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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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hinzu.
    „Drei große Säcke Dollars am Tag“, wiederholte der Herrscher.
    „Mindestens zwei- oder dreimal täglich“, sagte Tajirika.
    „Das sind mindestens sechs bis neun Säcke mit Dollars am Tag. Sikiokuu, wie viele Monate ist es her, seit dein Kaniũrũ den Stellvertretenden Vorsitz von Marching to Heaven übernommen hat?“
    Statt zu antworten, stand Sikiokuu auf, um ein weiteres Mal zu leugnen, dass er mit diesen Umschlägen zu tun hatte. Wieder und wieder schwor er, zum ersten Mal von diesen Vorgängen zu hören, und fasste sich zur Betonung an die Ohrläppchen.
    „Aber ich werde eine Untersuchung einleiten. Ich werde der Sache auf den Grund gehen. Morgen setze ich eine Ermittlungseinheit darauf an“, sagte Sikiokuu, dem die Adern am Hals pochten.
    „Nein, nicht erst morgen“, sprach der Herrscher. „Ich brauche jemanden, den ich zur Verantwortung ziehen kann. Ich werde sofort nach diesem Kaniũrũ schicken.“
    „Ja, ja“, sagte Sikiokuu begeistert. „Lassen Sie ihn kommen, damit er die dreisten Lügen einiger Leute und ihrer gerissenen Freunde aufdeckt“, fügte er hinzu und bezog sich offensichtlich auf Tajirika und Machokali.
    Der Herrscher gab telefonisch die Anweisung, dass Kaniũrũ unverzüglich ausfindig zu machen sei, wo immer er sich auch aufhalte, selbst wenn das bedeute, einen Hubschrauber zu schicken, um ihn ins State House zu bringen.
    Sikiokuu war glücklich über diese Wendung. Wenn es jemanden gab, dessen Loyalität sich Sikiokuu sicher war, dann war es John Kaniũrũ. Er hatte dem Jugendbrigadisten viele Gefallen getan, ihn vom einfachen Lehrer im Polytechnikum zu einer einflussreichen Persönlichkeit im Land gemacht. Es war unmöglich, dass Kaniũrũ so viel Geld gemacht hatte, ohne es ihm zu sagen und mit ihm zu teilen. Tajirikas Lügen werden ans Licht kommen, sinnierte er, und an wen wird sich dieser Verräter dann wenden? Und gerade als er innerlich triumphierend lachte und sich vorstellte, wie Tajirika mit eingezogenem Schwanz den Rückzug antrat, hörte Sikiokuu Tajirika sagen:
    „Das ist derselbe Kaniũrũ, der eine Bande von Kriminellen anführt, die meine Frau entführt und geschlagen haben.“
    „Wieso? Haben die etwas miteinander?“, fragte der Herrscher.
    „Nein! Nein!“, protestierte Tajirika und begann, seine Geschichte zu erzählen.
    Als er berichtete, wie Vinjinia gedemütigt worden war, brach in Erinnerung an diese Schande seine Stimme, und nachdem er geendet hatte, herrschte einige Sekunden lang beklemmende Stille im Raum. Keiner konnte sich der Aufrichtigkeit in seiner Stimme entziehen. Der Herrscher durchbrach die Beklemmung durch einen misstrauischen Blick auf Sikiokuu.
    „Ich habe Kaniũrũ gebeten, nach diesen Frauen vom Volksgericht zu suchen“, sagte Sikiokuu. „Aber Kaniũrũ ist zu weit gegangen. Ich wollte Tajirika lediglich helfen. Wir hatten uns unterhalten, und er hatte der Untersuchung zugestimmt. Es war Tajirika, der mich dazu gedrängt hat, ernsthafte Maßnahmen zu ergreifen, um die Frauen, die ihn geschlagen hatten, zu enttarnen.“
    „Stimmt das, Tajirika?“, fragte der Herrscher.
    „Ja, der Teil, der sich auf meine Zustimmung zur Untersuchung bezieht, ist korrekt.“
    „Thank you, Titus“, sagte Sikiokuu. „You are a good man surrounded by false friends.“
    „Schluss damit, Sikiokuu“, fauchte der Herrscher. „Ich habe dich nicht um eine Beurteilung seines Charakters gebeten.“
    Machokali gefiel nicht, dass Kaniũrũ einen Bericht über die Untersuchungen zum Schlangenwahn geben sollte. Er war überglücklich zu sehen, wie dessen Glaubwürdigkeit untergraben wurde, und wollte selbst noch etwas dazu beisteuern.
    „Und ist dieser John Kaniũrũ, dieser Freund von Sikiokuu, nicht auch derjenige, der schon früher falsche Behauptungen über Vinjinia aufgestellt hat, die zu ihrer Festnahme und illegalen Haft führten?“, fragte Machokali gespielt unschuldig.
    Sikiokuu konnte sich angesichts der Schauspielerei seines Rivalen nicht mehr beherrschen.
    „Kaniũrũ ist mein Freund“, erregte sich Sikiokuu. „Aber du, Machokali, hast auch eine Menge seltsamer Freunde in Santamaria. Wenn dem nicht so ist, von wem hast du dich dann in Santamaria verabschiedet, unmittelbar bevor du nach Amerika abgereist bist? Oder willst du etwa leugnen, dass du heimlich einen Ausflug nach Santamaria gemacht hast?“
    Völlig überrumpelt und unsicher darüber, wie viel sein Erzfeind über diesen Besuch wusste, beschloss Machokali, bei der

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