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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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die Hände schüttelten. »Ich bin JB.«
    »Hiroshi. Wie in Nagasaki.« Ein blöder Spruch, der meistensnötig war. Er hatte ihn automatisch angebracht, und nun ärgerte er sich, dass er das gesagt hatte, weil es so aussah, als wolle er auf Kumpanei machen.
    Aber das wollte er nicht. James war sein Rivale.
    Sein Feind.
    Eine Sekunde, nachdem er Hiroshis Hand losgelassen hatte, beachtete James ihn schon nicht mehr. »Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr«, sagte er zu Charlotte, in vorwurfsvollem Ton.
    »Ich hab doch gesagt, es kann später werden«, verteidigte sie sich.
    Er öffnete die Fahrertür. »Das ist nicht lustig, stundenlang allein im Wald herumzustehen«, meinte er und schwang sich hinter das Steuer. »Also, wohin?«
    »Zurück in die Stadt. Wir bringen Hiroshi nach Hause, und dann …« Sie wandte sich ihm zu, seltsam geschäftig auf einmal. »Ich hab vergessen, wie dein Wohnheim heißt.«
    »MacGregor House«, sagte Hiroshi mit dem zunehmenden Gefühl, neben sich zu stehen und einer Theateraufführung zuzusehen.
    »Das ist eins von den Neuen am Fluss, nicht wahr?«, meinte James.
    »Ja.«
    »Okay«, sagte er nur und nickte knapp.
    Sie stiegen ein, Charlotte auf den Beifahrersitz, Hiroshi auf die Rückbank. Für ein Fahrzeug, das aussah, als solle es in den Krieg ziehen, war es geradezu lächerlich luxuriös ausgestattet: die Sitze mit hellem Wildleder bezogen, alle möglichen Zierleisten und Armaturen vergoldet … Man konnte fast ein schlechtes Gewissen bekommen, sich so verschwitzt und staubbedeckt hineinzusetzen.
    »Wie war dein Sondertraining?«, fragte Charlotte.
    James, noch dabei, sein Navigationsgerät einzustellen, verzog das Gesicht. »Na ja. Ehrlich gesagt, frustrierend.«
    Dann ließ er den Wagen an und fuhr los. Der Motor warangemessen laut für ein Kriegsgerät; Hiroshi verstand kein Wort mehr von dem, was die beiden redeten. Viel redeten sie ohnehin nicht; James schien einer zu sein, der gern seine schlechte Laune pflegte, wenn er mal eine hatte.
    Es war Hiroshi auch egal. Es tat gut zu sitzen und maschinell fortbewegt zu werden, anstatt sich aus eigener Kraft bewegen zu müssen. Seine Füße pochten, seine Haut sehnte sich nach Wasser, so heiß wie möglich. Was in einem amerikanischen Studentenwohnheim leider nicht sonderlich heiß sein würde.
    Er fühlte sich im Augenblick regelrecht zerbrechlich. Vielleicht spürte er gerade deshalb die Kraft umso stärker, die ihn mit der Frau auf dem Sitz vor ihm verband.
    Den längeren Atem haben. Das war es, worauf es ab jetzt ankommen würde.
5
    Am Samstagmorgen fand sich Charlotte in ihren ältesten Klamotten bei Brendas Eltern ein, wo es mit dem Umzug losgehen sollte. Sie würden zuerst die Möbel, die Brenda mitnehmen wollte, in ihre neue Wohnung schaffen, um gleich etwas zu haben, in das sie all den Kleinkram aus dem Studentenwohnheim deponieren konnten. Brenda hatte ein Zimmer im B-Turm der Warren Towers, der gigantischen Dormitories in der Commonwealth Avenue – und, wie sie sagte, endgültig die Nase voll von dem allgegenwärtigen Chaos dort.
    Der Himmel war zum ersten Mal in dieser Woche bedeckt, aber es versprach trotzdem ein warmer Tag zu werden. Sie würden ins Schwitzen kommen. Und das, sagte sich Charlotte, würde ihr guttun.
    Sie hatte den ganzen Freitag an einer Hausarbeit gesessen, die kommende Woche abzugeben war, und war keine zehn Zeilen weitergekommen. Sie hatte sich nicht konzentrieren können, war einfach nur konfus gewesen. Sie hatte sich gefragt, obsie ihre Tage bekam, aber die waren erstens noch nicht fällig, und zweitens kündigten sie sich auch nie mit solchen Symptomen an. Ein leichtes Unwohlsein und das Bedürfnis, sich mit einer Wärmflasche auf dem Bauch vor den Fernseher zu setzen und einen traurigen Liebesfilm anzuschauen, das war für gewöhnlich alles.
    Also hatte ihr konfuser Zustand mit James zu tun.
    Im Grunde klar. Am Donnerstag hatte er zum ersten Mal, seit sie zusammen waren, keine Erektion gehabt, was ihn völlig verstört hatte, zumal es ihm im denkbar ungeschicktesten Moment passiert war. Sie hatten sich nach ihrer Dusche ins Bett gelegt und gekuschelt, und Charlotte hatte auf einmal eine so unbändige Lust verspürt, ihn in sich zu haben, dass sie selber ganz überrascht von sich gewesen war. Und dann das. Sie hatte ihn trösten müssen, dass das nichts mache und dass es darauf nicht ankomme, die üblichen Sprüche eben. Und bestimmt hatte er gespürt, dass sie sich dazu zwingen musste, denn in

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