Herr der Diebe
Bootes, in einem grauen weiten Mantel. Er sah nicht so alt und gebrechlich aus, wie Prosper ihn sich nach dem Treffen im Beichtstuhl vorgestellt hatte. Sein Haar war weiß, aber er schien immer noch ein kräftiger Mann zu sein, so aufrecht, wie er da stand. Hinter dem Conte stand noch jemand, kleiner und schmaler als er, schwarz gekleidet von Kopf bis Fuß, aber das Gesicht verbarg eine Kapuze. Als Mosca längsseits ging, warf der zweite Mann Prosper ein Seil mit einem Haken zu, damit die Boote nicht wieder auseinander trieben. »Salve!«, rief der Conte ihnen mit heiserer Stimme zu. »Ich nehme an, euch ist genauso kalt wie mir, also lasst uns das Geschäft schnell hinter uns bringen. Der Winter kommt in diesem Jahr früh.«
»Gut. Hier ist der Flügel.« Prosper reichte Scipio das Bündel und der streckte es vorsichtig dem Conte entgegen. Das schmale Boot schwankte unter Scipios Füßen, er stolperte fast und der Conte beugte sich hastig über den Bootsrand zu ihm hinunter, als fürchte er, das, wonach er so lange gesucht hatte, könnte doch noch verloren gehen. Aber als er das Bündel entgegennahm, sah sein zerfurchtes Gesicht plötzlich wie das eines kleinen Jungen aus, der ein heiß ersehntes Geschenk in den Armen hält. Ungeduldig schlug er die Decke auseinander. »Das ist er!«, hörte Prosper ihn flüstern. Fast andächtig strich der alte Mann über das bemalte Holz. »Morosina, sieh ihn dir an.« Ungeduldig winkte er seinem Begleiter. Der hatte die ganze Zeit am Mast des Bootes gelehnt. Erst als der Conte ihn rief, trat er an seine Seite und schob die Kapuze zurück. Die Jungen sahen überrascht, dass es eine Frau war, nicht viel jünger als der Conte, mit hochgestecktem grauem Haar. »Ja, er ist es«, hörte Prosper sie sagen. »Geben wir ihnen ihren Lohn.« »Erledige du das«, sagte der Conte und schlug die Decke wieder über den Flügel.
Ohne ein Wort reichte die Frau Scipio eine alte Tasche. »Hier, nimm!«, sagte sie. »Und benutz das Geld, um dir einen anderen Beruf zu suchen. Wie alt bist du? Elf, zwölf?«
»Mit dem Geld bin ich erwachsen«, antwortete Scipio, nahm die schwere Tasche entgegen und stellte sie zwischen sich und Mosca ins Boot.
»Hast du das gehört, Renzo?« Die Frau stützte sich auf den Bootsrand und musterte Scipio mit spöttischem Lächeln. »Erwachsen will er sein. So verschieden sind die Wünsche.«
»Den Wunsch wird die Natur ihm bald erfüllen«, antwortete der Conte und schlug das Bündel mit dem Flügel zusätzlich in eine Plane ein. »Mit unseren Wünschen sieht es etwas anders aus. Willst du das Geld noch nachzählen, Herr der Diebe?« Scipio stellte die Tasche auf Moscas Schoß und öffnete sie. »Heiliger Pantalon!«, flüsterte Mosca, nahm ein Bündel Geldscheine heraus und begann mit ungläubigem Gesicht, die Scheine zu zählen. Neugierig beugte Prosper sich über seine Schulter. Selbst Riccio vergaß seine Angst vor dem Wasser und stand auf. Aber als das Boot zu schwanken begann, setzte er sich schnell wieder. »Teufel, hat einer von euch schon mal so viel Geld gesehen?«, flüsterte er.
Scipio hielt prüfend einen Schein vor seine Taschenlampe, zählte die Bündel in der Tasche und nickte Mosca zufrieden zu. »Scheint alles da zu sein«, rief er dem Conte und seiner Begleiterin zu. »Wir zählen es in unserem Versteck noch genau nach.« Die grauhaarige Frau nickte nur. »Buon ritorno!«, sagte sie. Der Conte trat neben sie. Prosper warf ihm das Seil zu, mit dem sie an dem größeren Boot festgemacht hatten, und der Conte fing es auf. » Buon ritorno und viel Glück für die Zukunft«, sagte er. Dann kehrte er ihnen den Rücken zu.
Auf ein Zeichen von Scipio nahmen Prosper und Mosca die Ruder auf und mit jedem Eintauchen der Ruderblätter entfernten sie sich weiter vom Boot des Conte. Die Mündung des Kanals, an der Ida auf sie wartete, schien weit, unendlich weit entfernt, und hinter ihnen, Prosper konnte es trotz der Dunkelheit deutlich erkennen, richtete der Conte den Bug seines Bootes dorthin, wo die Sacca della Misericordia sich zur Lagune öffnete.
Scipio hatte Recht gehabt, der Wind war auf ihrer Seite. Nur sacht kräuselte er das Wasser, und als sie Idas Boot erreichten, war das Segel des Conte immer noch zu sehen. Schnell machten sie Moscas Boot im Schutz der Brücke fest und stiegen um auf das größere Boot. »Nun erzählt schon, ist alles gut gegangen?«, fragte Ida ungeduldig, als die vier an Bord kletterten. »Ich konnte nur sehen, dass er ein Segelboot
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