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Hercule Poirots Weihnachten

Hercule Poirots Weihnachten

Titel: Hercule Poirots Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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verwirrt. Sie sah erst George von der Seite an, dann Sugden und schließlich Johnson.
    «Ich war so schrecklich aufgeregt, dass ich… Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich sagte.»
    «Wir haben alles genau aufgeschrieben», bemerkte Sugden sarkastisch.
    Nun setzte sie alle Hebel in Bewegung, um den steifen Inspektor zu betören: weit aufgerissene, angsterfüllte Kinderaugen, einen bebenden Mund – aber sie begegnete nur der kalten Unnahbarkeit eines Mannes von strenger Rechtschaffenheit, der außerdem auf ihren Typ nicht ansprach.
    Sie stammelte: «Doch… ich habe telefoniert. Ja, ich weiß nur nicht mehr genau – wann –» Sie brach jäh ab.
    George hatte sich ihr zugewandt und schrie:
    «Was soll das alles? Wo hast du telefoniert? In diesem Zimmer jedenfalls nicht!»
    Sugden sagte ungerührt: «Ich bin der Meinung, Mrs Lee, dass Sie gar nicht telefoniert haben. Wo waren Sie in diesem Fall, und was haben Sie getan?»
    Magdalene sah erst wie geistesabwesend vor sich hin und brach dann in Tränen aus.
    «George», schluchzte sie, «sie sollen mich nicht einschüchtern! Du weißt, dass ich mich an gar nichts erinnern kann, wenn man mich erschreckt und mich mit Fragen in die Enge treibt. Ich… ich wusste an jenem Abend überhaupt nicht, was ich sagte, und… und ich war so aufgeregt… und sie waren scheußlich zu mir!»
    Sie sprang auf und rannte weinend aus dem Zimmer.
    Auch George Lee fuhr von seinem Sitz auf.
    «Was fällt Ihnen ein?», stammelte er. «Wie können Sie meine Frau derart erschrecken? Sie ist sehr empfindsam. Es ist eine Schande, wie Sie sie behandeln! Ich werde die unmenschlichen Methoden der britischen Polizei vor dem Parlament zur Sprache bringen. Es ist eine Schande!»
    -Er ging aus dem Zimmer und schmetterte die Tür ins Schloss. Inspektor Sugden warf den Kopf zurück und lachte.
    «Die hätten wir nicht schlecht erwischt! Jetzt werden wir ja sehen.»
    Johnson runzelte die Stirn.
    «Eine seltsame Sache, das. Sieht ziemlich unklar aus. Wir müssen noch weitere Angaben aus ihr herausbekommen.»
    «Oh, sie wird in ein paar Minuten wieder zurückkommen», versicherte Sugden leichthin. «Sobald sie sich eine plausible Antwort zurechtgelegt hat. Nicht wahr, Mr Poirot?»
    Poirot, der reglos dagesessen hatte, schien aus tiefen Träumen aufzuschrecken.
    « Pardon? »
    «Ich sagte, sie werde bald zurückkommen.»
    «Vermutlich – ja, möglicherweise – gewiss.»
    Sugden sah ihn erstaunt an.
    «Was ist los, Mr Poirot? Haben Sie ein Gespenst gesehen?»
    Langsam antwortete Poirot: «Wissen Sie, dass ich diese Frage nicht unbedingt verneinen kann?»
    Colonel Johnson wurde ungeduldig.
    «Nun, Sugden, sonst noch etwas?»
    «Ich habe versucht, die Reihenfolge, in welcher die Leute im Mordzimmer erschienen, zu rekonstruieren. Es ist ganz klar, wie sich alles abgespielt hat. Nachdem das Opfer den Todesschrei ausgestoßen hatte, schlüpfte der Mörder aus dem Zimmer, sperrte die Tür mit Hilfe einer Pinzette oder etwas Ähnlichem von außen zu und verwandelte sich Sekunden später in jemanden, der wie alle anderen dem Tatort entgegenrannte. Leider lässt sich nicht mehr mit Bestimmtheit feststellen, wer wen gesehen hat; in diesem Punkt haben die Beteiligten keine klare Erinnerung mehr. Tressilian sagt, dass er Harry und Alfred Lee die Halle, vom Speisezimmer herkommend, durchqueren und die Treppe hinaufrennen sah. Soweit ich begriffen habe, ist Miss Estravados erst spät am Tatort erschienen – als eine der letzten. Es scheint nach allen Aussagen, dass Farr, Mrs George und Mrs David die ersten waren. Alle drei behaupten, einen von ihnen vor sich gesehen zu haben. Das macht ja die Untersuchung so schwierig, dass man nie genau unterscheiden kann zwischen vorsätzlicher Lüge und ehrlicher Verschwommenheit der Erinnerung. Dass alle rannten, steht fest – aber in welcher Reihenfolge sie die Treppe hinaufrannten, ist nicht leicht herauszubekommen.»
    «Und scheint Ihnen das so wichtig zu sein?», fragte Poirot langsam.
    «Ja, wegen der Zeitfrage. Die Zeit war unglaublich knapp.»
    «Ich stimme Ihnen bei, dass in diesem Fall die Zeitfrage eminent wichtig ist.»
    «Und um alles noch zu erschweren, gibt es in diesem Haus zwei Treppen. Einmal die Haupttreppe, die von der Halle hinaufführt und von den Türen des Speisezimmers und des Wohnzimmers ungefähr gleich weit entfernt liegt. Dann ist noch eine Treppe am anderen Ende des Hauses. Stephen Farr hat sie benützt. Miss Estravados kam ebenfalls aus der Richtung

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