Herr der Finsternis
sind sie sehr gefährlich, weil von überaus hitzigem Temperament. Ich glaube, sie leiden unter der Größe ihrer Köpfe, die überaus extrem ist, und dies macht sie ungehobelt; denn sie schnauben und schnappen und beißen nach allem, obwohl man sie sonst für so friedlich wie Schweine halten könnte. Abgesehen vom Elephanto sind sie die größten Geschöpfe in diesem Land. Die Klauen ihrer linken Vorderbeine sollen von großer Heilkraft sein. Die Portugiesen machen Ringe aus ihnen, die ein sofortiges Heilmittel gegen die Ruhr sein sollen. Ich habe viele dieser Tiere gesehen und bin ihnen im großen Bogen ausgewichen, denn ich fürchtete sie mehr als die Coccodrillos, die hier auch nicht unbekannt sind.
Nachdem ich sechs Monate von getrocknetem Fleisch und Fisch gelebt und meine Bleibe mit Hippopotami und Coccodrillos geteilt hatte und kein Ende meines Elends abzusehen war, überlegte ich mir, ob ich den See nicht verlassen sollte. Denn obwohl ich hier in Ruhe und Frieden verweilte und sich eine seltsame Gelassenheit auf meine Seele gelegt hatte, die wohl von einem tiefen und völligen Mangel an Erlebnissen herrührte, hoffte ich doch noch auf eine Möglichkeit, woanders zu leben oder meine lange unterbrochene Heimreise fortzusetzen. Denn obwohl ich wie ein wandernder Odysseus dieses Jahr unter den Lotusessern und das nächste auf der Insel Calypso verbringen konnte, träumte ich doch immer vom eigenen Herd und Bett im Land meiner Geburt, selbst wenn dieses Land mir mittlerweile so fremd wie ein jedes andere auf der Welt geworden sein sollte.
So schickte ich mich zum Aufbruch an. Im See Kasanza gibt es viele kleine Inseln, die voller Bäume namens Bimba stehen, die so leicht und weich wie Kork sind. Aus diesen Bäumen baute ich mir mit einem Messer der Wilden, das ich bei mir hatte, ein Janqada oder Floß, eine Art mit hölzernen Pflöcken vernagelten Kasten, den ich mit einer Reling umzog, so daß die Wellen mich nicht von Bord spülen konnten; und ich schnitzte mir drei Ruder und machte aus einem Tuch, das ich hatte, ein Segel.
Dieser See Kasanza ist acht Meilen lang und öffnet sich in den Fluß Mbengu. So bestieg ich also mit meinen beiden Negerknaben das Floß, ruderte in den Fluß Mbengu hinein und trieb mit der Strömung zwölf Meilen hinab zu der Barre, die in der Flußmündung liegt. Hier war ich in großer Gefahr, denn die See ging schwer, und als meine Knaben sahen, wie sich die Wellen hoben, schrien sie und befürchteten, ihre letzte Stunde sei gekommen.
»Habt keine Angst«, sagte ich ihnen gelassen, »denn ich bin Andrew Battell, der einer großen Linie von Seefahrern entstammt, die Lotsen des Trinity House sind.«
Lange nach diesen Geschehnissen gestehe ich nun ein, daß auch ich damals Furcht empfand; doch ich konnte nicht glauben, daß Gott, mein treusorgender Vater, der mich so lange und in so vielen Gefahren behütet hatte, nun beabsichtigte, mich in diese Brandung zu werfen. Und ich brachte mein Floß sicher über die Barre, fuhr aufs Meer hinaus und segelte dann vor dem Wind die Küste entlang, die ich sehr gut kannte; und ich beabsichtigte, ins Königreich Loango zu fahren, das im Norden lag.
Und warum fuhr ich nicht nach São Paulo de Luanda? Ach, ich wußte doch nicht, was sich dort zugetragen hatte, bis auf die Tatsache, daß Manoel Cerveira Pereira aller Wahrscheinlichkeit nach noch Gouverneur und er mein Feind war. Es erschien mir viel klüger, das Risiko der Fahrt auf diesem kleinen Floß einzugehen und mich vom Wind die Küste hinaufwehen zu lassen, anstatt in dieser Stadt meinen Kopf wieder zwischen die Kiefer des Löwen zu stecken. Und wenn ich den Rest meiner Tage in Loango verbringen und England niemals wiedersehen sollte, nun, dann ließ sich daran nichts ändern, doch zumindest entzog ich mich so den Portugiesen, die mich getötet hätten.
So fuhr ich also den ganzen Tag und die ganze Nacht über nordwärts, und die Knaben mit mir.
Am nächsten Tag sah ich, wie eine Pinasse vor dem Wind segelte, die von der Stadt São Paulo de Luanda kam und Kurs auf mich hielt. Es gab keine Flucht vor diesem Schiff, und so wartete ich ab, was geschehen würde, bereit, mein Leben teuer zu verkaufen, falls es dazu kommen sollte. Doch als die Portugiesen näher kamen und mich begrüßten, waren mein Erstaunen und meine Freude groß, denn der Kapitän dieses Schiffes war mein guter Freund Pinto Cabral aus alten Tagen, der ältere Bruder Nicolaus. Er musterte mich von oben bis unten und sagte:
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