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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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instrumentalisieren wollte. Sie habe sogar Hexenmeister angeheuert, um Unschuldigen mit schwarzer Magie den Verstand zu vernebeln. Die Bewegung nutze tatsächliche Missstände aus, und er sei der Letzte, der nicht zugebe, dass das Land einige wirtschaftliche Probleme habe. Doch sehe sich die ganze Welt ähnlichen Schwierigkeiten gegenüber, die mit den globalen Wirtschaftskräften und einer Weltwirtschaftskrise zu tun hätten, die wiederum mit der Ölkrise zusammenhingen, die von der selbstsüchtigen Politik der OPEC ausgelöst worden sei.
    „Jetzt möchte ich zu den jüngsten Ereignissen kommen, dem Donner und dem Smog, über die wir uns alle Sorgen gemacht haben“, sprach er zu einem aufmerksamen Parlament und einer neugierigen Nation.
    Es sei diese selbsternannte Bewegung für die Stimme des Volkes gewesen, die, im geheimen Einverständnis mit Fundamentalisten aus dem Nahen Osten, Bomben im State House platziert hätte, doch habe er sie mit Hilfe seiner Experten zur Detonation gebracht, bevor sie der Nation unheilvollen Schaden hätten zufügen können. Als die Übeltäter das erkannten, hätten sie Tränengas in die Luft geschossen, um die Bevölkerung in Angst zu versetzen und eine Revolution anzuzetteln. Ziel der Warteschlangen und der Agitation sowie der Zeitpunkt der Bombendetonation seien klar, mehr wolle er aus Sicherheitsgründen nicht sagen, weil die Ermittlungen noch liefen.
    Er hielt inne, aber eigentlich hatte er keine andere Wahl, denn die Parlamentsmitglieder spendeten ihm stürmischen Applaus, dessen Ende nicht abzusehen war, weil kein MdP oder Minister den Beifall als Erster einstellen wollte.
    Zur Verwirrung und zum Verdruss der ausländischen Diplomaten, die das über sich ergehen lassen mussten, erlaubte der Herrscher den Ovationen eine Dauer von einer Stunde und sieben Minuten, bevor er den MdPs das Zeichen gab, sich wieder zu setzen, weil er ihnen noch weitere Dinge mitteilen wollte. Was die irregeleiteten Anhänger der Bewegung für die Stimme des Volkes angehe, fuhr er fort, ja, jene, die unschuldige Bürger ermordet hätten, deren einziges Verbrechen es gewesen sei, den Geburtstag ihres Herrschers zu feiern, so habe er nur eine einzige Botschaft für sie: Seine Sicherheitsdienste würden sie aufspüren und ihrer gerechten Strafe zuführen.
    Der Herrscher gab zu, dass Fehler gemacht worden waren, die er berichtigen wolle, damit die Bewegung für die Stimme des Volkes nie wieder Nährboden finde, die Nation in die Irre zu leiten. Er erklärte vor dem Parlament, dass Marching to Heaven von Machokali erdacht worden sei, „ein Vorhaben, dermaßen absurd, dass einem schwindlig werden konnte“. Dahinter habe teuflische Gerissenheit gesteckt, und er, der Herrscher, sei den Plänen nur gefolgt, um die wahren Absichten des Mannes herauszufinden. Nun, bedauerlicherweise sei Machokali nicht zugegen, um zu erklären, was er vorgehabt habe, sodass sie nie erfahren würden, was er wirklich im Schilde geführt hatte, und Spekulationen seien müßig. Jetzt senkte der Herrscher die Stimme und sagte, dass er es bedauere, zugeben zu müssen, dass es der Regierung noch nicht gelungen sei herauszufinden, wie und wo der verblichene Markus seinem Schicksal begegnet oder welcher Natur dieses Schicksal gewesen sei. Die Privatdetektive, die er im Ausland angeheuert habe, hätten ihm allerdings berichtet, dass es sich hier um einen Fall von SIV , Selbst Induziertem Verschwinden, handle. Mögen also die Pläne wie ihr Schöpfer den Weg des SIV gehen.
    Nun, so sprach der Herrscher, wolle er auf die Gerüchte zu seiner Schwangerschaft eingehen.

4
    Der Herrscher dankte allen, die auf das Gelände von Parlament und Oberstem Gericht gekommen waren, um mit ihm seinen Geburtstag zu feiern, den er in Tag der Nationalen Selbsterneuerung umbenannt habe, gemäß einem uralten afrikanischen Brauch, wonach Geburt und Wiedergeburt durch wohlbekannte Übergangsriten gefeiert würden. Er sei sich auch bewusst, dass es Leute gebe, die von seinem Geburtstag, dem Tag der Nationalen Selbsterneuerung, als dem Tag sprächen, an dem er niederkommen würde.
    „Nun, sie haben sich nicht geirrt. Tatsache ist, mein Volk, dass ich schwanger war. Ja, ich war schwanger“, betonte der Herrscher vor einem erstaunten Parlament. „Jedes Kind in Aburĩria weiß, dass ich das Land bin und das Land ich, und diese Vortrefflichkeit, dieses Land und diese Nation dem Mysterium der Trinität gleichen, die das perfekte Eine schaffen.“ Deshalb sei es

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