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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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murmelte ich, grub in meiner Tasche nach dem Telefon. Warum hatte ich es nicht ausgeschaltet, ich blöde Kuh?
    Es war Laura. »Oh, Lena, ich muss dir das einfach erzählen! Lukas ist so gemein! Ich hasse ihn! Stell dir vor, er hat unsere Verabredung heute Abend abgesagt, weil er seine Frau zu einem Geschäftsessen begleiten soll. Und der Scheißkerl kuscht natürlich!«
    Natürlich kuschte er. Nicht zum ersten Mal. Das hatten wir schon tausendmal gehabt. »Laura, meine Süße, nimm es nicht so tragisch. Du weißt doch, dass er wieder angekrochen kommt«, sagte ich hilflos. Aber überzeugt. Lukas kam immer wieder angekrochen.
    »Was machst du denn?«, fragte Laura. »Malst du schon Katzen?«
    »Noch nicht. Ich hatte heute etwas anderes zu tun. Pass auf, wir treffen uns in einer Stunde im ›Casa Mia‹. Mach dich hübsch, ich möchte dir jemanden vorstellen.«
    Laura pfiff durch die Zähne. »Du bist noch in Hamburg? Und wen willst du mir vorstellen? Das Mainzelmännchen?«
    Ich musste lachen. »Wart's ab!« Das Mainzelmännchen! Für wen hielt sie mich?
    »Darf ich wirklich mitkommen?«, fragte Steffen, als ich das Handy wegsteckte.
    »Magst du nicht?« Plötzlich war ich unsicher.
    »Doch, und wie!« Er zog meine Hand an sich, prostete mir zu. »Auf einen bemerkenswerten Tag, schöne Helena! Und einen unverhofften Abend.«
    »Hast du auch wirklich Zeit?«, fragte ich. Schließlich hatte ich ihn ziemlich überfahren. Aber ich wollte so gern, dass Laura ihn kennen lernte. Ich wollte wissen, was sie sagte.
    Steffen lächelte. Er nickte. Die grünen Pünktchen hüpften wild durcheinander.
    »Ich muss mal aufs Klo«, sagte ich und stand auf.
    Ich musste wirklich aufs Klo. Aber vor allem musste ich Holger anrufen. Schließlich erwartete der in einer Stunde einen Teller dampfender Kraftnahrung auf unserem Esstisch.
    Ich erreichte ihn in der Apotheke. Er klang merkwürdig fahrig. »Ach Gott, Lena, du bist es! Entschuldige, ich hätte mich längst melden sollen, aber hier ist der Teufel los! Hier ist letzte Nacht eingebrochen worden!«
    »Was?!«
    »Es sieht immer noch schlimm aus. Die Polizei ist inzwischen zwar weg, aber wir sind noch am Aufräumen. Halt mein Essen warm, vor neun oder zehn komme ich sicher nicht nach Hause.«
    »Ist es so schlimm?«
    »Sie haben alles verwüstet, es war ein furchtbarer Anblick.«
    »Ist viel geklaut worden?«
    Holger seufzte. »Das kann man wohl sagen. Alles, was sich auf dem schwarzen Markt irgendwie zu Geld machen lässt.«
    »Ach, Holger, das tut mir so Leid. Bist du gegen so was denn versichert?«
    »Na, hör mal! Natürlich!«
    Natürlich. Blöde Frage. Holger war gegen alles versichert, was einem im Leben zustoßen konnte. Wenn ich recht informiert war, sprang unsere Hausversicherung sogar bei einem Lawinenschaden ein!
    »Na, dann ist es ja gut. Trotzdem, es tut mir Leid. Du hast sicher furchtbar viel zu tun. Konntest du überhaupt öffnen heute?«
    »Wo denkst du hin? Natürlich nicht. Die haben hier wirklich eine unglaubliche Schweinerei angerichtet.«
    »Wie ärgerlich. – Holger, hör mal, ich rufe an, weil ich noch in Hamburg bin. Ich komme erst morgen nach Hause.«
    »Müll«, sagte Holger.
    »Bitte?«
    »Entschuldige, ich meinte nicht dich. Was hast du gesagt? Du kommst erst morgen nach Hause? Warum das denn?«
    »Mein Auto ist in der Werkstatt. Die Einspritzpumpe. Ich konnte heute Morgen plötzlich nicht mehr starten. Ich dachte, es würde heute noch fertig, aber das haben sie nicht geschafft.«
    »Merkwürdig. Was ist denn das für eine Werkstatt?«
    »Eine ganz normale Audi-Werkstatt«, sagte ich beleidigt. »Sie hatten nur diese Pumpe nicht da, sie kriegen sie erst morgen früh.« Mittelschwere Notlüge. Aber gab es da nicht diese Geschichte von irgendeiner wohlhabenden Adligen, die den Armen immer Brot brachte, sehr zum Verdruss ihres geizigen Mannes? Als er sie eines Tages ertappte und fragte, was sie unter dem Tuch in ihrem Korb habe, sagte sie: »Rosen.« Gott verzieh ihr diese Notlüge nicht nur, nein, er segnete sie! Als der Mann das Tuch wegzog, lagen in dem Korb – Rosen.
    Was unterschied mich von dieser Frau? War ich nicht wie sie eine Rebellin, die sich über die Engherzigkeit ihres Mannes hinwegsetzte, um Gutes zu tun? Darbte Laura nicht nach Zuwendung wie die Armen nach Brot? Na ja, so ganz passte dieses Gleichnis wohl nicht. Um ehrlich zu sein, hatte ich eher ein wenig Angst, dass Gott auf die Idee kommen könnte, meine Einspritzpumpe nun tatsächlich

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