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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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richtete sich auf, sah ihn heftig winken.
    »Komm! Wir sind da!«
    Sie war zurückgefallen. Die anderen standen um Morley herum, der sein GPS-Gerät in der Hand hielt und auf den Boden deutete. Der Nullpunkt. Sie hatten ihn offenbar erreicht.
    »Komm!«, rief Leon noch einmal. »Ich will alle auf dem Bild haben!«
    Sie beeilte sich. Rannte beinahe. Kam außer Atem, musste husten, als sie sich zu den anderen gesellte, die sich schon in Pose geworfen hatten. Man hätte meinen können, sie hätten den Nordpol entdeckt. Charlotte stellte sich dazu, streifte die Kapuze zurück, egal, wie kalt es war, und schüttelte ihre Haare frei, weil sie wusste, dass das gut aussehen würde.
    Und sie vergaß, das Ding aus Metall zu erwähnen, auf das sie gestoßen war.
    »Hier ungefähr muss es sein«, erklärte Morley immer wieder, ging mit seinem GPS-Gerät in der Hand einen Schritt zur Seite, und noch einen, versuchte den Bereich auszuloten, in dem es null anzeigte.
    Adrian war schon dabei, die Sondierungsbohrungen zu organisieren. Alle mussten ihre Rucksäcke ab- und die Schwimmwesten anlegen, dann sammelte er die Einzelteile des Gletscherbohrers ein und setzte ihn zusammen.
    »Großartig«, rief Leon und knipste wie wild. »Forscher bei der Arbeit. Super!« Seine Kamera schnarrte im Dauereinsatz.Die Sonne schien, das uferlose Eis glitzerte, der Himmel strahlte tiefblau.
    »Das ist doch Quatsch«, murrte Charlotte, während sie sich das brettharte, unbequeme Ding umschnallte. »Der Boden ist hart wie Beton.«
    »Aber wir wissen nicht, was passiert, wenn wir ihn anbohren«, erwiderte Adrian.
    »Was soll passieren? Nach über vierzig Jahren?«
    »Wir wissen es nicht«, beharrte er.
    »Und dann? Wenn einer von uns in Eiswasser einbricht – was dann? Dann ertrinkt er vielleicht nicht, aber er erfriert.«
    Adrian wollte offensichtlich nicht genauer über den Ernstfall nachdenken. »Sicher ist sicher«, meinte er nur und widmete sich weiter seinen Bohrstangen.
    Die Kreise, auf denen Leon sie umrundete, mit dem schleichenden Schritt eines Panthers und unablässig fotografierend, wurden immer größer. Nur dass dieser Panther einen knallroten Anorak trug. »Die Frauen!«, rief er. »Könnt ihr vielleicht …« Den Rest vernuschelte er hinter seiner Kamera.
    »Was?«, schrie Angela zurück. »Red deutlicher!«
    »Ob ihr irgendwas tun könnt, damit es so aussieht, als ob ihr mitarbeitet!« Leon fuchtelte mit den Armen. »Von hier aus hat man den Eindruck, Adrian macht die ganze Arbeit und ihr steht nur herum und schaut zu.«
    Charlotte und Angela wechselten einen Blick. Die Biologin kicherte. »Ist doch auch so, oder?«
    »Moment! Wird gleich besser«, rief Adrian zurück. Er wandte sich an Charlotte. »Wenn Morley und ich die erste Bohrung vornehmen, kannst du schon den Probenkasten bereithalten.« Er sah Angela an. »Und du könntest – hmm – vielleicht eine von den Markierstangen aufstellen. So, als ob du uns dirigierst.« Er deutete auf eine Stelle, die etwa fünf Meter entfernt lag. »Dort drüben, zum Beispiel.«
    Leon stand abwartend da. Man hatte das Gefühl, seine Ungeduld bis hierher zu spüren.
    »Kann so eine Bohrung nicht den Jet beschädigen?«, fragte Charlotte. »Falls er tatsächlich da unten liegen sollte.«
    Adrian schüttelte den Kopf. »Das ist ein Eisbohrer. Gegen Metall hat der keine Chance.«
    »Leute! Die Sonne verschwindet jeden Moment hinter Wolken!«, rief Leon wieder. »Ich verlang doch nicht viel, oder? Macht einfach irgendwas. Hauptsache, ihr steht nicht bloß so herum.«
    »Ja, ja!« Adrian sah sich nach Morley um, der nach wie vor mit dem GPS-Gerät in der Hand umherging. »Morley, wie sieht’s aus?«
    »Ich schlage vor, die erste Bohrung hier« – er hustete, deutete auf die Stelle zu seinen Füßen – »und schachbrettartig weiter, jeweils im Abstand von zehn Metern. Das sollte genügen.«
    »Okay, dann nimm mal das.« Adrian hielt ihm die Stangen hin, die er noch nicht montiert hatte.
    »He, schaut mal, was ich hier gefunden habe!«, rief Leon in diesem Moment. »Was sind denn das für Dinger?«
    Charlotte wandte den Kopf, sah, wie der Fotograf sich hinabbeugte, sah, wie er die Hand ausstreckte und erkannte, dass er an genau der Stelle stand, an der sie vorhin den chromblitzenden Metallhaken entdeckt hatte. Im selben Augenblick wurde ihr klar, was für ein unsinniger Gedanke es gewesen war, das für ein Teil der verschwundenen Tupolew zu halten: Kein Wrackteil hätte vierzig Jahre auf dem Gletscher

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