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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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war bereits bekannt, daß Don Francisco nach Brasilien geflohen war. Don Jeronymos Ernennung war nicht legitim. Und so erhielt ich die königliche Bestätigung und kehrte mit vierhundert Soldaten und dreißig Pferden hierher zurück, und nun bringe ich die Dinge wieder ins rechte Lot. Wir werden die gesetzlosen Sobas bestrafen und dies, so Gott will, besser erledigen, als es Don Jeronymo getan hat. Du warst in Masanganu, als Kafuche Kambara sein Massaker veranstaltete?«
    »Nay. Ich war bei dem Massaker selbst dabei.«
    »Und du hast überlebt? Fürwahr, dann hat Gott dir beigestanden.«
    »Und das Glück und etwas Geschick. Doch ach, unter den Erschlagenen war der gute Barbosa, der wie ein zweiter Vater für mich war.«
    »Sein Verlust ist traurig. Ich wußte davon und daß Hunderte andere mit ihm gefallen sind. Nun, Andres, dies sind die Risiken des Reiches. Wurdest du verletzt?«
    »Ich bekam einen Pfeil ab. Es war nicht so schlimm.«
    »Warum warst du überhaupt in diesem Krieg?«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Don Jeronymo erteilte mir den Befehl, Truppen nach Masanganu zu bringen. Als er erkrankte, befahlen seine Generale jedem, gegen Kafuche zu kämpfen, und ich konnte mich nicht weigern.«
    »Ich wollte nur, daß du uns als Lotse dienst«, sagte Don João. Er musterte mich eindringlich und sagte: »Glaubst du, ich hätte mein Versprechen vergessen, dich nach Hause zurückkehren zu lassen? Was? Ich sagte, diene mir eine Weile, indem du die Küste entlangfährst, und ich werde dich auf ein Schiff nach England setzen. Nun, Andres? Wie lange ist dies her?«
    »Ich glaube, es war im Juni 1591 oder im Juli.«
    »Drei Jahre. Ein längerer Dienst, als wir beide erwartet haben. Das Versprechen gilt noch, Andres. Doch ich habe noch Verwendung für dich. Wirst du dein Gelöbnis noch eine Weile erneuern?«
    »Ich sehne mich nach meinem Heimatland, Don João.«
    »Ja. Das verstehe ich. Doch stelle mir deine Dienste noch zur Verfügung, Andres, nur noch für eine kleine Weile. Wirst du das tun?«
    Er sah mich an; sein Blick ruhte auf dem meinen, und plötzlich erkannte ich die Wahrheit, die hinter seinen warmen und freundlich bittenden Worten lag: nämlich die, daß er mich überhaupt nicht bat, sondern mir einen Befehl erteilte. Dies war seine Art, freundlich und einschmeichelnd zu sein, genau, wie es Don Jeronymos Art gewesen war, heftig und beherrschend zu sein, und bei beiden Methoden war das Ergebnis gleich: ich wurde gezwungen, in diesem Lande Angola zu verbleiben.
    Ich hatte überaus heftig um Don João getrauert, als ich ihn für tot hielt, und wir hatten oftmals gemeinsam gespeist und getrunken, als wären wir echte Freunde, doch auf Grund dieser Dinge behielt die Wahrheit Bestand, daß ich der Sklave und er mein uneingeschränkter Herr war, eine Wahrheit, die er abschwächte und mit sanften Worten verbarg. Doch was konnte ich sagen? Konnte ich meinen Dienst verweigern und die augenblickliche Überfahrt nach England verlangen? Ich hatte keinen Anspruch darauf. Wenn ich dies tat, würde er mich mit der größten Betrübnis und süßen Bekundungen der Freundschaft in den Kerker werfen lassen, und dann würde ich dort für immer verfaulen.
    Ich glaube nicht, daß Don João unaufrichtig war. Ich denke, er brachte mir tatsächlich freundschaftliche Gefühle entgegen und schätzte mich. Doch jemand mußte seine Schiffe für ihn segeln, und diese Not wog schwerer. Vielleicht würde er mich eines Tages wirklich gehen lassen, doch nicht jetzt, noch nicht. Und ich konnte nichts anderes tun, als mich zu unterwerfen.
    »Aye, da Ihr mich bittet, werde ich Euch dienen«, sagte ich. »Doch werdet Ihr mich freigeben, Don João, sobald die Rebellion niedergeworfen ist und Ihr Eure Macht hier gesichert habt? Der Heimat fünf Jahre fern zu sein, ist fürwahr eine lange Zeit.«
    »Nur noch eine kleine Weile«, sagte Don João, »und dann wirst du auf deinem Weg dorthin sein.«
    Und dies sagte er mit solch einer Wärme und dem klaren Bekenntnis seines guten Willens, daß ich seine Worte für den Augenblick nicht bezweifeln konnte. Doch ich wußte, wenn er »Nur eine kleine Weile« sagte, konnte diese kleine Weile zwei Monate bedeuten oder sechs oder anderthalb Jahre, oder eine Ewigkeit, je nachdem, ob er mich noch brauchte. Und ich wußte auch, wenn er mich für andere Dinge benötigte, dann würde er mich mit der gleichen Wärme, mit dem gleichen guten Willen wieder und wieder bitten, ihm seine Dienste noch etwas länger zur Verfügung

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