Herr der Finsternis
»Ein Mokisso- Ding , das du gemacht hast und nun anbetest?«
»Es geht dich nichts an«, sagte sie.
»Es ist nicht die Zeit für Idole und Hexerei. Es ist die Zeit für richtige Gebete, Teresa.«
Sie sah mich mit trüben und ernsten Augen an. »Sie werden mich heute abend töten, Andres, nicht wahr?« sagte sie.
»So hat es der Imbe-Jaqqa verfügt.«
»Und werden sie mich danach essen?«
»Ich bitte dich, Teresa, sprich nicht von solchen Dingen.«
»Sie werden mich essen. Es ist wie damals, als meine Mutter starb. Ich werde in ihren Topf wandern, und sie werden mich zerlegen, und der eine wird meine Brüste essen und der andere meine Schenkel, und… ach, was für eine Rolle spielt es, wenn ich erst tot bin?«
Sie sah mir kalt in die Augen und sagte: »Und wirst du deinen Anteil meines Fleisches essen?«
»Es macht mich krank, daß du so etwas sagst.«
»Andres… oh! Ich will nicht sterben, Andres, nicht so bald! Wird es heute abend sein?«
»Das ist ihre Absicht«, sagte ich leise.
»Und wirst du mich nicht retten? Gibt es keine Möglichkeit? Du bist diesen Jaqqa-Fürsten ein Bruder; geh zu ihnen, bitte um mein Leben, erbitte eine Begnadigung, sage ihnen, daß sie mich statt dessen verbannen können, daß ich zum Kongo gehen werde, nach Benguela, wohin sie auch wollen, wenn sie mich nur am Leben lassen, Andres!«
»Ich habe um dein Leben gebeten. Es hat nichts genutzt.«
»Aber du hast Macht unter ihnen!«
»Ich schätze mich glücklich, von deiner Schuld nicht mit in den Abgrund gerissen worden zu sein, wie Kinguri es am liebsten gesehen hätte. Denn ich habe bei meiner Ehre erklärt, daß du keinen Verrat begehen würdest. Sie hätten alles Recht, mich für deine Tat zu bestrafen.«
»Was sollte ich denn tun? Zusehen, wie die Stadt überfallen wird und keine Warnung schicken?«
»Es war eine Torheit. Sie waren auf der Hut, daß du so etwas versuchen würdest.«
»Nun, was für eine Rolle spielt das jetzt noch? Ich bin des Todes«, sagte sie, völlig entmutigt und niedergeschlagen. »Du kannst mich nicht retten? Du willst es nicht?«
»Ich kann es nicht. Obwohl ich es versucht habe und bis zum letzten Augenblick weiterhin versuchen werde. Ich werde noch einmal mit dem Jaqqa-König sprechen, wenn er etwas Wein getrunken hat und sich unter seinen Frauen behaglich fühlt.«
»Du klingst nicht sehr hoffnungsvoll.«
»Ich werde versuchen, dich zu retten. Ich kann dir nicht versprechen, daß ich Erfolg habe.«
»Laß wenigstens nicht zu, daß sie mich verspeisen«, sagte sie.
»Falls es dazu kommt – falls ich nicht bewirken kann, daß dein Leben verschont wird –, werde ich den Imbe-Jaqqa bitten, dir ein christliches Begräbnis zu gewähren. Doch ich hoffe, daß es nicht dazu kommen wird.«
»O Andres, ich bin nicht bereit dafür! Ich liebe mein Leben. Weißt du, daß ich in Angola eine große Frau war? Ich war in dieser Stadt wie eine Königin. Sieh mich nun an! Ich bin in einer Woche zehn Jahre älter geworden. Meine Schönheit ist zerstört. Ich habe Angst, Andres. Ich hatte niemals vor etwas Angst, und nun bin ich eine wandelnde Furchtsäule und bestehe über die gesamte Länge meines Körpers nur noch aus Angst. Werde ich zur Hölle fahren, Andres?«
»Wenn du als Christin stirbst, brauchst du keine Angst davor zu haben.«
»Ich habe gesündigt. Ich habe die Sünden des Fleisches gekannt…«
»Dies waren Vereinigungen der Liebe, was keine Sünde ist.«
»Und andere Sünden, die des Stolzes, des Hochmuts. Ich habe dich verraten, den ich liebte. Ich habe überaus bösartige Lügen erzählt, um dir Schaden zuzufügen – ich habe dich geliebt, wußtest du das?«
»Aye, Teresa. Und ich empfand Liebe für dich. Vermischt mit einer gewissen Furcht, glaube ich, denn du warst so stark, so erschreckend in deiner Stärke.«
»Meine gesamte Stärke hat mich verlassen. Ich werde mich vor Angst vollmachen, wenn ich den Käfig verlasse, um getötet zu werden.«
»Das glaube ich nicht. Ich glaube, wenn es dazu kommen wird, wirst du dich gut halten. Wie eine Königin.«
»Wie eine englische Königin? Was haben die Königinnen deines Königs Harry gesagt und getan, als sie vortraten, um den Kopf zu verlieren?«
»Nun, damals war ich noch nicht geboren«, sagte ich, »doch es heißt, daß sie sehr mutig waren und ihrem Schicksal ohne das geringste Zittern entgegengesehen haben. Was auch auf die schottische Königin Maria zutrifft, die kurz bevor ich England verließ, hingerichtet wurde. Und du
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