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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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weder aus Santamaria noch von sonst irgendwo, um uns zu fragen oder zu belästigen. Wir waren abgekämpft vom immer gleichen Ablauf, dem endlosen Suchen und Graben, Tag und Nacht. Ich entschied mich, den anderen zu sagen: ‚Hört mal her: Auch Gott ruhte am siebten Tag, als er Himmel und Erde schuf. Wir aber haben schon über sieben Tage hier geschuftet. Was wollen wir beweisen?‘ Nur Tajirika erhob Einspruch; wir warfen ihm vor, gegen Ruhepausen zu sein, weil er selbst nicht arbeiten musste, sondern nur von Busch zu Busch ziehen brauchte. Als er das hörte, nahm er eine Spitzhacke und fing wütend an zu graben, als wollte er uns zeigen, wie sich ein Mann einsetzen musste. Wir standen daneben und sahen ihm zu, wie er wie ein Verrückter grub, bis er im Loch zusammenbrach und wir ihn herausziehen mussten, und ich sage euch, zu diesem Zeitpunkt waren wir so erschöpft, dass auch wir neben dem Körper unseres Anführers zusammenbrachen und sofort einschliefen.“
    Sie schliefen mehrere Tage. Als sie schließlich erwachten, sahen sie auf eine endlose Anzahl von Ameisenbauten, die wie Erdhügel überall im Grasland verstreut waren. Kahiga und Njoya machten den Vorschlag, Tajirika solle im State House anrufen und Bescheid geben, dass es nicht gelungen sei, die Säcke mit den Dollars zu finden. Tajirika widersprach heftig und beharrte eisern: „Wir müssen weitergraben, bis wir das Geld finden.“ Njoya und Kahiga widersprachen ebenso heftig, dass das Löchergraben Archäologen, Goldgräbern und Minenarbeitern überlassen werden sollte. Sie hätten gegraben, so weit das Auge reichte, völlig umsonst. Eher würden sie eine Bank ausrauben, als noch einmal eine Spitzhacke anfassen.
    Tajirika flehte sie an, noch einen Tag durchzuhalten, aber sie waren wirklich sehr schwach und hatten alle Hoffnung aufgegeben. A.G. , der sich aus dieser Auseinandersetzung herausgehalten hatte, mischte sich nun ein und sagte, er habe ihre endlosen Rangeleien satt. Auch wenn er sich jeder Entscheidung beuge, die sie träfen, brauche er jetzt erst einmal etwas Ruhe für sich. Er stand auf und ging tiefer in den Buschwald hinein.
    Kahiga und Njoya folgten ihm, weil sie sich keinesfalls der Anordnung widersetzen wollten, einander im Auge zu behalten. Tajirika rannte ihnen hinterher und beschwor sie, ihre Pflicht zu erfüllen und ihn nicht allein im Grasland zurückzulassen. Auch er war mit seinen Kräften am Ende.
    Wenn er zu dieser Stelle seiner Erzählung kam, machte A.G. eine Pause und fragte seine Zuhörer theatralisch: „Was glaubt ihr, warum ich die Erschöpfung so betone?“ Aber bevor irgendjemand reagieren konnte, beantwortete A.G. seine Frage selbst.
    „Ich weiß nicht, was es war –, vielleicht ließ mich der Buschwald an die Nacht zurückdenken, in der ich den Herrn der Krähen in seiner Verkleidung als Bettler die ganze Strecke vom Paradise bis nach Santalucia gejagt hatte, oder waren es gar zwei Zauberer oder Bettler? Wie in jener Nacht spürte ich, wie mich eine Kraft vorantrieb, die so gewaltig war, dass ich nicht anhalten konnte, selbst wenn ich es gewollt hätte. Ehrlich, Haki ya Mungu , eine mir unbekannte Macht trieb mich an. An einer Stelle stolperte ich fast über einen großen Stein. Ich blieb stehen. Vor mir lag ein Felsbrocken, der in zwei Teile gespalten war. Der Raum dazwischen war von Gras und Unterholz überwuchert.
    Plötzlich hatte ich ein seltsames Gefühl in der Magengrube, denn als ich mich umsah, ehrlich, Haki ya Mungu , erkannte ich, dass ich mich im selben Gehölz befand wie in der Nacht, als ich den Herrn der Krähen jagte, und es war derselbe Stein, über den ich damals gestolpert und gefallen war, und deshalb den Zauberer – oder beide – aus den Augen verlor. Später sollte ich begreifen, dass mein Sturz kein Zufall gewesen war, sondern der Zauberer ihn bewirkt hatte. Aber was hat dieser Zufall jetzt zu bedeuten?, fragte ich mich. Hatte der Herr der Krähen den Schatz hier vergraben, bewacht von den Mächten einer anderen Welt?
    Ich setzte mich auf den Felsbrocken, und Kahiga, Njoya und Tajirika hockten sich schweigend dazu, weil, um die Wahrheit zu sagen, das Sprechen unerträglich, geradezu eine Last geworden war. Jeder hing seinen Gedanken nach, ja, aber irgendwann hörte ich mich zu meinen Begleitern sagen: ‚Der Herr der Krähen kennt viele Tricks. Ich habe ihn einmal über das Grasland gejagt, und ich glaube, dass er mich an einen ähnlichen Ort wie diesen geführt hat …‘ Ich glaubte, sie

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