Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge
noch drauf gewesen. Und zum Glück hatte es auch funktioniert, eine extrem verformte Garage zu bauen – kein Dach, ein nur zehn Zentimeter breites Garagentor, das zur Flurwand hin zeigte und dadurch unsichtbar blieb, eine Lamellenwand vom Boden bis zur Decke.
Das war knapp gewesen. Richtig, richtig knapp.
Immerhin, was das Verfolgtwerden anbelangte, hatte er sich auf Hawaii unnötig Sorgen um seinen Amateurstatus gemacht: Er hatte die Männer, die ihm auflauerten, erkannt.
Die Frage war, ob sie sich das nächste Mal noch genauso auffällig verhalten würden. Wohl nicht.
Keine Frage dagegen war, ob es ein nächstes Mal geben würde. Das würde es ohne Zweifel.
Irgendwann wurde es still. Hiroshi wartete trotzdem weitere zwei Stunden, was in der drangvollen Enge seines Verstecks eine Qual war. Als die Luft unerträglich wurde, löste er das Programm aus, das die Naniten veranlasste, alle Atome, die sie herbeigeschafft hatten, an ihren Ursprungsort zurückzuschaffen. Esdauerte ein paar Minuten, dann war die Wand wieder spurlos verschwunden.
Der Gang war verlassen, niemand lauerte ihm auf. Als er unter der Absperrung am Fuß der Treppe hindurchschlüpfte, tauchte ein Wachmann neben ihm auf und herrschte ihn an, was er da wolle und ob er nicht sehe, dass hier kein Zugang sei?
»Ich dachte, da sind vielleicht Toiletten«, erwiderte Hiroshi.
»Die sind da vorne links«, erklärte der Mann missgestimmt und wedelte mit der Hand in eine schwer auszumachende Richtung. »Folgen Sie einfach den Symbolen.«
Hiroshi bedankte sich und sah zu, dass er in der Menge verschwand.
Er würde eine Entscheidung treffen müssen.
6
Vom Auto aus betrachtete Hiroshi die still daliegende Vorortstraße und das Haus von Rodney und Allison Alvarez, in dem er so oft zu Gast gewesen war und das er heute zum letzten Mal betreten würde.
Sie waren beide daheim. Er hatte sie ankommen sehen, hatte beobachtet, dass sie die Garage schon ganz selbstverständlich benutzten, so, als habe sie seit jeher da gestanden. Das gefiel ihm.
Er warf einen Blick auf die Zeitung, die neben ihm auf dem Beifahrersitz lag. Sind die Haie ausgestorben?, lautete eine der Überschriften auf der Titelseite.
Das gefiel ihm nicht.
Noch hatte niemand die Verbindung gezogen, aber das war nur eine Frage der Zeit. In einem Artikel über die Minamata-Krankheit hatte Hiroshi gelesen, dass Haie besonders viel Methylquecksilber einlagerten; das Fleisch mancher Haie wies einen so hohen Methylquecksilber-Gehalt auf, dass man diemaximal tolerierbare Tagesdosis schon überschritt, wenn man nur fünf Gramm davon verzehrte. Kein Wunder, dass diese Tiere die hauptsächlichen Opfer seiner Sammler geworden waren.
Er seufzte, stieg aus. Jeder Schritt fiel ihm schwer.
Sein Besuch überraschte sie. Sie freuten sich und meinten es so. Allison war ganz aus dem Häuschen. »Und ich hab bloß Spaghetti auf dem Herd! Wenn ich gewusst hätte, dass du kommst –«
»Spaghetti sind großartig«, versuchte Hiroshi sie zu beruhigen.
»Und das mit der Garage … und mit der extraterrestrischen Sonde … Rod hat mir alles erzählt, aber ehrlich, ich hätt kein Wort geglaubt, wenn nicht plötzlich diese Garage da gewesen wäre … eine Garage! Ausgerechnet! Ich hab eine Million Fragen an dich, damit du’s gleich weißt.«
Hiroshi musste lächeln. »Aber vielleicht muss ich die nicht alle hier im Flur beantworten?«
»Nein, klar. Hach, was bin ich für eine lausige Gastgeberin! Komm rein, immer nur rein; warte, ich hol noch Teller und Besteck … Rod, kümmerst du dich um den Wein?«
Dann saßen sie am Tisch, und erstaunlicherweise reichten die Spaghetti auch für drei. »Ich koch immer die doppelte Menge und mach aus dem Rest Nudelsalat für’s Büro«, erklärte Allison. »Und Tomatensoße, na, die lässt sich leicht strecken mit ein bisschen Konzentrat …«
»Schmeckt großartig«, versicherte Hiroshi.
»Genieß es«, sagte sie und richtete ihre Gabel auf ihn. »Denn nachher musst du uns alles über die Alien-Sonde erzählen. Haarklein. Ehrlich gesagt habe ich auch vor, dich zu überreden, dass wir das publik machen dürfen. Ich meine – wenn wir das hieb- und stichfest beweisen könnten, dass Außerirdische schon vor Jahrtausenden eine Forschungssonde auf die Erde geschickt haben, dann wäre das die Sensation des Jahrhunderts. Und wer, wenn nicht wir, das SETI-Institut, sollte das bekannt geben? Die Suche nach außerirdischem Leben, nach fremder Intelligenz,das ist schließlich unser
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