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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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mich überrascht an. »Du mochtest es doch so! Und es ist überhaupt nicht traurig. Schau dir die beiden doch an. Gut, sie ist vielleicht ein bisschen verwirrt, weil sie kopfüber fällt, aber er hält sie doch! Und wie! Da geht nichts schief Und da im Hintergrund, siehst du das Blau? Die beiden fallen in eine bessere Welt, da kannst du sicher sein!« Er lehnte sich zufrieden zurück und gab der Kellnerin ein Zeichen. Für ihn schien das Leben so einfach zu sein. Ein sonniger Spaziergang.
    Ich wartete, bis sein Kaffee kam. »Steffen«, sagte ich dann. »Wir sehen uns heute zum letzten Mal. Ich kann das nicht fortsetzen. Wirklich nicht.«
    Steffen sah mich über den Rand seiner Kaffeetasse an. Die grünen Pünktchen standen still. Undeutbar, dieser Blick.
    Ich druckste. »Steffen, du weißt, dass ich verheiratet bin. Und ich will meine Ehe nicht gefährden. Es war ein Riesenfehler, dass wir uns wieder gesehen haben. Ich kann das einfach nicht mehr.«
    »Warum haben wir uns denn wieder gesehen?«, fragte er ruhig.
    Ich stützte den Kopf in die Hände. »Ich weiß nicht. Aber es war falsch. Ich ... ich bin nicht so. Ich kann meinen Mann nicht belügen. Ich fühle mich so scheiße dabei.«
    Steffen nickte, schwieg, trank einen Schluck. Nachdenklich setzte er seine Pfeife in Gang. »Okay«, sagte er nach einer langen Pause, »das muss ich wohl akzeptieren. Aber es gefällt mir nicht, das weißt du sicher.« Er spielte mit seinem Feuerzeug. Jedes Mal gab es einen kleinen, harten Klack, wenn das schwere Silber auf den Holztisch stieß. »Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass du in Hameln sehr glücklich bist, Helena«, sagte er irgendwann.
    Immerhin sagte er ›in Hameln‹, nicht ›mit Holger‹. Doch was er meinte, war klar. Und ich hatte dem im Moment nicht viel entgegenzusetzen. »Ich werde wieder glücklich«, sagte ich matt. »Und du auch. Lass uns dies vergessen. Es war nur eine von unzähligen Möglichkeiten, die man im Leben hat.«
    Steffen legte das Feuerzeug beiseite. Sah mich eindringlich an. »Natürlich hat man unzählige Möglichkeiten. Aber nicht viele gute. Und diese, schöne Helena, war eine der ganz, ganz seltenen vollkommenen.«
    Das Schwein! Musste er es so schwer machen? Mit diesem Blick? – »Steffen, das wissen wir doch gar nicht. Vielleicht würden wir uns hassen, wenn wir erst eine Weile zusammengelebt hätten.«
    »Quatsch! Wir würden uns nicht hassen. Das weiß ich.«
    »Aber ich würde mich hassen, wenn ich mich darauf einließe. Ich kann nicht einfach alles sausen lassen und so tun, als wäre da nichts anderes gewesen.«
    »Hm.« Steffen nahm das Feuerzeug wieder auf. »Obwohl – wenn etwas einfach passt ...«
    »Nein!« Ich schüttelte energisch den Kopf Wusste immer genauer, dass ich auf dem richtigen Weg war. »Lass es uns kurz machen, ja?«, sagte ich leise. »Ich fahre jetzt.«
    Er nickte. Die Lider gesenkt. Keine grünen Pünktchen mehr. »Darf ich das trotzdem mitnehmen?«, fragte ich schüchtern und deutete auf den eingerollten Druck.
    »Ich habe es dir geschenkt«, sagte Steffen. »Ich möchte, dass du es mitnimmst.«
    Ich wollte der Kellnerin winken, um meinen Kaffee zu bezahlen. Steffen griff nach meiner Hand, drückte sie sanft herunter. »Lass nur. Ich mach das schon.«
    Ich rollte den Druck fester zusammen und schob ihn zurück in die Hülle. »Danke.« Ich stand auf. Ich sah auf Steffen hinab und gab mir einen unsäglich schmerzlichen Ruck. »Dann mach's gut«, sagte ich und wusste, wie saublöd das klang. Ich legte ganz kurz die Hand auf seine Schulter, drückte sie leicht und drehte mich um.
    »Leb wohl, meine schöne Helena«, hörte ich. Es klang so grau, wie ich mich fühlte.
    Ich ging, ohne mich umzusehen. Irgendwie kam ich zu meinem Auto. Schloss auf, stieg ein, startete. Der Motor sprang sofort an. Gott war also nicht böse mit mir, dachte ich flüchtig, aber er hatte, zum Teufel nochmal, auch wahrhaftig keinen Grund dazu! Ein Scheißleben, das diese Heiligen so hatten! Da hatte es im Himmel aber bitte schön verdammt toll zu sein, wenn sich das hier lohnen sollte!
    * * *
    Um halb eins war ich zu Hause. Ich wollte nichts, als mich an meinen Zeichentisch verkriechen und Kätzchen malen. Malen half mir immer, das wusste ich. Also packte ich in Windeseile meine Sachen aus und warf die Waschmaschine an, vor der sich schon wieder ein Mittelgebirge an schmutziger Wäsche aufgetürmt hatte. Wie ein einzelner Mann in einer Woche zehn Hemden verbrauchen konnte, war mir

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