Herr Bofrost, der Apotheker und ich
Lauras Bademantel enger um mich. »Ich weiß nicht«, sagte ich kleinlaut.
Laura schwieg.
Ich zog die Zigarette wieder hervor und zündete sie an. Und schwieg auch.
»Und was willst du jetzt machen?«, fragte Laura irgendwann.
Ich spielte mit der Kordel des Bademantels. »Vielleicht sollten Holger und ich mal zusammen wegfahren. Ich meine, so richtig, nicht bloß für ein paar Tage in den Schwarzwald. Nach Ägypten oder so. Ein bisschen Sightseeing, ein bisschen Baden, das täte uns sicher gut.«
Laura gähnte.
Ich trank mein Glas aus und stand auf. »Komm, lass uns schlafen gehen. Du musst morgen früh raus.«
* * *
Am nächsten Morgen verschlief ich nicht. Im Gegenteil. Als Lauras Wecker klingelte, war ich längst wach. Ich hatte mir bereits eine große Portion Selbstbeschimpfung verabreicht. Es war der reine Schwachsinn gewesen, mich für heute noch einmal mit Steffen zu verabreden. Was sollte das werden? Ein leises, quälendes Servus? – Außerdem war der Tag gestern eigentlich schon zu viel gewesen. Ich war zu einem echten Miststück geworden. Ich log, ich betrog, ich trieb mich herum. Während mein Mann, mein geliebter Gefährte, allein und verlassen, im Kampf gegen kriminelle Banden daheim die Stellung hielt. Ehrlich, treu, standhaft.
Laura haute auf den Wecker. »Ich hasse es!«, murmelte sie, rappelte sich schwerfällig auf und tappte mit müden Schritten ins Bad.
Auch ich stand auf, kochte Kaffee. Stark, süß, mit viel Milch, wie Laura ihn liebte. Als sie in die Küche kam, reichte ich ihr einen Becher.
Sie nahm ihn wortlos entgegen. Ihre Lebensgeister reichten gerade für ein dankbares Lächeln. »Heute Abend kann ich wohl nicht mehr mit dir rechnen, oder?«, fragte sie kläglich.
»Nein, auf keinen Falb, sagte ich fest.
Sie sah mich forschend an. »Wenn irgendetwas schief geht, kannst du immer hier unterschlüpfen, Lenchen, das weißt du.«
Ich drückte sie ganz fest. Irgendeine hinterhältige Stimme raunte mir zu, ihr Angebot jetzt sofort anzunehmen. »Du bist ein Schatz, Laura. Ich danke dir – für alles.«
Sie machte sich behutsam los. Bevor sie ging, warf sie mir noch einen fragenden Blick zu.
Ich setzte mich an den Küchentisch, ließ den Kopf auf die Arme sinken und heulte. Heulte und heulte. Mein Gott, wie hatte ich mich verrannt. Holger wollte ich nicht sehen, Steffen wollte ich auch nicht treffen ... Am liebsten wollte ich mich mit Ching Li in ein Bett kuscheln und nie wieder aufstehen. Alles, wirklich alles, fühlte sich so schwer an.
Nach einer halben Stunde, einer sehr schweren, raffte ich mich auf. So ging das nicht! Ich durfte mich nicht so hängen lassen. Ich musste mein Leben wieder in ordentliche Bahnen lenken, mich aus diesen Gefühlsverstrickungen freistrampeln, dann würde alles wieder gut werden. So wie früher.
Genau! Von nun an würde ich das Leben einer Heiligen führen! Hübsch zu Hause bleiben, immer mein Zimmer aufräumen und Kätzchen zeichnen. Und nett zu Holger sein. Keine unangebrachten, albernen Witzchen mehr. Keine Kraftausdrücke mehr. Nein, von nun an würde ich das untadelige, unanfechtbare Leben der heiligen Helena führen. Meinem Mann und Gott zum Wohlgefallen.
Ich war etwas zu früh im Café und Steffen noch nicht da. Unser Tisch war besetzt, dort saß ein älterer Herr in einem dunklen Anzug und las das Hamburger Abendblatt – ein gepflegtes Rentnerdasein, dachte ich, und bestimmt frei von emotionalen Anfechtungen. Ich wählte den Tisch neben dem Durchgang zum hinteren Raum, bestellte nur Milchkaffee. Hunger hatte ich nicht.
Steffen kam mit einer Papprolle unter dem Arm. Er legte sie vor mich auf den Tisch, küsste mich brüderlich auf die Wange und ließ sich auf den Stuhl neben mir fallen. »Für dich«, sagte er. Er zeigte auf die Rolle.
Ich nahm die Plastikkappe ab, zog ein großes Plakat hervor, rollte es auseinander. Ein Druck von »Der Sturz der Engel« – perfekt in den Farben, etwas kleiner als das Original. »Woher hast du das?«
»Ich hab's fotografiert, als ich neulich in Hannover war. Nachdem ich glaubhaft versichern konnte, dass es nur für private Zwecke sei, haben sie es mir erlaubt.«
Ich war gerührt. Und zutiefst unglücklich. Plötzlich schien es mir, als stürzten die Engel ins Bodenlose, in schwarzes Nichts. Nichts würde sie mehr halten können. Kaltes, trostloses Unheil erwartete sie, schmerzvolle Hoffnungslosigkeit. »Eigentlich ist es ein trauriges Bild, nicht?«, sagte ich trübsinnig.
»Traurig?« Steffen sah
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