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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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erfuhr er, dass sein Vater die auf diese Weise gewonnene Adresse zuerst nur dazu benutzt hatte, seiner Mutter einen langen Brief zu schreiben. Weil er darin berichtet hatte, dass sein Vater, jener Mann also, der Hiroshi nach dem Leben getrachtet hatte, tot war, hatte Mutter ihm geantwortet, hatte Fotos von Hiroshi beigelegt und von ihm, seinen Interessen und seinen schulischen Erfolgen der letzten Jahre geschrieben.
    »Wieso hast du mir nichts davon gesagt?«, wollte Hiroshi wissen.
    Mutter seufzte. »Ich wollte nicht, dass du dir Hoffnungen machst. Erst mal sehen, ob er antwortet, habe ich gedacht. Ob er überhaupt Interesse an dir hat. Ich wollte dir die Enttäuschung ersparen.« Sie hob in einer hilflosen Geste die Hände und ließ sie wieder sinken. »Dass er gleich hier auftauchen würde – wer hätte das denn ahnen sollen?«
    Eine Pause trat ein, ein bebendes, atemloses Schweigen.
    Dann sagte Hiroshis Vater: »Überleg es dir.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Es wird Zeit für mich.« Er erhob sich mühsam, holte einen Zettel aus der Tasche und reichte ihn Hiroshis Mutter. »Das ist die Telefonnummer meines Hotels. Oder ich kann morgen noch mal vorbeikommen.«
    Mutter nahm den Zettel, sagte aber nichts. Vater stand einen Moment unschlüssig da, so groß, dass die Wohnung kleiner aussah als sonst, dann ging er, mit schweren, schlurfenden Schritten, die sie auch noch im Treppenhaus hörten, nachdem er die Wohnungstür längst hinter sich zugezogen hatte.
    Es war hilfreich, dass die Schuljahre in Japan im April wechselten, in den USA dagegen erst nach den Sommerferien: Auf diese Weise würde Hiroshi fast fünf Monate Zeit haben, sich einzuleben.
    Mutter weinte nicht, als sie sich am Flughafen voneinander verabschiedeten. »Nun beginnt eine neue Zeit«, sagte sie nur. Sie hatte schließlich das Geld angenommen, das Hiroshis Vaterihr angeboten hatte, und die Arbeit in der Botschaft gekündigt. Sie würde erst einmal eine lange Reise machen, die Kirschblütenzeit in Hokkaido erleben, mit dem Schiff nach Okinawa fahren. Und danach wollte sie vielleicht bei Inamoto im Büro arbeiten, wo sie wieder Verwendung für ihre Englischkenntnisse haben würde. Mal sehen.
    »Inamoto nutzt dich aus«, meinte Hiroshi.
    »Ich kann ja nicht bloß zu Hause herumsitzen«, entgegnete seine Mutter. »Erst recht nicht jetzt, wo ich alleine bin.«
    Hiroshis Flug ging kurz nach drei Uhr nachmittags und würde die bei Weitem längste Reise sein, die er in seinem bisherigen Leben gemacht hatte. Zum ersten Mal erlebte er das, was man Jetlag nannte, am eigenen Leibe: Zuerst wurde er aus tiefem Schlaf geweckt und hatte das Gefühl, es müsse mitten in der Nacht sein, doch es war heller Mittag, und sie landeten in Atlanta, wo er qualvolle, schläfrige vier Stunden warten musste, ehe es mit einer winzigen Maschine nach Alexandria, Louisiana, weiterging, ein Hüpfer von nicht einmal zwei Stunden. Bei der Landung war ihm, als sei Vormittag, stattdessen brach die Nacht herein.
    Sein Vater erwartete ihn hinter der Zollkontrolle. Es war unübersehbar, dass er sich freute. Er redete in einem fort auf Hiroshi ein, wollte wissen, wie der Flug gewesen und ob alles gut gegangen sei (offensichtlich, denn er war ja hier), wie seine Mutter ohne ihn zurechtkommen würde (er nannte sie Miyu, was in Hiroshis Ohren ungewohnt klang) und so weiter. Als sie das Flughafengebäude verließen, meinte er mit einem Nicken zu den großen Leuchtbuchstaben auf dem Dach des Terminals hin: »Angeberei. Dass sie ihn Alexandria International Airport nennen, meine ich. In Wirklichkeit startet hier kein einziger internationaler Flug; es gibt nicht einmal einen Flug auch nur in die Nähe irgendeiner Grenze.«
    Sie stiegen in eine gigantische Limousine, einen Chevrolet von den Ausmaßen eines kleinen Schiffes. Hiroshis Vater fuhr ausgesprochen langsam und vorsichtig. Das fand Hiroshi zuerstberuhigend, bis er bemerkte, wie Vater zusammenzuckte, als ein Auto scharf vor ihnen einscherte. Er begriff, dass Vater, bestimmt aufgrund seiner Hirnoperation, kein besonders guter Autofahrer mehr war. Ab da fand er seine Fahrweise nicht mehr beruhigend.
    Sie gingen in ein vornehm aussehendes Restaurant, wo es zu Hiroshis Verblüffung trotzdem nur Hamburger gab. Das waren gigantische Gebilde, die man in aufgeklapptem Zustand auf großen Tellern serviert bekam. Man würzte sie selber mit Ketchup, Mayonnaise und diversen anderen Soßen, die er nicht kannte, ehe man das Ding zusammenlegte und zu

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