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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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angeht“, sagte Machokali, „so ist das nicht weiter wichtig. Denn was Sie getan haben, Eure Allmächtige Vortrefflichkeit, indem Sie drei Polizisten ausschickten, den vergrabenen Schatz zu heben, ist ein Akt unergründlicher Weisheit und Voraussicht, denn auch wenn die Dollars nicht gefunden werden sollten, so wird das dennoch die Lügen dieses Mannes und seiner Helfershelfer enthüllen.“
    „Welches Mannes? Welche Lügen? Die Lügen, die uns Ihr Freund Tajirika aufgetischt hat, oder die des Herrn der Krähen?“, fragte Kaniũrũ schadenfroh.
    „Seit wann bist du ein Verfechter der Wahrheit?“, wollte Sikiokuu wissen.
    Es folgten kindische Rechthabereien, wobei jeder versuchte, das letzte Wort zu haben. Es wird erzählt, dass sie sieben Tage und Nächte so weitermachten, bis ihre Stimmen versagten und sie nur noch so leise flüstern konnten, dass sie einander nicht mehr hörten. Nur durch die Bewegungen der Adern an Hals und Stirn und dem automatischen Öffnen und Schließen des Mundes machten sie noch aus, was der jeweils andere gerade sagte.
    Der Herrscher aber blieb, wie er war, achtete nicht auf ihr Rededuell und hielt den Kopf in die rechte Hand gestützt, auch dann, wenn er ab und zu auf die Uhr sah. Er wartete auf eine Stimme aus dem Grasland, die ihm den Ausgang der Jagd nach den vergrabenen Dollars verkündete.

8
    „Ehrlich, Haki ya Mungu , auch wir sehnten uns nach einer Stimme aus dem Grasland“, erzählte A.G. später seinen Zuhörern und versuchte, sie für sich einzunehmen, damit sie ihm sagten, was sie von ihm hören wollten.
    Von ihrer Hingabe an seine Worte ermutigt, berichtete A.G. dann, wie sie vier – er, Kahiga, Njoya und Tajirika – zur Polizeiwache von Santamaria gefahren waren, wo sie ein Zivilfahrzeug übernahmen. Dem Polizeichef Wonderful Tumbo erzählten sie, sie würden ins Grasland hinausfahren, um Nyawĩra zu fangen, und dass Tumbo und seine Leute es ignorieren sollten, falls ihnen gemeldet werde, es würden sich Fremde in der Wildnis herumtreiben.
    A.G. war von der Aussicht auf das Abenteuer als einer der Boten des Herrschers ganz aufgeregt, glaubte aber, dass seine Begleiter ein bisschen ängstlich waren. Vor allem Tajirika: Er sah niedergeschlagen aus und sprach nicht viel mit Kahiga und Njoya. Eigentlich redeten die drei nur über A.G. miteinander, und der vermutete, dass sie sich nicht zum ersten Mal begegneten.
    Sie fuhren ein Stück ins Grasland hinein, parkten das Auto an einem Akaziendickicht und gingen hinein; Tajirika voran und die anderen, mit Spaten, Hacken und Spitzhacken ausgerüstet, hinterher.
    „Wir sahen wie eine Truppe Goldgräber aus“, flüsterte A.G. seinen aufmerksamen Zuhörern zu, als würde er ihnen ein großes Geheimnis verraten, „und Tajirika war unser Anführer.“
    Obwohl sie nach Dollars graben sollten, weilten ihre Gedanken unablässig beim Herrn der Krähen, der A.G. immer wieder in Erstaunen versetzte. Wie viele Einwohner Aburĩrias würden das Geld, das sie in Ausübung ihres Berufes eingenommen hatten, begraben und sowohl dieses Vorgehen als auch den Ort anschließend einem anderen verraten? A.G. war außerdem ein wenig über den Aufenthaltsort des Herrn der Krähen besorgt. War er in Amerika oder in Aburĩria?
    Njoya und Kahiga machten sich wegen der gesamten Unternehmung Sorgen und hätten am liebsten nichts damit zu tun gehabt. Seit sie erfahren hatten, dass der Herr der Krähen nicht aus Amerika zurückgekehrt war, dachten sie über die Drohungen nach, die die Hexe ausgestoßen hatte; sie würde sie zweifellos für sein Verschwinden verantwortlich machen. Kein Tag verging, ohne dass sie sich vor möglicher Vergeltung fürchteten. War dieser Auftrag vielleicht Teil ihres Plans?
    Tajirika witterte eine Falle. Warum sollte jemand Geld vergraben? Was, wenn es schon jemand ausgegraben und fortgeschafft hatte? Was, wenn das Ganze ein Scherz des Zauberers war? Wie sollte er mit leeren Händen zum Herrscher zurückkehren? Wie er es auch betrachtete, es stand fest, der Herr der Krähen hatte ihn in eine schreckliche Lage gebracht.
    Es gab kein klares Ziel. Tajirika zufolge suchten sie nach einem von zahllosen Büschen. Der Herr der Krähen hatte es nicht näher beschrieben; er hatte lediglich von einem Busch im Grasland, nicht weit von Santamaria, gesprochen. Wo sollten sie die Suche beginnen?
    „Ehrlich, Haki ya Mungu , wir waren, ich weiß nicht wie lange, in der Steppe und gruben Löcher wie die Ameisen“, sagte A.G. „Niemand kam,

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