentlich
klar. Aber warum behauptet Vicki vehement, dass es nicht stimmt, und das auch noch
mit dieser Gruselstimme? Das ergibt alles keinen Sinn!
    Die Badezimmertür
öffnet sich und Vicki kommt wieder herein. »Entschuldige, Rosa«, sagt sie kleinlaut
und versucht nun gar nicht mehr die Tränen zurückzuhalten.
    »Was ist
denn bloß los mit dir?«
    »Dani will
keine Kinder«, heult sie. »Er kriegt die Krise, wenn er es erfährt.«
    »Ach Vicki«,
sage ich und weine gleich mit, so erleichtert bin ich, dass sie endlich mit mir
redet. »Das hat er

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