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Hering mit Heiligenschein

Hering mit Heiligenschein

Titel: Hering mit Heiligenschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Toman
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Zentimeter über dem Linoleum und hat eine grauenhafte Alkoholfahne.
    »Assa Glück?«
    »Es ist schwedisch, und man spricht es Osa mit O. Kennen wir uns?«
    Das Wesen schwankt in einer Weise, die an Captain Jack Sparrow erinnert, und schürzt die pinkfarben verschmierten Lippen.
    »Nein, wir kennen uns nicht. Aber wenn du die Geisteskranke bist, die am 23. Dezember um 21.16 Uhr den Weihnachtsbaum in Brand gesetzt hat, dann habe ich ein Hühnchen mit dir zu rupfen.«
    Auch das noch! Der Kostümierte hat mich anscheinend beim unachtsamen Umgang mit einer betriebseigenen Wunderkerze beobachtet und ist nun darauf aus, mir den entstandenen Schaden anzuhängen. Wer ist das überhaupt? Ich habe sein Gesicht noch nie gesehen. Vielleicht ein neuer Kollege vom Außendienst? Didier, der schwule Graphiker, der in Wahrheit Dieter heißt, ist normalerweise für solche Maskenballauftritte zuständig. Doch zwischen ihm und Tamara herrscht seit dem Coverentwurf für »Karibische Gaumenfreuden« dicke Luft, weshalb er der Weihnachtsfeier aus Protest ferngeblieben ist.
    »Sorry, ich würde mich wirklich gerne weiter mit dir unterhalten, aber ich wollte gerade gehen. Schickes Kostüm!«
    Ich habe vor, das Verlagsgebäude so schnell wie möglich zu verlassen, ehe noch mehr vorweihnachtliche Punschstimmung über mich hereinbrechen kann. Im vergangenen Jahr ist jemand um Mitternacht auf die glorreiche Idee gekommen, sich an einem Rezept aus Andrekas Bestseller »Feurige Cocktails« zu versuchen, und hat beinahe die Büroküche in die Luft gejagt. Hochprozentiges brennt eben nicht nur in der Kehle.
    »Nicht so eilig, Frau Ooooooosa!«
    Der Glitzerengel ist so rasch zwischen mich und den Ausgang gehuscht, dass ich fast den Eindruck bekomme, er ist geflogen. Aber das ist natürlich Unsinn. Alkoholisierte Dragqueens im Flügelchen-Outfit sind noch lange kein Grund, an Übersinnliches zu glauben.
    »Was ist mit deinem Wunsch?«
    »Meinem Wunsch?«
    »Kindchen, ich habe nicht ewig Zeit. Denkst du etwa, wir Feen hätten keine Weihnachtsfeier? Ich verpasse gerade das Crème brulée-Wettessen und den ersten Teil der Karaoke-Challenge »Christmas Hits«. »Mottoshow!«, erläutert er und sieht mich an, als habe ich ihn gefragt, ob Wasser nass sei.
    »Entschuldige bitte meine enorme Begriffsstutzigkeit. Ihr
Feen
? Ich hätte dich mehr für den Typ Erzengel gehalten.«
    Das Wesen hickst aufgeregt und zupft an seinem weißen Kleidchen herum.
    »Meine Idee war das nicht, das kannst du mir glauben! Es unterdrückt die Individualität der Fee als Einzelperson. Aber zur Weihnachtszeit müssen wir in diesen affigen Engelskostümen rumlaufen. Normalerweise tragen Wunschfeen flotte Schnitte und kräftige Farben. Pink zum Beispiel. Weiß steht mir auch überhaupt nicht, oder was meinst du?«
    Wunschfeen???
    »Ich bin keine Modeexpertin«, werfe ich vorsichtig ein.
    »Na,
das
sieht man. Sonst würdest du nicht in Jeans und Turnschuhen zur Weihnachtsfeier kommen. Schon mal was von Schick gehört? Du solltest dir eine neue Garderobe wünschen oder besser gleich einen neuen Kleidergeschmack. Und apropos«, er deutet vielsagend auf seine hübsche goldene Damenarmbanduhr, »ich probe meinen Tanzschritt zu ›Last Christmas‹ jetzt seit drei Monaten und ich habe keine Lust, wegen dir meinen Auftritt zu verpassen. Also los!«
    Während das Wesen den Refrain dieses unsäglichen Wham-Klassikers summt und sich ein Kaviarbrötchen vom fast leeren Buffet fischt, schüttle ich ratlos den Kopf.
    Mit vollem Mund hilft mir die Fee auf die Sprünge.
    »Ach, verdammt, ich vergesse immer, dass ihr Menschen ja oft nichts von unserer Existenz wisst. Also«, er schluckt seinen Mundvoll Brötchen hinunter, »du hast soeben Bekanntschaft mit dem Wunschwellenprinzip gemacht. Wenn ein Mensch von einem dringenden Verlangen erfüllt ist und sich in dem Moment ein Funke entzündet, hat er bei uns Feen einen Wunsch frei. Nur einen. Keinen Dauerauftrag, kein Storno, verstanden? Was du dir wünschst, wird eintreten, aber du kannst es nicht wieder rückgängig machen. So, tadaaa, jetzt dein Wunsch!«
    »Darf ich dann nach Hause gehen?«
    »Jep!«
    »Gut.« Ich beschließe, dass es besser ist, das Partyspiel mitzuspielen. Es ist wie beim Pfänderspiel oder Flaschendrehen, je schneller man es hinter sich bringt, desto eher ist man daheim im Bett.
    »Gut, Herr Fee, dann wünsche ich mir, dass Weihnachten dieses Jahr ausfällt, dass ich einfach aufwache, und es ist der fünfundzwanzigste,

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