Herr der Finsternis
wirst so kühn und stark wie sie alle sein, denn auch du bist königlich.«
»Halte mich fest, Andres.«
Ich nahm sie in die Arme. Sie zitterte und schmiegte sich an mich wie ein verängstigtes Kind.
»Als ich dich vor so langer Zeit zum ersten Mal in São Paulo de Luanda sah«, sagte sie mit einer Stimme, die ich kaum vernehmen konnte, »da sagte ich mir, er ist wunderschön, er strahlt wie die Sonne, ich will ihn. Du warst ein hübsches Spielzeug. Und dann kam ich zu dir in die Festung, und ich pflegte dich, als du krank und nicht bei Sinnen warst, und wenn du schliefst, sah ich zu dir hinab und liebte dich. Und als du gesund warst und ich dich mit dem Schwamm wusch und deine Männlichkeit sich hob, wollte ich dich, wie ich noch nie einen Mann gewollt hatte, und so wurden wir Liebende und wären all diese Jahre Liebende gewesen, wenn die Umstände es geduldet hätten. Ich habe von dir geträumt. Wenn ich mit Don Fernão im Bett lag, gab ich vor, er sei du. Als du dir diese Schwarzmohrhure als Sklavin und Konkubine zulegtest, wollte ich sie töten… oder dich… oder mich, so stark war meine Liebe. Und hast du mich geliebt, Andres?«
»Das habe ich, und überaus tief, Teresa. Denn ich glaube, du bist die große Liebe meines Lebens gewesen.«
»Und die wundervolle Anne Katherine, von der du so oft gesprochen hast?« sagte sie mit einem leisen Lachen.
»Vor langer Zeit. Ein Geist, der in meinem Verstand umherhuscht. Ich kannte sie nur ein wenig, als ich ein Junge war. In diesen vierzehn Jahren bist du im Mittelpunkt meines Herzens gewesen.«
»Andres…«
»Aye, Teresa. Es ist wahr.«
»Ich fürchte mich vor dem Sterben.«
»Wir werden zusammen beten.«
»Ich fürchte mich auch vor dem Beten«, sagte sie mit einem Blick über die Schulter, dorthin, wo sie ihr kleines Hexenwerk aus Stroh und Zweigen hatte. »Ich bin immer wieder von dem wahren Gott abgefallen, Andres.«
»Er heißt die verlorenen Schafe immer wieder willkommen«, sagte ich. Ich griff an ihr vorbei, nahm das kleine heidnische Ding in die Hand und sagte: »Du mußt dich nicht verdammen, so kurz vor dem Ende. Lege dieses Hexenwerk ab, stoße es davon und übergib dich dem liebenden Sohn Gottes.«
»Wirst du jetzt mit mir beten?«
»Das werde ich.«
Sie zerriß ihr Idol und verstreute die Fetzen auf dem Boden.
»Bete auf englisch«, sagte sie. »Sprich die Gebete, die du auch für deine englische Frau sprechen würdest.«
»Wenn ich mich noch an die Worte erinnere, werde ich dies tun.«
Und die Worte kehrten nur langsam zu mir zurück, doch schließlich waren sie da, und ich kniete neben ihr nieder und sagte: »Der Herr ist mein Licht und meine Erlösung; wen soll ich da fürchten. Der Herr ist die Kraft meines Lebens; wen soll ich da fürchten?« Und ich sprach die Worte dann auch auf portugiesisch, und sie sprach sie mit mir. Und ich sagte auch: »Ich werde meine Blicke zu den Hügeln heben, denn von diesen kommt meine Hilfe. Meine Hilfe kommt im Namen des Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat.« Und sie sprach die Worte nach. Und ich sagte: »Wir bitten dich, o Herr, bring Licht in unsere Dunkelheit und schütze uns mit deiner großen Gnade vor allen Unbillen und Gefahren der Nacht.« Was sie mir ebenfalls nachsprach.
Dann kniete Doña Teresa neben mir nieder und sprach zu mir, als sei ich ihr Beichtvater, und berichtete mir von ihren Sünden, die zu hören ich kein Recht hatte, da ich kein Priester war und noch nicht einmal dem gleichen Glauben wie sie angehörte. Doch ich hörte zu, da sie das Bedürfnis zur Beichte hatte und sie nicht sterben sollte, ohne daß man ihr die Beichte abgenommen hatte, falls diese Nacht tatsächlich ihre letzte sein sollte.
Die Sünden, die sie mir beichtete, waren zum Teil geringfügig und einige von ihnen nicht so geringfügig, und einige erstaunten mich sehr. Doch obwohl ich so umfassend über alles gesprochen habe, was mir in Afrika wiederfuhr, werde ich hier nicht von Doña Teresas Sünden sprechen, denn es waren allein die ihren, und wenn ich ihr Beichtvater war, muß ich die Heiligkeit der Beichte respektieren; und so soll Gott der einzige Zeuge dessen sein, was sie mir beichtete. So hörte ich sie an, und als sie fertig war, sprach sie das Glaubensbekenntnis: »Ich glaube an Gott den allmächtigen Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde.« Sie sprach es auf latein, während ich es auf englisch sprach, und schließlich betete ich zum Abschluß: »Guter Gott, erlöse uns in der Zeit
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