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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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die Spülmaschine, pfefferte die Klappe zu, bewaffnete mich mit einer Flasche Wein und stapfte die Treppe hinauf. »Ich gehe jetzt rauf!«, brüllte ich.
    »Dann denk da oben mal nach!«, rief Holger hinter mir her. »Ich erwarte demnächst eine Entscheidung von dir! Du hast nicht ewig Zeit!« Es klang drohend.
    Was sollte ich jetzt fürchten? Eine gewaltsame Befruchtung oder die Scheidung? Tja, vor die Wahl gestellt ...
    Mein Computer war noch eingeschaltet.
    Lieber Steffen,
einsamer Kaffee in Allertal ist wirklich blöd. Vor allem verglichen mit deinem Tütencappuccino. Ich werde morgen Nachmittag einmal ausprobieren, wie es sich mit dem Milchkaffee im Cafe Lindtner an der Eppendorfer Landstraße verhält. So gegen drei. Aber wahrscheinlich schmeckt auch der nur in Gesellschaft richtig gut – was meinst du?
Lena
    Senden. Ausdrucken. Löschen. Ab damit in den »Mephisto«. So!
    Ich schenkte mir ein Glas Wein ein und zündete mir eine Zigarette an. Geschah Holger recht! »Rauchen kann die Spermatozoen schädigen und schränkt die Fruchtbarkeit ein«, stand auf der Packung. Ich hoffte, dass das mit der eingeschränkten Fruchtbarkeit nicht nur für Männer galt!
    Ich ging allein ins Bett. Als ich schon fast eingeschlafen war, schlüpfte Holger zu mir unter die Decke. »Lena, Kleines, lass uns nicht so streiten«, sagte er weich. »Ich liebe dich doch. Und natürlich gebe ich dir alle Zeit der Welt.«
    Ich lag ganz steif da. Aha, er gab mir Zeit. Bis wann? Ostern? Seine Hände kneteten sanft meinen Nacken, meine Schultern, die vom Zeichnen chronisch schmerzten. Langsam entspannte ich mich, ich spürte, wie Erregung in meinem Bauch kribbelte. Ich drehte mich um. »Ich liebe dich auch.«
    * * *

Klaus kam mir auf dem Flur entgegen. Ich erschrak. Wie ein Werbeträger für Ginseng hatte er nie ausgesehen, aber heute wirkte er richtig alt. Dabei war er ... Mitte sechzig? – Etwa so alt wie Papa Spenger. Doch heute hätte ich ihm glatt zehn Jahre mehr gegeben. Sein Haar hing noch schlapper als gewöhnlich auf den Kragen, die blauen Augen blickten matt unter den hängenden Lidern. Sein Jackett schien zwei Nummern zu groß.
    Ich eilte auf ihn zu, stürzte mich in seine Arme. »Klaus!«
    »Hallo, Kleines!« Er drückte mich an sich mit einer Kraft, die ich nicht erwartet hatte. Greisenkraft, schoss es mir durch den Kopf. »Komm erst mal rein. Schön, dass du es so kurzfristig einrichten konntest.« Er legte den Arm um mich, als wir ins Büro gingen.
    An dem großen, runden Tisch saß Gertrud Teichmann, mollig, rosig und unscheinbar – sie hatte sich nicht verändert. Ihre kleinen, braunen Augen blickten gütig, sie lächelte freundlich.
    Neben ihr saß ein junger Mann, den ich noch nie gesehen hatte. Ich schätzte ihn auf Anfang, Mitte dreißig. Über seinem runden Gesicht mit hellen, blauen Augen strubbelte weißblondes Haar, widerborstig, ungekämmt und irgendwie ganz liebenswert. Auch seine Wimpern und Augenbrauen waren fast weiß. Er erinnerte mich an diese Buben aus den Astrid-Lindgren-Geschichten, er sah aus, als könnte es ihm auch passieren, dass er mit dem Kopf in einer Suppenschüssel stecken blieb.
    So harmlos er aussah, mich durchzuckte bei seinem Anblick ein schrecklicher Gedanke. Konnte es sein, dass Klaus mir beibringen wollte, dass Michel aus Lönneberga in Zukunft Gertruds Bücher illustrieren würde? War ich in Ungnade gefallen? – Ich hatte ja geahnt, dass dies heute keine angenehme Veranstaltung werden würde, aber etwas so Schreckliches hatte ich mir natürlich nicht ausgemalt.
    Klaus räusperte sich. »Lena, darf ich dir Max Mertens vorstellen?«
    Wenn es sein muss, hätte ich fast gesagt, aber ich streckte Herrn Mertens tapfer die Hand entgegen. »Herr Mertens, wie nett, Sie kennen zu lernen.« O ja, ich hatte auch Manieren, sogar dann, wenn mein Papi nicht daneben stand!
    »Ich freue mich sehr«, erwiderte Mertens. Klangvolle Stimme. Wäre er doch Radiosprecher geworden, dann käme er mir jetzt nicht ins Gehege. Fürs Fernsehen hätte es natürlich nicht gereicht, bei dem Gesicht! Höchstens als Konkurrenz für die Mainzelmännchen.
    »Setzen wir uns doch«, sagte Klaus. »Kaffee, Lena?«
    Hast du auch Schnaps, hätte ich gern gefragt, schob ihm aber artig die Tasse hin, die an meinem Platz stand. Ich saß zwischen Gertrud und Klaus, das Mainzelmännchen aus Lönneberga mir gegenüber. Gut, wenn man dem Feind ins Auge schauen konnte.
    Klaus schenkte Kaffee ein, schob das Tellerchen mit Keksen in meine

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