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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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Hand gehen würde.“
    „Hat Machokali gesagt, Kaniũrũ würde dein Gehilfe sein?“
    „Ich bin davon ausgegangen.“
    „Warum?“
    „Was soll ein Stellvertreter anderes sein? Er hält den Stuhl warm, wenn der Verantwortliche mal nicht da ist, oder?“
    „Wie oft muss ich eigentlich sagen, dass du meine Fragen nicht mit Gegenfragen beantworten sollst? Ich warne dich. Kann es sein, dass der eigentliche Grund, warum du dich geweigert hast, der Vorladung durch den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses zum Schlangenwahn Folge zu leisten, darin liegt, ihn nur als Gehilfen angesehen zu haben? Hast du es etwa gewagt, auf jemanden herabzusehen, der vom Herrscher höchstpersönlich auf seinen Posten berufen worden ist? Oder hattest du Angst, vor dem Ausschuss zu erscheinen?“
    „Nein, ich hatte nichts zu verbergen.“
    „Hast du im letzten Verhör nicht dasselbe gesagt? Und trotzdem hast du heute eine ganze Menge über den Herrn der Krähen rausgelassen.“
    „Das stimmt. Aber jetzt sage ich die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit, so wahr mir Gott helfe.“
    „Und woher soll ich das wissen? Wenn du keine Angst hattest, vor dem Ausschuss zu erscheinen, dann bleibt als einziger Grund für dein Fernbleiben die Missachtung des Vorsitzenden, der Wahl des Herrschers.“
    „Nein, nein!“, antwortete Tajirika aufgeschreckt. „Fragen Sie Machokali selbst – er wird es bestätigen, ich war wegen der Ernennung eines Stellvertreters alles andere als erbost. Im Gegenteil. Durch diese Unterstützung hatte ich die Möglichkeit, ihm vorzuschlagen, dass vielleicht auch ich Mitglied der Delegation sein sollte, die in die USA reist. Es war Machokali, der das für keine gute Idee hielt.“
    „Warum nicht?“
    „Ich kann mich nicht mehr genau an die Begründung erinnern. Er hat davon gesprochen, ich solle in der Zeit seiner Abwesenheit seine Augen und Ohren sein.“
    „Hat er wirklich von Augen und Ohren gesprochen? Bist du dir sicher?“
    „Ich bin mir sicher, dass er diese Körperteile erwähnt hat.“
    „Und was hat er damit gemeint? Hast du schon mal vom M5 gehört?“
    „Ja, natürlich. Seiner Allmächtigkeit Ohren, Augen, Nasen, Beine und Hände?“
    „Also hatte er die Absicht, seinen eigenen M5 zu bilden?“
    „Ich glaube nicht, dass er das so gemeint hat.“
    „Warum nicht? Konntest du seine Gedanken lesen?“
    „Nein.“
    „Warum verteidigst du ihn dann?“
    „Ich versuche nicht, ihn zu verteidigen …“
    „Bist du sicher, dass er dich nicht mit dem Auftrag zurückgelassen hat, ein Netzwerk aus Augen, Ohren, Nasen, Beinen und Händen zu organisieren, das dem des Herrschers Konkurrenz macht?“
    „Da bin ich mir sicher.“
    „Ist das alles, worüber ihr gesprochen habt?“
    „Ja.“
    „Sicher?“
    „Ganz sicher.“
    „Wo hatte er geparkt?“
    „Er war nicht mit dem Wagen da.“
    „Wie meinst du das? Kam er zu Fuß? Oder mit dem Bus, auf einem Eselskarren, in einer Rikscha, einem matatu , einem mbondambonda oder einer mkokoteni ?“
    „Ich glaube, er ist mit dem Taxi gekommen.“
    „Tajirika, hältst du die Regierung für einen Haufen von Idioten? Willst du uns weismachen, dass der Minister für Auswärtige Angelegenheiten, vollauf beschäftigt damit, die Amerikareise vorzubereiten, sich dennoch die Zeit gönnte, bei dir aufzukreuzen, nur um Auf Wiedersehen zu sagen, zu hören, welche Fragen Vinjinia während ihrer Gefangenschaft gestellt wurden und dich über Kaniũrũs Ernennung zu deinem Stellvertreter zu informieren? Hältst du das für eine glaubwürdige Geschichte? Was Vinjinia angeht, hätte er alles erfahren können, indem er sich einfach die Akten ansieht. Um sich zu verabschieden und dir von deinem Stellvertreter zu erzählen, hätte er nur anzurufen brauchen. Und warum hat er statt seines Mercedes ein Taxi genommen? Du solltest besser mit den Einzelheiten über den geplanten Sturz der legitimen Regierung unseres Herrschers rausrücken!“
    „Ich? Über den Sturz der Regierung des Herrschers reden? Niemals, weder damals noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt haben Machokali und ich über so etwas gesprochen …“
    „Du wirst uns alles gestehen. Der Mund, der uns vom Herrn der Krähen erzählt hat, wird uns jetzt über die Pläne gegen die Regierung berichten, die du und dein Freund im Mars Café ausgeheckt hat.“
    Kaum waren diese Worte verklungen, verschwand der Lichtkreis und Tajirika wurde in die Finsternis gezerrt. Sie folterten ihn Tag und Nacht. Mit Nadeln und

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