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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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Olivenöl schreiben, fruchtige Essigsorten, ausgefallene Obstvarianten und exotische Gewürze. Dazu ein paar Flaschen Wein, bevorzugt aus der Muskattraube gekeltert. Da ich es gerne süß mag, würden auch gleich leckere Schokolade und Pralinen in meinem Einkaufswagen landen, am besten mit Nuss, Nugat oder Marzipan.
    Wenn es um Klamotten geht, habe ich normalerweise meine Freundin Carmen im Schlepptau, die mich gut und ausdauernd berät. Aber die musste ja unbedingt dieses kleine Gartenlokal von ihrem Onkel in Hanau übernehmen. Seit etwa einem halben Jahr wohnt sie nun knapp 300 Kilometer von mir entfernt, eindeutig zu weit weg für eine gemeinsame Shoppingtour.
    Da ich keine Lust habe, alleine durch die Läden zu ziehen, um mir dann von einer unsympathischen Verkäuferin anhören zu müssen »Tut mir leid, wir führen nur bis Größe 40«, fahre ich direkt in die kleine Boutique, in der auch mein Vater seine Anzüge erwirbt. Da kennen sie mich und meine Kleidergröße. Außerdem werde ich dort mit Espresso und Keksen versorgt, und wenn mal was nicht passt, dann ist der Schnitt schuld und nicht mein Gewicht.
    »Guten Morgen Frau Doktor Liebermann, das ist aber eine Überraschung«, begrüßt mich die hyperfreundliche Verkäuferin überschwänglich, als ich den Laden betrete.
    »Was kann ich denn heute Schönes für Sie tun?« geht die Flöterei prompt weiter.
    Ich weiß nicht, wie oft ich hier schon erwähnt habe, dass ich nichts mit dem Doktortitel meines Vaters zu tun habe. Aber es hat manchmal zweifelsohne auch Vorteile, die Tochter eines bekannten Chefarztes zu sein.
    »Ich brauche ein Kleid für einen festlichen Anlass«, erkläre ich.
    »Ach, wie schön! Ich habe gerade noch eine Kundin und bin gleich für Sie da. Wenn Sie so lange warten wollen? Einen Espresso?«
    Ja, natürlich werde ich so lange warten, und mir die Zeit mit einem Espresso versüßen. Ich muss da jetzt durch, und zwar ganz alleine. Immer noch besser, als Christian dabeizuhaben. Der ist als Einkaufsberater die absolute Niete. Außerdem hat er für so etwas sowieso keine Zeit.
    Gemütlich sitze ich in dem schweren Ledersessel, schlürfe den Espresso und knabbere das gereichte Gebäck. Auf dem Marmortisch gleich neben mir stapeln sich einige exklusive Zeitschriften, die ich normalerweise niemals lesen, geschweige denn kaufen würde.
    Ich greife mir die erstbeste und schlage sie auf, irgendwo in der Mitte. Das ist eine meiner Marotten, die Christian jedes Mal mit einem Kopfschütteln quittiert. Die meisten Menschen schlagen eine Zeitschrift vorne auf und beginnen ab der ersten Seite durchzublättern. Und wenn nicht, dann wenigstens von hinten. Ich aber lasse mich gerne überraschen und den Zufall entscheiden. Mit Büchern mache ich das übrigens genauso. Wenn ich mir eines in der Buchhandlung aussuche, lese ich nicht etwa ins erste Kapitel rein. Nein, ich wende auch hier das Glücksprinzip an und klappe es einfach irgendwo auf. Und so lande ich heute in dem Magazin bei einem Psychotest, bei dem man nur ein paar Fragen beantworten muss, um zu erfahren, ob man in Liebesangelegenheiten eher eine Diplomatin, eine Architektin, eine Abenteurerin oder eine Regisseurin ist.
    Ich bin Diplomatin, wie ich nur wenige Augenblicke später weiß. Das ist eigentlich schade, denn Regisseurin würde mir viel eher zusagen, weil ich dann mein Liebesleben selbst inszenieren könnte. Abenteurerin zu sein wäre natürlich auch spannend. Aber als Diplomatin genieße ich Immunität. Das heißt, ich könnte mich ruhig mal ordentlich daneben benehmen, ohne dass es Folgen hätte.
    Just in dem Moment, in dem ich mir überlege, was ich demnächst mal anstellen werde, steht die Verkäuferin wieder vor mir.
    »Frau Dr. Liebermann, wollen wir?«
    Eigentlich will ich nicht, aber ich muss wohl, also nicke ich und folge ihr in den Bereich der Abendgarderobe.
    Und schon hält sie mir ein Kleid nach dem anderen vor die Nase.
    »Ihre Größe? Haut das noch hin?«
    Wie meint sie das nur? Höre ich da etwa einen bissigen Unterton heraus? Und warum taxiert sie mich so skeptisch von oben bis unten?
    »40 oder 42, je nachdem, wie es geschnitten ist«, antworte ich bestimmt und verdränge den Gedanken an die fast 80 Kilo, die mir vor ungefähr zwei Stunden auf der Waage begegnet sind. Die fünf, sechs Kilo seit dem letzten Einkauf werden ja nicht gleich eine ganze Größe ausmachen.
    Tun sie aber doch! Ich stehe in der Umkleidekabine vor dem Spiegel und sehe eine dralle, dicke Bockwurst,

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