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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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»Andres? Ist das Andres der Piloto, mit dem ich vor Jahren gefahren bin und der mir das Leben rettete, als ich auf dieser Teufelsklippe zu ertrinken drohte?«
    »Der gleiche«, sagte ich. »Innerlich und äußerlich sehr verändert und doch im Kern noch der gleiche, wie ich hoffe.«
    Wir umarmten uns, und er gab mir Wein, woran ich große Freude nahm, und Fleisch und Schiffszwieback, und versorgte auch meine Knaben. Ich fragte ihn, welche Neuigkeiten es in der Stadt gäbe, doch es waren keine großen. Cerveira Pereira sei noch Gouverneur, sagte er. Pereira Forjaz solle bald von Lissabon aus aufbrechen, doch so hieß es schon seit einem Jahr. »Ich kenne diesen kleinen Cerveira Pereira nicht gut«, erklärte Cabral, »denn ich war die beiden letzten Jahre über im Norden, auf São Tomé. Doch er ist sehr verhaßt, und ich glaube, man wird ihm nicht nachtrauern, wenn er geht.«
    »Ich bestimmt nicht«, sagte ich, »denn er verweigerte mir die Heimreise, als ich ihn darum bat.«
    Pinto Cabral lachte. »So war es doch immer bei dir, Andres, nicht wahr?« sagte er. »Doch deine Zeit wird kommen, und deine Brise wird dich schließlich doch noch heimwärts wehen.«
    »Möge Gott es gewähren, Freund«, sagte ich.
    Ich fragte ihn nach seinem Bruder Nicolau, meinem Partner. Doch hier waren die Nachrichten traurig: Denn dieser vertrauenswürdige Mann war tot, bei einem Streit auf der Straße erschlagen. Dies bedrückte mich sehr, sowohl weil ich diesen Mann in der kurzen Zeit, die ich ihn gekannt hatte, sehr gut leiden gemocht hatte, als auch weil ich ihm den größten Teil meines Goldes zur Aufbewahrung anvertraut hatte, das nun sicherlich verloren war. Von meinem Schatz dort war nur noch die Börse an meinem Gürtel geblieben, die ich klüglich mit einigen Goldstücken gefüllt hatte, als ich aus São Paulo de Luanda geflohen war. Und Pinto Cabral, der mein Elend erkannte, gab mir auch noch ein paar Goldstücke.
    Er kehrte nach São Tomé zurück, um Sklaven an Bord zu nehmen. Doch weil wir Schiffskameraden gewesen waren, erbarmte er sich meiner, brachte mich nach Loango und setzte mich in diesem Hafen an Land, den ich schon einmal mit ihm besucht hatte, als ich damals der Lotse der Pinasse des Gouverneurs gewesen war; und dort ließ er mich zurück.
    Ich erinnerte mich gut an diesen Ort, wo ich das Coccodrillo gesehen hatte, das die acht Sklaven gefressen hatte, und den toten Jaqqa, den alle so fürchteten, und den Friedhof der Könige und andere Wunder, die mich damals, als ich neu in diesem Land gewesen war, so tief beeindruckt hatten. Nun ging ich ruhig wie ein Baum die drei Meilen vom Ufer zur Stadt, und als ich die Menschen dieses Ortes sah, grüßte ich sie, hieß ihnen überaus fließend in ihrer eigenen Zunge einen guten Morgen und betrat die Stadt, als sei ich einer ihrer Bürger, der nun heimkehrte.
    Ich erinnerte mich an sie, als hätte ich sie erst gestern gesehen: das große Haus des Maloangos oder Königs und die breite Straße zum Markt, und zur Audienzzeit ging ich zum Maloango, setzte mich vor dem König nieder, der der gleiche war wie bei meinem letzten Besuch, aber viel älter und mit weißem Haar, und ich rief »Nzambi! Ampungu!« zum Gruß, was bedeutete: »O höchster Gott.«
    Woraufhin er diese Begrüßung erwiderte, die mir einst so geheimnisvoll vorgekommen war: »Byani ampembe mpolo, muneya ka zinga«, was bedeutete: »Mein Gefährte, das weiße Gesicht, hat sich aus der Erde erhoben und wird nicht lange leben«, was sich sehr seltsam anhörte, aber nur eine rituelle Phrase war.
    »Kommst du, um Handel zu treiben?« fragte er dann.
    »Nay, ich komme, um hier Schutz zu suchen vor dem Zorn der Portugiesen, die nicht wollen, daß ich in mein Heimatland zurückkehre. Und ich war schon einmal hier, als mein Haar noch golden war.«
    Da erinnerte sich dieser König Maloango Njimbe an mich und sprach von der Zeit, als ich im Meer getaucht hatte, um das Mokisso- Idol zu bergen, das sie dort fallen gelassen hatten. Und dann trat ein anderer vor, der sich an mich erinnerte, nämlich dieser weißhäutige Ndundu- Hexer mit den roten Augen, die mich vor langer Zeit geschaut und meine Seele mit großer Kälte gefüllt hatten. Dieses Geschöpf war nun von hohem Alter, verrunzelt und schrecklich anzusehen, und er schlurfte vor, um mich zu betrachten.
    Schließlich sagte er: »Du bist der weiße Jaqqa.«
    »Aye, so hast du mich einst genannt, doch ich habe es nicht verstanden.«
    »Doch nun ist dir das Verständnis

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