Herr der Finsternis
Als sie mich badete, betastete und untersuchte Matamba meine neuen Narben, sowohl die schlimme in meinem Rücken, wo der Pfeil ausgetreten war, wie auch die kleineren, die verblichen, aber noch nicht gänzlich verschwunden waren. Daß sie mich so betastete und derart viel Aufhebens um mich machte, war mir ein neuerlicher Beweis ihrer Hingabe, und sobald ich gesäubert war, wollte ich sie mit in mein Bett nehmen, da ich während meiner Monate als Soldat abstinent gelebt hatte und sie in ihrem einfachen weißen Tuch, das die Brüste unbedeckt ließ, und einem blauen Band um den Hals überaus begehrenswert auf mich wirkte; überdies strahlten ihre Augen vor Bereitwilligkeit. Doch da klopfte es an der Tür, und ein Bote des Gouverneurs trat ein, sagte, ich solle sofort zu dessen Palast kommen, und überreichte mir ein Schriftstück, das die ganze Sache noch amtlicher machte.
Ich öffnete das Papier, las es und hätte in meinem Erstaunen beinahe laut aufgeschrien, denn es war überaus kühn mit dem Namen des neuen Gouverneurs unterzeichnet, und der Name des neuen Gouverneurs lautete Don João de Mendoça.
»Aber er ist tot!« rief ich. »Wie kann das sein?«
Der Bote, der nur ein Sklave war, blickte mich an, als hätte ich den Verstand verloren, und Matamba wußte nichts von Gouverneuren, bis auf die Tatsache, daß die Portugiesen dieser Stadt in letzter Zeit oft auf dem Platz exerziert hatten, mit pompösen Wachablösungen, bei denen die Flagge gehißt und niedergeholt wurde, doch das alles kam ihr griechisch vor. So stieg ich brennend vor Neugier in meine besten Kleider, hieß sie, meine Rückkehr abzuwarten, und eilte zum Palast. Dies ging über mein Verständnis: Denn wie hatte Don João den Meuchelmördern entkommen können? Ich dachte schon, daß er vielleicht einen Sohn des gleichen Namens habe, der von Portugal gekommen sei, um den Tod seines Vaters zu rächen, doch dies erschien mir nicht sehr wahrscheinlich.
Dann wurde ich in den gleichen, hohen Audienzraum geschoben, in dem ich mich mehrere Male mit Don Jeronymo d’Almeida, dem ehemaligen Gouverneur, getroffen hatte, und dort, hinter dem großen, abgeschliffenen Sekretär aus hell leuchtendem Rotholz, saß Don João höchstpersönlich und kein frisch eingetroffener Sohn gleichen Namens und auch kein Geist, schätze ich.
Er sah wohlgenährt und gesund aus und kaum einen Tag älter, als ich ihn während der Tage vor den Auseinandersetzungen mit den Jesuiten zuletzt gesehen hatte, und obwohl er sich nicht von seinem Amtsstuhl erhob, erbot er mir ein freundliches, herzliches Lächeln und eine ausholende Geste der Begrüßung und rief aus: »Andres! Andres, mein Freund, mein Engländer, mein Piloto!«
»Don João, es bereitet mir Freude und Erstaunen, Euch zu sehen!«
»Und auch mir bereitet diese Begegnung Freude. Wie wir uns alle verändert haben, was? Ich bin endlich Gouverneur, und du – du siehst aus, als hättest du schwer gekämpft und nicht wenig gelitten.«
»Es war ein schwieriger Feldzug. Doch durch Gottes Gnade und einige Hilfe der Jaqqas wurde ich verschont. Und auch Ihr seid verschont geblieben! Ich dachte, Ihr wäret schon lange tot, Don João.«
Er fuhr ein wenig zusammen. »Das dachtest du? Warum?«
»Man berichtete mir, Don Jeronymo habe geplant, Euch auf Eurer Fahrt nach Portugal ins Meer werfen zu lassen.«
Er beugte sich vor. »Hast du davon gewußt, Andres?« fragte er.
»Aye. Doch mein Wissen kam zu spät, um Euch zu helfen, denn ich war schon auf halbem Weg nach Loango, als ich davon erfuhr, und Ihr wart schon weit unterwegs nach Portugal. Doch war es so, wie man mir berichtet hat?«
»Es war so«, sagte er mit tiefer, dunkler Stimme. »Es waren drei Mann an Bord, die in Don Jeronymos Sold standen und den Plan ausführen sollten. Doch man hatte mich gewarnt, und ich habe dafür gesorgt, gut bewacht zu werden, und wir haben die Männer entlarvt und befragt. Und sie haben gestanden, und ihr Plan wurde vereitelt.«
»Gott sei gedankt. Ich habe sehr um Euch getrauert.«
»Und dies bewegt mich sehr, Andres. Doch du siehst, ich war vorbereitet. Denn ich habe Don Jeronymo durchschaut und seinen Worten kein Vertrauen geschenkt.«
»Und nun seid Ihr Gouverneur!«
»Ja. Es war einfach genug, die Ernennung zu arrangieren, sobald ich erst einmal vor Seiner Majestät gesprochen und ihm verdeutlicht hatte, wie groß die Gefahr sei, unsere Kolonie hier zu verlieren, wenn die Herrschaft der Gebrüder d’Almeida nicht gebrochen würde. Es
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