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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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Peitschen, Waterboarding und Elektroschocks. Und jede Folterhandlung wurde von einem Hagel von Fragen über den bevorstehenden Staatsstreich begleitet, den er und Machokali geplant hätten. Aber Tajirika weigerte sich zu gestehen. Er schrie nur immer wieder heraus, was er ihnen bereits gesagt hatte: „Das war das letzte Mal, dass ich Machokali gesehen habe. Er hat mich nicht ein einziges Mal aus Amerika angerufen …“
    Er rief: „Bitte, bitte, foltert mich nicht für Dinge, die ich nie gesagt oder getan habe“, doch tief in seinem Innersten freute er sich darüber, nichts über die drei Geldsäcke gesagt zu haben, und er hatte ihren Versuchen widerstanden, ihn zu der Aussage zu zwingen, Machokali hätte gegen den Herrscher intrigiert.
    Trotzdem ging es Tag und Nacht weiter; er wurde von unsichtbaren Händen gefoltert, bis er schließlich zusammenbrach und bewusstlos liegen blieb.

19
    Als er wieder zu sich kam, befand er sich in einem Bett mit weicher Matratze und Kissen, zwischen sauberen, weißen Laken und einer Decke. Ein Fenster ließ Tageslicht herein. Er traute seinen Augen nicht. Er stieg aus dem Bett. Schmerzen schossen ihm in die Knie, und er stolperte zum Fenster und versuchte, es zu öffnen. Seine Finger brannten, und er konnte nicht richtig zufassen, aber schließlich gelang es ihm. Als er durch das Schutzgitter schaute, erkannte er auf der anderen Seite des Hofes die Mauern weiterer Gebäude. Er ließ den Blick durch sein neues Zimmer schweifen. In einer Ecke entdeckte er ein Waschbecken und daneben Dusche und Toilette. Er hatte das Bedürfnis, sich zu erleichtern, und kurz darauf spürte er, wie sich sein Körper entspannte. Nein, er war nicht tot. Als Nächstes zog er sich aus, warf seine Kleider auf dem Boden und duschte leidenschaftlich. Er wollte gerade die Sachen wieder anziehen, als er in einer anderen Ecke einen Tisch mit zwei Stühlen sah. Zu seiner Überraschung hing ein Anzug über einem Stuhl. Er probierte ihn an. Es war zweifellos seiner, doch ausgezehrt, wie er durch die Folter war, war der Anzug jetzt eine Nummer zu groß. Was war hier los? Seine Augen wanderten zur Tür. Vielleicht ließ sie sich öffnen? Vielleicht entließ man ihn heimlich? War der Herrscher zurück? Hatte die Angst vor dem, was sein Freund Machokali ihnen antun würde, seine Folterer zur Aufgabe gezwungen?
    Als er zur Tür trat, öffnete sie sich von selbst. Tajirika wusste nicht, ob er vor Freude laut aufschreien oder Njoya, der nun eintrat und die Tür sorgfältig hinter sich schloss, vor Wut anschreien sollte.
    „Sie haben also Ihre Sachen gefunden?“, sagte Njoya, als reagierte er damit auf die Verblüffung in Tajirikas Gesicht. „Vinjinia, Ihre Frau, hat sie geschickt. Haben Sie sie gebeten, sie zu schicken?“
    „Nein“, antwortete Tajirika schroff.
    „Na ja, Frauen und Kleider! Es tut mir so leid, Mr. Tajirika. Ich weiß, ich hätte früher zurück sein sollen – ein Mann muss schließlich zu seinem Wort stehen, nicht wahr –, aber jedes Mal, wenn ich nach Ihnen gefragt habe, hat man mir gesagt, dass Sie tief und fest schlafen.“
    „What do you mean?“, fragte Tajirika. „Hat Ihnen niemand gesagt, was man mir angetan hat? Selbst die Esel auf dem Markt in Santamaria werden weniger grausam behandelt.“
    „Tatsächlich? Take it easy. Kommen Sie, wir setzen uns, und Sie erzählen mir alles. Haben Sie eigentlich heute schon etwas gegessen? Wie wär’s mit einem Frühstück?“ Zwei Männer betraten das Zimmer. Sie brachten Eier, Brot und Würstchen und eine dampfende Kanne mit Tee, stellten alles auf den Tisch und gingen wieder hinaus. Tajirika wurde vom Hunger überwältigt, und während er aß, konnte Njoya dabei zusehen, wie das Essen Tajirikas Feindseligkeit schwinden ließ.
    „Meine Nägel schmerzen. Meine Knie brennen wie Feuer von den Schlägen“, klagte Tajirika und wischte sich mit dem Handrücken der Rechten den Schweiß von der Stirn. „Und Sie behaupten, nichts von alldem zu wissen?“
    „Man kann nicht immer wissen, was die Untergebenen im Schilde führen, wenn man selbst nicht da ist, nicht wahr? Sie haben selbst gesagt, dass Sie nicht wussten, dass Nyawĩra …“
    „Ist Kahiga Ihr Untergebener?“, fragte Tajirika schnell, um die Unterhaltung vom Thema Nyawĩra abzulenken.
    „Superintendent Kahiga? Oh, Sie Ärmster, den hat man zu Ihnen geschickt? Soll ich Ihnen ein Geheimnis verraten? Über diesen Officer? Er ist vollkommen verrückt. Er hat in seinen Verhören schon viele

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