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Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Herbsttagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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heißen Oranienbaum?«
    »Ich bin
Friedrich von Oranienbaum«, sagt er und schaut mich irritiert an. »Sie wollten doch
zu mir, oder?«
    »Ja, aber…
Aber ich wusste nicht, dass … dass Sie … Sie sind Friedrich von Oranienbaum?«
    Ich glaube,
ich halluziniere. Und zwar heftig.
    »Friedrich
von Oranienbaum«, wiederholt er und seine Blicke werden noch stechender.
    »Entschuldigen
Sie bitte«, quetsche ich hervor und starre den Mann entgeistert an. »Ich … ich dachte
Sie, also Friedrich … wäre 1885 oder so geboren.«
    »Sie kennen
sich erstaunlich gut in meiner Familiengeschichte aus«, sagt Oranienbaum. »Ich bin
selbstverständlich nicht dieser, sondern einer seiner direkten Nachkommen, Friedrich
VI. Bei uns werden alle erstgeborenen Söhne so genannt, seit Generationen. Nicht
sehr abwechslungsreich, nicht wahr? Aber eben jener Friedrich, von dem Sie sprechen,
hat in der Familie viel Gutes bewirkt.«
    Schon klar!
Indem er seiner jungen Frau das Vermögen gestohlen und sie dann umgebracht hat.
    »So lebt
die Erinnerung an ihn in mir weiter«, fügt er salbungsvoll hinzu.
    Ich könnte
mich schütteln vor Entsetzen.
    »Und Ihnen
… Ihnen gehört also die Firma?«
    »Nicht nur
die Firma, auch sämtliche Ländereien, auf denen unsere spektakulären Bauprojekte
laufen. Ich dachte, das wüssten Sie. Doch zurück zu Ihrem …«
    »Also auch
Kletzin?«, unterbreche ich ihn. »Das Gut, das Haus … das gehört wirklich Ihnen?«
    »Nun das
ist sogar ein Sonderfall. Normalerweise erwerben wir unsere Grundstücke durch Kauf,
aber Kletzin befindet sich bereits seit vier Generationen im Besitz meiner Familie.
Nach dem Zusammenbruch der DDR konnten wir Rückübertragungsansprüche geltend machen
und nun in die Umgestaltung des Landes investieren.«
    Umgestaltung?
Na, das ist ja mal ein vornehmer Ausdruck für Verschandelung!
    Es ist das
Land von Augusta und ihrer Familie! Es hat euch blöden Oranienbäumen niemals gehört.
    Ich greife
nach meiner Tasse, aber meine Hand zittert so sehr, dass ich sie schnell wieder
abstelle, um mich nicht zu bekleckern.
    Das sind
ja Wahnsinnsneuigkeiten! Mein Besuch hat sich gelohnt. Und wie! Denn eines weiß
ich nun sicher – das Land, das dieser Mann zerstören will, die Bäume, die er zerhacken,
das Haus und die Ställe, die er abreißen will, gehören ihm gar nicht. Wem auch immer,
ganz sicher nicht ihm. Und deshalb darf er dort überhaupt nichts anrühren!
    Ich starre
den Mann völlig entgeistert an. Meine Gedanken wirbeln wild durcheinander und die
Worte bleiben mir im Halse stecken.
    »Um welche
Art Urkunden handelt es sich nun?«
    »Ich muss
gehen«, sage ich und springe auf.
    Wenn ich ihm jetzt sage, was ich weiß, und dass ich quasi
einen Beweis habe, dass ihm Kletzin nicht gehört, dann wird er sämtliche Anwälte
der Welt (und vielleicht sogar den wütenden Wachmann, der mich sowieso nicht leiden
kann) darauf ansetzen, mich und das Tagebuch zu vernichten. Es ist besser, wenn
er sich in Sicherheit wiegt und glaubt, dass ab nächster Woche die Bagger in Kletzin
rollen.
    »Nun ist
aber Schluss«, sagt Friedrich VI., und die Maske der Jovialität fällt von ihm an.
»Sie sagen mir jetzt, weshalb Sie gekommen sind und was es mit Ihrem mysteriösen
Papier auf sich hat!«
    Ich kann
nicht länger an mich halten. »Das Land gehörte niemals Ihrer Familie«, antworte
ich voller Überzeugung und starre ihm, so fest ich kann, in seine stechenden Augen.
»Deshalb können Sie es nicht rückübertragen bekommen haben. Das kann ich beweisen.«
Ich klinge sicherer, als ich mich fühle.
    Prompt fängt
er an zu lachen. Er nimmt mich gar nicht ernst.
    »Also, das
ist das Beste, was ich gehört habe, seit der Rummel um dieses verdammte Dorf seinen
Anfang genommen hat. Ich würde sagen, Sie verlassen augenblicklich meine Firma und
bringen Ihr wertloses Papier dahin, wo Sie es hergeholt haben. Auf den Müll.«
    Mir kommt
der Gedanke, dass er eventuell keine Ahnung hat, dass sein Vorfahr ein gemeiner
Dieb war. Oder er ist genauso ein Miesling.
    »Wir sehen
uns«, sage ich fest. »Dann lache ich und Sie gucken doof.«
    Eigentlich
ist es gut, dass er mich nicht für voll nimmt. Dann wird er seine Rechtsverdreher
nicht aktivieren.
    »Raus jetzt
hier.«
    Das muss
er mir nicht zweimal sagen. So schnell ich kann, verlasse ich das Büro. Meine Handtasche
mit Augustas Tagebuch halte ich fest umklammert.
    Dass mich
im Foyer mein Freund, der vierschrötige Wachmann, erwartet, war mir vollkommen klar.
    »Ich

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