Herr der Finsternis
bis der neue Gouverneur eingetroffen war, und dann in die Stadt zurückzukehren. Denn ein jeder Gouverneur, der neu eintrifft, erläßt eine Proklamation für alle Männer, die Fahnenflucht begangen haben, daß sie begnadigt werden, wenn sie zurückkehren. Und ich war mir sicher, daß dieser Pereira Forjaz mir die Erlaubnis geben würde, nach Hause zurückzukehren, da ich für ihn ohne Nutzen oder Bedeutung war.
In der gleichen Nacht noch floh ich mit meinen beiden Negerknaben, die meine Muskete, sechs Pfund Pulver, einhundert Schuß Munition und den wenigen Proviant trugen, den ich mir hatte beschaffen können, aus São Paulo de Luanda. Am Morgen war ich etwa zwanzig Meilen von der Stadt entfernt am Ufer des Flusses Mbengu, und dort blieb ich ein paar Tage, überquerte den Mbengu dann und kam zum Fluß Dande, der nordwärts verläuft.
Hier war ich in der Nähe des Weges zum Kongo, den ich im Jahr zuvor auf meiner Reise mit Nicolau Cabral eingeschlagen hatte und den tagtäglich Händler passierten. Ich schickte einen meiner Negersklaven aus, um diese Händler zu befragen, was es Neues in der Stadt gebe.
Der Knabe kehrte bald darauf zurück. »Es gibt nichts Neues«, sagte er.
»Und was ist mit dem neuen Gouverneur?«
»Er ist nicht gekommen. Der alte herrscht immer noch, und es ist sicher, daß der neue dieses Jahr nicht mehr kommen wird.«
Bei diesen schrecklichen Nachrichten wurde mir ganz schwer ums Herz.
Nun konnte ich mir überlegen, ob ich in die Stadt zurückkehren und an den Galgen kommen oder bleiben und im Urwald leben wollte. Denn ich war schon einmal geflohen, und sie hatten es nicht einfach hingenommen; und diesmal hatte ich ein großes Verbrechen begangen, denn Cerveira Pereira hatte mir befohlen, in den Krieg zu ziehen, und ich hatte statt dessen Fahnenflucht begangen. Was konnte ich tun? In die Stadt zurückkehren und zu ihm sagen: »Ich habe euch Portugiesen mein halbes Leben geschenkt, und das ist genug. Ich werde euch nicht länger dienen, also laßt mich bitte nach Hause zurückkehren.« Er würde auf seine üble Art lachen und erwidern, ich sei vor dem Feldzug gegen die Jaqqas fahnenflüchtig und müsse deshalb sterben. Bei Gottes Blut, dies genügte, um mich wieder auf die Seite der Jaqqas zu treiben und sie in ihrem Krieg gegen die ganze Menschheit zu unterstützen!
Doch ich bewahrte die Ruhe und tat nichts davon.
Und so war ich gezwungen, einen Monat lang zwischen den Flüssen Dande und Mbengu im Urwald zu leben. Dann ging ich wieder zum Mbengu, überquerte den Fluß in der Nähe eines Ortes namens Mani Kaswea und ging zum See Kasanza, wo ich schon einmal Zuflucht gefunden hatte. Das war damals gewesen, als ich mit dem Zigeuner Cristovão aus dem Kerker von Masanganu geflohen war, was achthundert Jahre zurückzuliegen schien.
Da es am See Kasanza solch einen Wildreichtum gab, ließ es sich dort recht gut leben. An diesem See blieb ich sechs Monate und jagte die Tiere mit meiner Muskete, solche Geschöpfe etwa wie Büffel, Rehe, Mokoken, Impolancas, Rehböcke und andere. Das Mokoke ist ein sehr großes graues Tier, das überaus grazil und schnell ist, und das Impolanca ist ein ähnliches Tier, das einem Reh ähnelt. Nachdem ich die Tiere getötet hatte, trocknete ich das Fleisch, wie die Wilden es tun, auf einem Rost drei Fuß über dem Erdboden, und auf das große Feuer legte ich fleischige grüne Blätter, die den Rauch und die Wärme des Feuers niederhielten. Ich machte mir auf Art der Wilden mit zwei kleinen Stöcken Feuer. Manchmal bekam ich auch Guinea-Weizen zu essen, den einer meiner Negerknaben bei den Einwohnern der in der Nähe befindlichen Stadt Kasanza gegen Stücke getrockneten Fleisches eintauschte.
Im See Kasanza wimmelt es vor Fischen mannigfaltiger Art, die meinen Speiseplan bereicherten. Einmal sah ich einen Fisch, der aus dem Wasser ans Ufer gesprungen war; er war vier Fuß lang, und die Heiden nennen ihn Nsombo. Dieser Fisch ist lang und schlangenähnlich und gibt eine Art Ausstrahlung oder Kraft von sich, die sich, wenn man so kühn sein sollte, ihn anzufassen, ganz wie ein Blitzschlag anfühlt. Doch mit dem Leben verläßt auch diese jupiterähnliche Kraft den Nsombo, und sein Fleisch ist von außerordentlichem Wohlgeschmack.
Die größte Gefahr dieses Sees ist nicht der Nsombo -Fisch , sondern das Flußpferd oder Hippopotamus, das besonders in der Nacht am Ufer entlangwandert. Diese Geschöpfe fressen immer an Land und ernähren sich nur von Gras. Im Wasser
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