Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
mehr als genug.
    Als Adrian und Morley von ihrem Ausflug auf den Gletscher zurückkehrten, war Morley weiß wie Schnee und völlig ausgelaugt. Er fiel in voller Montur auf seinen Schlafsack und schlief ein, noch ehe das Essen fertig war. Am Tag darauf klagte er über Kopfschmerzen, Halsschmerzen und Muskelschmerzen und nannte sich einen Versager und kompletten Vollidioten. Sie ließen ihn weiterschlafen, und irgendwann um die Mittagszeit stand er wieder auf den Beinen.
    Beim nächsten Ausflug kam er ebenfalls erschöpft zurück, war aber nicht mehr ganz so erschlagen. »Ich teile mir meine Leiden ein«, erklärte er. »Das ist die einzige Methode, die funktioniert.«
    An einem der folgenden Tage ließ der Wind nach, das Meer beruhigte sich und die beiden Klimaforscher waren sich einig, dass das noch eine Weile so bleiben würde. Sie würden es mit dem Boot riskieren. Also packten die drei Männer es aus, bliesen es mithilfe einer elektrischen Pumpe auf und trugen es zum Ufer.
    Leon – der Einzige von ihnen, der Erfahrung mit solchen Booten hatte – montierte den Außenborder. Morley verstaute die Ausrüstung. Adrian bot Charlotte an, an seiner Stelle mitzufahren: Drei Personen waren die für diese Art von Einsatz vorgesehene Maximalbesatzung, und er würde noch oft hinausfahren.
    Charlotte gruselte bei der Vorstellung, nur durch eine dünne Plastikplane vom Wasser des Polarmeers getrennt zu sein. Im Falle eines Falles würde sie auch die umzuschnallende Schwimmweste nicht retten; wie denn? »Nein«, sagte sie entschieden. »Danke, aber: Nein, danke.«
    Also fuhren die drei Männer los, verschwanden Richtung Norden hinter den eisbedeckten Felsen und kamen erst zwei Stunden später zurück. Morley war seekrank, aber begeistert. »Eine ganz außergewöhnliche Formation«, schwärmte er, blassgrün im Gesicht. »Eine Art Eiskappe, durch kar-ähnliche Felsstrukturen am Platz gehalten. Das heißt, erst der allgemeine Temperaturanstieg hat überhaupt basales Gleiten in Gang gebracht. Wir müssen unbedingt eine Sondierung an der Abbruchkante machen!«
    »Mit anderen Worten«, übersetzte Adrian, »wenn die Temperaturen lang genug einen bestimmten Grenzwert überschreiten, kann es sein, dass das gesamte Eis auf einen Schlag abrutscht.« Er schnaubte begeistert. »Dann ist was los!«
    Leons Kommentar war pragmatischer. »Ich muss unbedingt Fotos von Land aus machen, wenn die beiden vor dem Gletscherherumkurven. Die kalten Farben, Weiß, Blau, Grau, und davor das knallrote Schlauchboot – das sieht großartig aus!«
    An den folgenden Tagen fuhr Angela mit, ließ sich an anderweitig unzugängliche Stellen heranfahren, um Pflanzenproben zu nehmen. »Der Frau graust vor nichts«, berichtete Leon, als sie zurückkamen, und es war nicht klar herauszuhören, ob er sie bewunderte oder sich an ihrer Stelle grauste.
    Abends galt es, alle Luft aus den Kammern des Bootes abzulassen – was der Sicherheitsventile wegen aufwendiger war als das Aufblasen –, es wieder zusammenzulegen und im Lagerraum zu verstauen: Selbst ein mäßiger Sturmwind hätte es sonst mit sich gerissen.
    Nach und nach spielte sich so etwas wie ein Tagesrhythmus ein. Obwohl es dauernd mehr oder weniger hell war – genau genommen eher weniger –, versuchten sie, sich an die normalen Uhrzeiten zu halten. Nach einer Woche fiel ihnen ein, dass sie sich ja, streng genommen, auf Saradkov in einer ganz anderen Zeitzone befanden als in Sankt Petersburg, wo sie ihre Uhren zum letzten Mal umgestellt hatten, auf die dort geltende Moskauer Ortszeit nämlich. Saradkov aber lag drei Zeitzonen weiter östlich. Doch da sie sich nun schon eingewöhnt hatten, beschlossen sie, dass es einstweilen keinen Unterschied machte.
    Irgendwie gewöhnte man sich im Lauf der Zeit auch an die ständige Kälte. Man trauerte der verlorenen Wärme nach, wenn man seinen Atem weiß davonwehen sah, futterte, so viel man kriegen konnte, und freute sich über jeden Moment, in dem man sich an irgendetwas wärmen konnte, und sei es nur an einer Tasse Kaffee aus der Thermosflasche. Charlotte zog zwei Trainingsanzüge übereinander an, dazu drei Paar Socken und eine Mütze, wenn sie schlafen ging, obwohl ihr alle sagten, es könne nicht sein, dass sie friere, weil ihr Schlafsack polartauglich sei und getestet bis minus zwanzig Grad. Sie ließ sie reden. Hauptsache, sie schlief endlich gut.
    Zu ihrer eigenen Überraschung gefiel es ihr auf Saradkov mitjedem Tag besser – und zwar gerade weil die Insel

Weitere Kostenlose Bücher