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Hercule Poirots Weihnachten

Hercule Poirots Weihnachten

Titel: Hercule Poirots Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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vielmehr dem geschickten Gebrauch, den sie davon zu machen verstand.
    Joli mannequin, la petite. Mais elle a les yeux durs, dachte Hercule Poirot.
    Colonel Johnson dachte: Sieht verdammt gut aus, das Mädchen. George Lee wird es nicht leicht mit ihr haben, wenn er nicht gut aufpasst. Sie weiß, was Männer anzieht. Inspektor Sugden dachte: Eitle, leerköpfige Person! Hoffentlich haben wir nicht lange mit ihr zu tun!
    «Bitte nehmen Sie doch Platz, Mrs George Lee?»
    Sie setzte sich mit einem warmen, dankbaren Lächeln, das ungefähr besagte: Sie sind zwar ein Polizist, aber doch letzten Endes ein Mann und also gar nicht so furchterregend.
    Ein wenig galt dieses Lächeln auch Poirot. Ausländer waren doch so ritterlich Frauen gegenüber. Inspektor Sugden schien sie nicht zu beachten. Mit reizender Verzweiflung rang sie die Hände und murmelte: «Es ist alles so schrecklich. Ich habe furchtbare Angst.»
    «Aber, aber, Mrs Lee», sagte Johnson kurz, jedoch nicht unfreundlich. «Es war ein Schock für Sie alle, aber jetzt ist er vorüber. Wir möchten Ihren Bericht über das hören, was sich heute Abend zugetragen hat.»
    «Ich weiß von nichts», rief sie, «wirklich nicht!»
    Die Augen des Colonels verengten sich plötzlich. «Nein, natürlich nicht», sagte er langsam.
    «Wir sind erst gestern angekommen. George hat mich gezwungen, mit ihm hier Weihnachten zu feiern. Wären wir bloß nicht hergekommen. Ich werd es nie vergessen können. Ich kenne Georges Familie fast nicht. Mr Lee habe ich nur ein- oder zweimal gesehen – bei unserer Hochzeit und später noch einmal. Alfred und Lydia kenne ich etwas besser, aber im Grunde genommen sind sie alle Fremde für mich.»
    Wieder der große, erschrockene Kinderblick, und wieder dachte Hercule Poirot voll Bewunderung: Elle joue très bien la comedie, cette petite…
    «Gewiss, gewiss», erwiderte Johnson. «Nun sagen Sie mir, wann Sie Ihren Schwiegervater zum letzten Mal sahen – ich meine, lebend sahen.»
    «Heute Nachmittag. Es war scheußlich.»
    «Scheußlich? Warum?»
    «Alle waren so wütend. Nein, George nicht. Zu ihm hatte sein Vater nichts gesagt… aber alle anderen.»
    «Was ist denn geschehen?»
    «Nun, als wir hinaufkamen – er hatte nach uns schicken lassen –, war er am Telefon und sprach mit einem Anwalt über sein Testament. Und dann sagte er Alfred, er sähe so verärgert aus. Das war bestimmt nur wegen Harrys Heimkehr. Das regte Alfred so auf. Wissen Sie, Harry hat einmal etwas Schreckliches getan! Und dann redete er von seiner Frau – sie ist seit vielen Jahren tot –, sie habe das Gehirn eines Huhns gehabt, sagte er, und dann sprang David auf und starrte ihn an, als ob er ihn umbringen wollte – oh!» Sie brach plötzlich ab. «Ich wollte damit nicht sagen, das habe ich nicht damit gemeint!»
    «Ich verstehe, es war nur eine Redensart», beruhigte sie Johnson.
    «Mr Lee sagte, er wolle niemanden von uns mehr sehen an diesem Abend, und dann gingen wir alle wieder hinaus. Hilda, Davids Frau, blieb kurz zurück und versuchte, ihn wieder zu beruhigen und – nun, das ist eigentlich alles.»
    «Und wo waren Sie um die Zeit, da der Mord geschah?»
    «Ich? Warten Sie. Wahrscheinlich im Wohnzimmer.»
    «Sind Sie nicht ganz sicher?»
    Magdalenes Augen begannen zu zucken und wurden sofort durch die Lider bedeckt.
    «Wie dumm ich doch bin! Ich war ja zum Telefon gegangen. Ich bin so durcheinander.»
    «Sie haben also telefoniert? In diesem Zimmer?»
    «Ja, das ist das einzige Telefon im Haus, außer demjenigen im Zimmer meines Schwiegervaters.»
    Sugden warf eine Frage ein. «War noch jemand in diesem Zimmer?»
    Ihre Augen weiteten sich. «Nein, ich war ganz allein.»
    «Wie lange waren Sie hier?»
    «Ziemlich lang. Am Abend dauert es endlos lang, bis man eine Verbindung bekommt.»
    «Sie führten also ein Auswärtsgespräch?»
    «Ja, mit Westeringham.»
    «Und dann?»
    «Dann ertönte ein fürchterlicher Schrei – und alle rannten –, und die Tür war verschlossen und musste eingedrückt werden. O Gott! Es war wie ein Albtraum! Ich werde ihn nie, nie vergessen können!»
    «Doch, doch.» Colonel Johnsons Ton war von mechanischer Tröstlichkeit. Dann fragte er weiter: «Wussten Sie, dass Ihr Schwiegervater eine Reihe wertvoller Diamanten in seinem Safe aufbewahrte?»
    «Nein, wirklich?» Ihre Überraschung schien ehrlich zu sein. «Echte Diamanten?»
    «Diamanten im Wert von zehntausend Pfund», warf Hercule Poirot ein.
    «Nein!» Es klang wie ein ersticktes

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