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Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Titel: Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugo Ball
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»Klingsor«, Thu Fu der Fromme, der das Lied vom
    Baum des Lebens und von der ewigen Mutter sang, dieser begleitet
    ihn in das nächste Prosabuch, in die »Wanderung«. Dort nämlich
    steht das Lied vom Baum des Lebens und vom ewigen Urgrund
    ebenfalls. Die Umgebung aber hat sich verwandelt. Der Zaubergarten
    mit seinen närrischen Papageien und meckernden Echos ist

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    verschwunden, die Sommernachtsträume sind zerstoben. Es ist
    wieder nüchterner Tag. Es war vorherzusehen, daß die
    Hochspannung des Klingsor nicht lange anhalten könne, wenn der
    Dichter nicht wolle in solchem Mänadentanze zerrissen werden. Nach
    der Durchleuchtung des romantischen und spätromantischen
    Komplexes begibt Hesse sich an die Ordnung seiner früheren
    Gedichtbände.
    Da raschelt jetzt manches überlebt und leer; da fallen viele welke
    Blätter vom Baum. Von töricht sentimentalen Versen aus
    Volksliedern sprach der Beamte Klein, als er sich trällernd auf der
    Luganeser Kaimauer niederließ. Das Beste seiner Frühzeit will Hesse
    in ein schmales Bändchen »Ausgewählter Gedichte« hinüberretten.
    Er geht mit seinen verjährten Gefühlen nicht eben zärtlich um. Nur
    etwa sechzig Gedichte von dreihundert, die in vier früheren Bänden
    enthalten waren, haben einen besonderen Bezug und sollen dauern.
    Aus den »Gedichten« von 1902 wird der fünfte Teil übernommen;
    aus der »Musik des Einsamen« nur der sechste, aus »Unterwegs«
    nur der neunte Teil. Dabei ergibt sich etwas Merkwürdiges: daß die
    Gedichte von 1902, vor der Ehe, die kräftigste Publikation
    darstellten. Die »Musik des Einsamen« war schwächer, am
    schwächsten war der Band »Unterwegs«. Dann aber hatte die
    Produktion fast ganz aufgehört. Jetzt im Tessin müßte sich eine neue
    Form einstellen. In den »Gedichten des Malers« (Seldwyla-Verlag
    1920) meldet sie sich auch an. Kräftig und bewußt aber tritt sie erst
    in den geharnischten Steppenwolf-Gedichten vom Winter 1925
    zutage.
    Die »Wanderung«, das nächste größere Buch nach dem Klingsor,
    enthält eine Anzahl sehr schöner, tiefer Gedichte, aber der alte Reim
    und Rhythmus zeigt sich nicht, wie man nach dem Ungestüm des
    »Klingsor« annehmen sollte, durchbrochen. Hesse ist an seine
    Herkunft tiefer gebunden, als ihm greifbar geworden. Nachdem der
    erste tessiner Rausch, ein Kontrasteindruck nach der Berner Kälte,
    verflogen ist, erweist sich auch der Tessin viel stiller, viel weniger
    honoluluhaft, als es erst schien. Man darf sich die Ausschweifungen
    des Klingsordichters nicht allzu schlimm vorstellen. Sie sind ein
    wenig Theorie und Vorsatz gewesen; ein wenig Traum- und
    Wunschbild des geborenen Abstinenten. Man darf den Wüstling und

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    Unhold Hesse nicht überschätzen; er nötigt sich zu seinen Gelagen.
    Sein »verzweifelter Versuch einer Befreiung vom Gegenständlichen«
    gilt noch immer der nordischen Heimat mit ihren zehntausend
    Verboten. Die frohe und hingerissene Laune kennt er nur an Tagen,
    »an denen er freiwillig die Arbeit hatte ruhen lassen«. Jetzt nimmt er
    sie wieder auf.
    Was für eine Arbeit ist das? Es ist die Arbeit des Ordnens, des
    Zurückführens auf das Maß. Es ist jene Arbeit, die den Untergang in
    seiner ganzen Ausdehnung abtastet und Grenzen zu ziehen sucht
    gegen die hereinbrechende Gefahr. Es ist die ununterbrochene Arbeit
    des Wägens und Taxierens, die aus Hesses Erlebnissen seine sehr
    destillierten, an Umfang so unscheinbaren und leichten Büchlein
    entstehen läßt. Es ist die ununterbrochene Arbeit des Denkens und
    Bildens, die scharf kontrolliert auf echt und unecht hin; die tief zu
    schweigen und fallen zu lassen versteht, doch ebenso auch zu
    nennen und zu erheben weiß. Und es ist dann im Frühling die Arbeit
    aller fünf Sinne, die sich an die Natur ansaugen, und ist zugleich die
    Arbeit des Intellekts, der im kleinsten Bildformat die Beziehungen
    auszugleichen sucht mit den Energien. Es ist jene sehr langsam
    vorgehende Arbeit, die überall nach dem einfachsten, unverdorbenen
    Ausdruck sucht und ihm den vielfältigsten Inhalt mitzugeben
    bestrebt ist.
    Die Malerei ist für Hesse das wichtigste Mittel dieser Arbeit. Seine
    nach Hunderten zählenden tessiner Aquarelle sind wahre Tagebücher
    der Farbspiele, der Atmosphäre, der Augeneindrücke von Tag zu Tag,
    und oft von Stunde zu Stunde. Über Hesses Bilder mit ihren bunten
    Samt- und Edelsteinfarben zu schreiben, ist nicht mehr nötig; es ist
    längst geschehen. Worüber ich aber nicht

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