Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr Der Fliegen

Herr Der Fliegen

Titel: Herr Der Fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
Vom Netzwerk:
alle Mut. Aber dann? Und jetzt hockt das Ding beim Feuer, als ob’s nicht wollte, daß wir gerettet werden –«
    Er rang unbewußt die Hände. Seine Stimme wurde lauter. »Wir können also kein Signalfeuer mehr anmachen … Wir sind erledigt.« ein goldener Punkt erhob sich über das Meer, und mit einem Schlag war der Himmel hell.
    »Und meine Jäger?«
    »Ja, ihr mit euren Holzstöcken!«
    Jack sprang auf. er war rot im Gesicht, als er davonging. Piggy setzte seine halbe Brille auf und sah Ralph an. »Da hast du’s! Jetzt hast du ihm auf’n Schlips getreten mit seinen Jägern.«
    »Ach sei ruhig!«
    Der Klang des von einem Unkundigen geblasenen Muschelhorns ließ sie verstummen. Jack blies weiter, als spiele er der emporsteigenden Sonne auf, bis es in den Hütten lebendig wurde; und die Jäger stapften zur Plattform, und die Kleinen wimmerten, wie es jetzt so oft vorkam. Ralph erhob sich gehorsam und ging mit Piggy und den andern zur Plattform.
    »Nur geredet wird«, sagte Ralph erbittert, »nichts als geredet.« er nahm Jack die Muschel ab. »Diese Versammlung –«
    Jack unterbrach ihn. »Ich hab sie einberufen!«
    »Wenn du sie nicht einberufen hättest, hätte ich’s getan. Du hast nur geblasen.«
    »Darauf kommt’s aber doch an, oder?«
    »Ach da! red, wenn du willst!«
    Er warf Jack die Muschel in die Arme und setzte sich auf den Stamm.
    »Ich hab eine Versammlung einberufen, es gibt da verschiedenes –«, sagte Jack. »Zunächst – wie ihr jetzt wißt – wir haben das wilde Tier gesehen. Wir sind raufgekrochen. Wir waren ganz dicht dran. Das Tier hat sich aufgerichtet und hat uns angesehn. Ich weiß nicht, was es macht. Wir wissen nicht mal, was es für’n Tier ist –«
    »Das Tier kommt aus dem Meer –«
    »Es kommt, wenn’s dunkel ist –«
    »Aus den Bäumen –«
    »Ruhe!« schrie Jack. »Ihr habt zuzuhören. Das Tier oder was es ist sitzt da oben –«
    »Es wartet vielleicht ab –«
    »Oder es geht jagen.«
    »Ja, es geht jagen.«
    »Es geht jagen«, sagte Jack.
    Er dachte an das Grauen, das ihn im Walde überkommen hatte.
    »Ja, das wilde Tier geht auf Jagd. Bloß – ruhe jetzt! Zweitens: es wird gesagt, wir könnten es nicht töten. Drittens: Ralph hat gesagt, meine Jäger würden nichts taugen.«
    »Das hab ich nicht gesagt!«
    »Ich hab die Muschel. Ralph meint, ihr wärt Feiglinge, die vor dem Eber und dem Tier ausreißen. Und das ist noch nicht alles.«
    Es ging wie ein Seufzen über die Plattform, als hätte jeder gewußt, was kam. Jack sprach weiter; mit bebender Stimme, aber zielbewußt, kämpfte er gegen das abweisende Schweigen an.
    »Er ist wie Piggy. er redet genau wie Piggy. er ist kein richtiger Anführer.«
    Er deutete mit der Muschel auf ihn.
    »Er ist selbst ein Feigling!«
    Er hielt kurz inne und fuhr dann fort.
    »Oben, als wir weiter sind, Roger und ich – da ist er zurückgeblieben.«
    »Ich bin auch hin!«
    »Aber erst später.« Die beiden starrten einander durch ihre Haarfransen an. »Ich bin auch rauf«, sagte Ralph, »dann bin ich fortgerannt, und ihr auch.«
    »Dann sag bloß, ich wär’n Feigling!«
    Jack wandte sich an die Jäger.
    »Er ist kein Jäger. er hätte uns nie Fleisch beschafft. er ist kein Aufsichtsschüler, und wir wissen gar nichts von ihm. er gibt da bloß an und meint, alles muß einfach tun, was er sagt. Das ganze Gerede –«
    »Das ganze Gerede!« schrie Ralph. »Gerede! Gerede! Wer hat’s denn gewollt? Wer hat die Versammlung gewollt?«
    Hochrot im Gesicht drehte Jack sich um. Sein Mund bebte, und seine Augen funkelten unter den Brauen hervor.
    »Gut«, sagte er mit schwerer, drohender Stimme, »also gut.« er hielt das Muschelhorn mit der einen Hand an die Brust gepreßt, und sein Zeigefinger schoß vor. »Wer ist dafür, daß Ralph kein Anführer mehr sein soll?«
    Er sah erwartungsvoll den Kreis der Jungen an, die wie erstarrt dasaßen. Tödliches Schweigen lastete unter den Palmen.
    »Hände hoch«, sagte Jack mit fester Stimme, »wer will Ralph nicht mehr als Anführer?«
    Das Schweigen hielt an. Atemlos und schwer und voll Scham. Langsam wich das rot aus Jacks Wangen und kam qualvoll schnell wieder zurück. er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und wandte seinen Kopf zur Seite, so daß er keinem in die Augen sehen mußte.
    »Wieviel sind dafür, daß –«
    Seine Stimme brach ab. Die Hände, die die Muschel hielten, zitterten. er räusperte sich und sagte laut:
    »Also gut.«
    Er legte die Muschel behutsam vor sich ins Gras.

Weitere Kostenlose Bücher