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Herr der Diebe

Herr der Diebe

Titel: Herr der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Funke Cornelia
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sich ihm in den Weg. »Wo willst du denn hin? Vielleicht deine Freunde warnen? Das ist nicht nötig. Ich habe nicht vor, sie zu fressen. Ich werde sie nicht mal der Polizei ausliefern, obwohl ihr mir mein Portemonnaie geklaut habt. Mich interessiert auch nicht, dass du dir im alten Kino deines Vaters offenbar eine kleine Bande hältst. Geschenkt! Mich interessieren nur die zwei Brüder, die ihr bei euch aufgenommen habt: Prosper und Bo.« Scipio starrte ihn wortlos an.
»Elender Schnüffler!«, flüsterte er verächtlich. Dann bückte er sich und zog an dem Teppich, auf dem Victor stand, so heftig, dass Victor den Halt verlor und mit Wucht auf dem Hintern landete. Er konnte gerade noch verhindern, dass ihm der Karton mit der Schildkröte aus den Händen rutschte. Wie ein Wiesel schoss Scipio an ihm vorbei auf die Tür zu. Victor warf sich zur Seite, um seine Beine zu erwischen, aber der Junge sprang einfach über ihn hinweg, und ehe Victor wieder auf den Füßen stand, war er verschwunden.
Wutschnaubend stürmte Victor hinterher, so schnell ihn seine kurzen Beine trugen. Aber als er schwer atmend oben an der Brüstung stand, sprang Scipio schon die letzten Stufen hinunter. »Bleib stehen, du kleine Ratte!«, brüllte Victor ihm hinterher. Seine Stimme hallte so laut durch das riesige Haus, dass zwei Dienstmädchen erschrocken auf den Hof gelaufen kamen. »Bleib stehen!« Victor lehnte sich so weit über die Brüstung, dass ihm schwindelig wurde. »Ich finde euch! Hast du gehört?«
Aber Scipio schnitt ihm nur eine Grimasse und lief aus dem Haus.

»Also, fassen wir noch mal zusammen«, murmelte Mosca und beugte sich über den Grundriss, den der Conte ihnen gegeben hatte. »Drei Leute haben wir bisher rein-und rausgehen sehen: die dicke Haushälterin, ihren Mann und die blond gefärbte Frau…«
»Signora Ida Spavento«, erklärte Riccio. »Erst haben wir gedacht, die Dicke wäre Signora Spavento und die mit den blonden Haaren ihre Tochter. Aber der Mann, dem der Zeitungskiosk auf dem Campo Santa Margherita gehört, redet gern und ziemlich viel. Und er hat mir erzählt, dass die Jüngere Ida Spavento ist und die Dicke ihr nur den Haushalt führt. Diese Signora Spavento wohnt allein in dem Haus und sie soll viel unterwegs sein. Der Mann vom Kiosk behauptet, sie ist Fotografin. Hat mir sogar eine Zeitschrift unter die Nase gehalten mit Fotos von Venedig, die angeblich von ihr waren. Auf jeden Fall kommt und geht sie ganz unregelmäßig. Die Haushälterin macht sich abends zwischen sechs und sieben auf den Heimweg und ihr Mann kommt wohl meist gegen Mittag und bleibt nie lange – zum Glück; der Kerl sieht aus, als würde er kleine Kinder zum Frühstück verspeisen.«
»Stimmt«, sagte Mosca und grinste.
»Tagsüber ist also fast immer jemand im Haus«, fuhr Riccio fort, »und abends«, er seufzte, »tja, abends ist das leider nicht anders, denn diese Signora Spavento hat offenbar nur am Tag Spaß am Weggehen. Abends scheint sie so gut wie nie etwas zu unternehmen. Aber wenigstens geht sie früh schlafen. Spätestens um zehn ist oben in ihrem Schlafzimmer das Licht aus.« »Wenn es wirklich, ihr Schlafzimmer ist«, sagte Wespe. Sie klang wenig begeistert von Riccios Bericht. »Wenn, wenn, wenn wenn der Flügel im ersten Stock ist, wenn Signora Spavento im zweiten Stock schläft, wenn es wirklich keine Alarmanlage gibt… das sind reichlich viele Wenns für meinen Geschmack. Was ist mit den Hunden?«
»Kleine Kläffer.« Riccio pulte einen Kaugummi aus seiner Zahnlücke. »Und außerdem gehören sie wahrscheinlich der Haushälterin. Meistens nimmt sie sie abends mit nach Hause.«
»Meistens!« Wespe verdrehte die Augen.
»Ach, und wenn nicht«, Mosca machte eine verächtliche Handbewegung, »dann werfen wir ihnen ein paar Würste hin.«
»Na, du kennst dich ja aus!«, murmelte Wespe und spielte nervös mit ihrem Zopf herum. Sie hatte auch schon so einiges gestohlen, in Geschäften, an Vaporettohaltestellen, im Gedränge auf den Gassen. Aber in ein fremdes Haus zu schleichen, das war eine vollkommen andere Sache, und auch wenn Riccio und Mosca sich aufführten, als hielten sie das Ganze für ein großes Abenteuer – Wespe wusste, das die zwei ebenso viel Angst hatten wie sie. »Hat schon einer die Taube gefüttert?«, fragte sie und zupfte sich eine Feder von der Hose. Überall lagen Federn herum, seit der Vogel in ihrem Versteck herumflatterte. Mosca hatte ihm als Nestersatz hoch oben an die Wand einen alten Korb

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