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Hercule Poirots Weihnachten

Hercule Poirots Weihnachten

Titel: Hercule Poirots Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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geflissentlich aus. Auch sie selber hat er vielleicht mit seinen merkwürdigen Liebenswürdigkeiten bedacht. Wir werden hoffentlich von anderen erfahren, was Simeon Lee seinem Sohn George und dessen Frau zu sagen hatte…»
    Er schwieg, denn die Tür öffnete sich, und David Lee trat ins Zimmer.
     
    David Lee hatte sich in der Hand. Er war ruhig – fast unnatürlich ruhig. Er trat an den Tisch; schob sich einen Stuhl zurecht, setzte sich und sah Colonel Johnson ernst und fragend an.
    «Bitte? Was wollen Sie von mir wissen?»
    «Wenn ich recht unterrichtet bin, Mr Lee, so fand im Zimmer Ihres Vaters heute Nachmittag so etwas wie ein Familienrat statt, nicht wahr?», leitete Johnson das Gespräch ein.
    «Jawohl, aber es war ein zwangloses Beisammensein, kein Familienrat.»
    «Und wie verlief dieses Beisammensein?» David antwortete ruhig.
    «Mein Vater war schlechter Laune. Er war ein alter Mann und hatte das Recht auf Nachsicht, das ist klar. Heute hatte er uns wohl nur kommen lassen, um uns die Leviten zu lesen.»
    «Erinnern Sie sich, was er sagte?»
    «Eigentlich lauter konfuses Zeug. Er warf uns vor, Versager zu sein – alle zusammen –, und in unserer ganzen Familie sei nicht ein einziger wirklicher Mann. Er sagte, Pilar – das ist meine spanische Nichte – sei mehr wert als zwei von uns. Und –» Hier unterbrach sich David.
    «Bitte, die genauen Worte, wenn es Ihnen möglich ist, Mr Lee», bat Poirot.
    «Er wurde fast grob», sprach David zögernd weiter, «und sagte, er hoffe, dass er irgendwo in der Welt bessere Söhne habe – selbst wenn sie vielleicht nicht im rechten Ehebett geboren seien.»
    Seine empfindsamen Züge widerspiegelten den Abscheu, mit welchem er diese Worte wiederholte. Inspektor Sugden blickte auf und schien plötzlich sehr interessiert. Er fragte: «Hat Ihr Vater auch Ihrem Bruder George etwas gesagt?»
    «George? Das weiß ich nicht mehr. O doch, ich glaube, er stellte ihm in Aussicht, seinen Monatszuschuss zu kürzen. George war außer sich, wurde rot wie ein Puter und stotterte, er könne unmöglich mit weniger auskommen. Aber Vater sagte ihm sehr kühl, er werde es gleichwohl müssen. Er habe ja eine Frau, die ihm beim Sparen helfen könne. Eine höhnische Bemerkung. George war von jeher knauserig, und er rechnet heute noch mit jedem Penny – aber Magdalene ist ziemlich verschwenderisch und hat einen teuren Geschmack.»
    «So dass also auch sie, Mrs George Lee, sehr unangenehm berührt war?», fragte Poirot.
    «Ja.»
    «Und dann», sagte Poirot, «kam Ihr Vater auf Ihre verstorbene Mutter zu sprechen.»
    Das Blut schoss David in Wellen ins Gesicht. Seine Hände umklammerten die Tischkante und zitterten merklich.
    «Ja. In beleidigenden Worten!», stieß er hervor.
    «Was sagte er?», fragte Colonel Johnson.
    «Ich weiß es nicht mehr», gab David kurz zurück. «Irgendwelche verächtlichen Bemerkungen.»
    «Ihre Mutter ist vor einigen Jahren gestorben, nicht wahr?», fragte Poirot behutsam.
    «Sie starb, als ich ein Kind war.»
    «Und sie war vielleicht nicht sehr glücklich in ihrem Leben?»
    David lachte bitter auf. «Wie hätte sie mit einem Mann wie meinem Vater glücklich sein können? Meine Mutter war eine Heilige. Sie hat sich nie beklagt. Sie starb an gebrochenem Herzen.»
    «Und war Ihr Vater sehr betrübt über ihren Tod?», fragte Poirot weiter.
    «Das weiß ich nicht», sagte David, «ich verließ dieses Haus.» Nach einer Pause fuhr er fort: «Vielleicht wissen Sie nicht, dass ich meinen Vater zwanzig Jahre lang nicht gesehen hatte, bis ich nun zu diesem Besuch hierher kam. Ich kann Ihnen also gar nichts über seine Gewohnheiten, seine Feinde oder Freunde sagen.»
    «Wussten Sie, dass Ihr Vater eine Menge wertvoller Diamanten im Safe seines Schlafzimmers aufbewahrte?», fragte Johnson.
    «In seinem Schlafzimmer?», fragte David uninteressiert. «Eine komische Idee.»
    «Würden Sie uns bitte noch genau sagen, was Sie selber heute Abend alles taten, wo Sie sich aufhielten.»
    «Ich? Nun, ich stand sofort nach dem Essen auf. Mich langweilen diese Plaudereien beim Port. Außerdem bemerkte ich, dass Harry und Alfred in gereizter Stimmung waren, und ich hasse Auseinandersetzungen. Ich ging ins Musikzimmer und spielte Klavier.»
    «Das Musikzimmer liegt direkt neben dem Wohnzimmer, wenn ich nicht irre», warf Poirot ein.
    «Ja. Ich spielte, bis – bis es geschah.»
    «Und was hörten Sie?»
    «Einen gedämpften Lärm, stürzende Möbel und dann einen grässlichen

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