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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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Polizeikräfte, dass ihnen Zurückhaltung befohlen worden war. Umso mehr freuten sie sich, als sie jetzt etwas zu tun bekamen. Mit ihrer Ausrüstung aus Knüppeln, Schilden und Gewehren ging die Polizei gegen die Menge vor.
    Gleich und gleich mag sich in friedlichen Zeiten gern zueinandergesellen, wenn aber Gefahr droht, flieht jeder für sich. Sowie sich die Bettler zerstreuten, geschah ein Wunder. Als sie von den Toren des Paradise verschwanden, flohen die Buckligen aufrecht, die Blinden konnten wieder sehen, und die ohne Arme und Beine hatten ihre Glieder wieder.

7
    Zwei unglückliche Bettler sahen sich von drei Polizisten verfolgt. In Lumpen gehüllt umklammerten beide ihre Taschen. Und genau diese waren ihr Verderben, denn die Polizisten waren davon überzeugt, dass sie voller Burĩ-Scheine steckten, die die beiden den Tag und die halbe Nacht über erbettelt hatten. Die Blicke der drei Polizisten hefteten sich deshalb auch mehr auf die Taschen als auf die zerlumpten Gestalten. Den Bettlern wuchsen Flügel.
    Der Duft des Geldes machte die Polizisten allen Rufen gegenüber taub, zu ihrer Einheit zurückzukehren. Einer der Polizisten rief den Bettlern das Versprechen hinterher, sie laufen zu lassen, wenn sie ihre Taschen fallen ließen, aber umsonst. Entmutigt gab er auf. Die anderen beiden verfolgten die Bettler weiter, wie Hunde auf einer frischen Fährte; als wären sie besessen und könnten ihren Füßen keinen Einhalt gebieten. Sie merkten nicht einmal, dass sie inzwischen die gut beleuchteten Straßen des Stadtzentrums hinter sich gelassen hatten und in den dämmrigen Gassen von Santalucia gelandet waren.
    Santalucia war ein weitläufiges Dorf aus winzigen Häusern unterschiedlichster Formen und Materialien. Ziegeldächer über Mauern aus fein behauenem Stein wechselten in den engen Gassen mit Blechdächern und Häusern aus rotem Lehm und Pappe. Die Kanalisation war immer verstopft, sodass ständig ein Gestank in der Luft hing, der an heißen Tagen besonders ekelerregend war. Wenn aber – wie heute Nacht – der Mond schien, sah das Dorf friedlich und recht malerisch aus.
    Der Bettler vorn schien sich in den engen Gassen auszukennen. Der zweite folgte dicht auf. Die Polizisten hofften, dass die Bettler früher oder später müde werden, in einem Haus verschwinden oder in einer Sackgasse landen würden. Aber die Bettler gaben nicht auf; sie rannten quer durch Santalucia bis an den Rand der Stadt und in die weite Halbsteppe, die ganz Eldares umgab.
    Einer der Polizisten war von dieser Entwicklung der Ereignisse so außer Atem, dass er mit seinem Kumpel zu streiten begann, die Verfolgung abzubrechen. Es sei dumm, einfach weiterzumachen; was, wenn sie direkt in einen Hinterhalt bewaffneter Diebe geführt würden? Warum für Geld sein Leben riskieren? Aber sein Kollege wollte nichts davon hören. So beschloss auch er umzukehren.
    Der dritte Polizist schien wie besessen. Er hatte inzwischen völlig vergessen, warum er so rannte, und erhöhte sogar noch sein Tempo in dieser absurden Verfolgung zweier in Lumpen gehüllter Schatten durch die Steppe.
    Sie kamen zu einem Buschwald, und obwohl es darin noch finsterer war, sprangen die Bettler einfach hinein. Der Polizist zögerte nicht und folgte ihnen, fiel aber über etwas Hartes, vermutlich einen Stein. Sofort war er wieder auf den Beinen und arbeitete sich weiter durch das Gehölz, konnte jedoch lediglich den Geräuschen der Bettler folgen. Als er sich schließlich durch den Busch gekämpft hatte, fand er sich am Rand von Santalucia wieder. Rannten sie im Kreis mit ihm? Zwischen Buschwald und Stadtrand lag ein offenes Feld. Der Polizist konnte aber nur einen der Bettler ausmachen, der gerade die freie Fläche überquerte und wieder nach Santalucia hineinlief. Wohin war der andere verschwunden?, rätselte er, während der Bettler vor seinen Augen hinter ein paar Häusern verschwand.
    Der Polizist verfolgte ihn bis zum Ende der Straße. Er schaute nach links, nach rechts und zurück, konnte aber weder einen Schatten sehen noch irgendein Geräusch vernehmen. Er hatte keine Ahnung, wohin der Bettler verschwunden war.
    Die Straßen von Santalucia sind eng und schlecht beleuchtet, und obwohl der Mond schien, sahen für den Polizisten, der hier fremd war, alle Häuser und Straßen gleich aus. Verfolgte er nun einen oder zwei Bettler, fragte er sich und überlegte, was er jetzt machen solle. Zum ersten Mal während dieser Verfolgung war er unentschlossen, aber nur für

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