Herr der Finsternis
englische Nation nun unter der Herrschaft von König James stand oder von König Peter oder von König Calandola, hatte keine Bedeutung mehr für mich. Trugen die Engländer nun schottische Gewänder? Wurden die Shilling-Münzen dieser Tage aus Ton geprägt? War London ins Meer gestürzt? Nun, es war mir alles einerlei: fremd, wie ein Traum. Ich war zufrieden. Ich hatte meine Reise gemacht, und ich war zur Ruhe gekommen.
Dann marschierte eines Tages eine Gruppe Portugiesen in die Stadt Loango, und an ihrer Spitze schritt Pinto Cabral, der von einer anderen Reise von São Tomé nach São Paulo de Luanda zurückkehrte und gekommen war, um nach mir zu suchen.
Ich wurde geholt. Ich ging in meinem Palmtuch-Hemd und mit meiner Muschelkette zu ihm, was ihn erstaunte. Doch er lachte, umarmte mich und sagte: »Endlich finden wir dich! Wir haben auf unserem Weg nach Norden hier haltgemacht, doch du warst auf der Jagd unterwegs. Ich habe gute Nachrichten für dich, Andres.«
»Und was sind dies für Nachrichten?«
»Nun, daß Gouverneur Pereira Forjaz dich sucht, um dich nach England zurückzuschicken! Deine Geschichte ist ihm bekannt, und er hat an der ganzen Küste die Nachricht verbreitet, daß er dir eine Begnadigung gewährt hat.«
»Nay, es ist ein Scherz«, sagte ich. »Sie werden mich ergreifen und mich gegen König Ngola in den Krieg schicken oder in einen anderen solchen Dienst zwingen. Oder mich bei ihrer Reise zum antarktischen Pol zum Lotsen machen. Es kann nicht sein, daß ich begnadigt wurde.«
»Zu viel Unglück hat dich verhärten lassen«, erwiderte Cabral. »Bei Gott, es ist die Wahrheit.«
Ich lachte darüber.
»Warum lachst du, Andres?«
»Ich lache, weil es mir gleichgültig geworden ist«, erwiderte ich. »Es ist immer so, daß uns unsere tiefsten Wünsche gewährt werden, wenn sie kein Gewicht mehr haben. Ich bin hier glücklich. Mein Leben ist friedlich. Dieser Ort ist mir ein guter Hafen. Und nun kommst du und sagst, ich bin begnadigt worden, ich bin frei, ein Schiff wartet darauf, mich nach Hause zu bringen. Nach Hause? Wo ist meine Heimat? Manchmal glaube ich, Loango ist meine Heimat.«
Pinto Cabral wurde daraufhin sehr ernst, musterte mich eingehend und ergriff meine Hand.
»Ist dem so? Sollen wir dich hier zurücklassen, alter Freund?«
Ich antwortete nicht sofort darauf. Ich war mir nicht sicher.
»Es ist mir gleich, ob du bleibst oder mitkommst, wenn du nur glücklich bist«, sagte er. »Ich möchte dich nicht von diesem Ort fortzerren.«
»Nay«, erwiderte ich nach einem langen Augenblick. »Nay, ich bin alt und töricht, und ich weiß nicht, was ich sage. Doch, ich möchte nach England. Bring mich von hier fort! Natürlich, nimm mich mit, Freund Cabral, nimm mich mit und schicke mich auf den Weg nach England, denn das ist es, was ich will, und sonst nichts.«
»Bist du dir sicher?«
»Ich bin mir sicher«, sagte ich.
Und ich war es mir auch, nach diesem Augenblick des Zögerns; denn Andrew Battell, der in mir geschlafen hatte, war erwacht und sagte mir: Du bist ein Engländer, du bist kein Mann dieser schwarzen Welt, kein Jaqqa, kein Ndundu, du bist Andrew Battell aus Leigh in Essex, also lege deine Perlen und dein Palmtuch ab und fahre in die Stadt und kehre nach England zurück, wo das ganze Jahr über kalter Regen fällt, und sitze dort am Feuer und erzähle deine Geschichten hellhaarigen Kindern, die mit großen Augen zu deinen Füßen kauern. Und ich hörte diese Stimme in mir, die diese und andere Dinge sagte, und meine Kraft kehrte zurück, und meine Entschlossenheit schärfte sich, und es kehrte auch die Vernunft zurück, die mir sagte, wer ich war und wo ich nach Gottes Willen leben sollte.
Und ich gab mein Leben in Loango auf und kehrte mit Pinto Cabral nach São Paulo de Luanda zurück.
4
Diesmal wurde kein Verrat an mir geübt. Diesmal verfuhren sie höchst ehrbar mit mir.
Gouverneur Cerveira Pereira war nach Lissabon zurückgekehrt, um sich gewissen höchst schwerwiegenden Anklagen bezüglich seiner Herrschaft in Angola zu stellen, und Pereira Forjaz war nun Gouverneur. Cabral sagte, daß dieser Mann nicht besser gelitten wurde als sein Vorgänger, denn er belegte die Stammeshäuptlinge mit hohen Steuern und wirtschaftete dieses Geld in seine Taschen und die seiner Günstlinge. Doch diese Dinge waren nur Dunst für mich; und für mich war dieser Pereira Forjaz ein wahrhaftiger Heiliger und ein Solomon der Weisheit. Denn er sagte zu mir: »Ich habe in Eure
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