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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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nicht aufgeben , redete er sich ins Gewissen. Ich werde nicht zulassen, dass man sie tötet.
    Zuletzt: nicht kampflos. Immerhin hatte er Neil so lange aus den Augen verloren, dass ihn der Bandagierte entführen konnte, und sich dann auch noch von seiner verborgenen Furcht dazu verleiten lassen, das Mädchen mitzunehmen. Er musste wenigstens versuchen, die beiden zu retten; er war es ihnen schuldig, und falls er dabei umkam, sollte es so sein. Ohnehin hatte er lange genug gelebt, und was noch kommen mochte, galt ihm als Zubrot.
    Er hob die Waffe, klappte sie auf und nahm eine Patrone aus dem Regenmantel, um sie einzulegen. Keiner der Männer regte sich, was Grady beunruhigte, denn obwohl er Williams ausgeschaltet hatte, hielt ihn niemand vom Nachladen auf.
    Dann dämmerte ihm, weshalb.
    Die Kammer bot nur einem Projektil Platz, und damit konnte er sie nicht alle auf einmal aufhalten, so sie ihn bestürmten. Er sollte sterben, ehe er die Gelegenheit zum Nachsetzen bekam. Ihn wunderte, dass sie nicht bereits angegriffen hatten, aber dann kam er zu dem Schluss: Sie spielten bloß mit ihm – wie die Katze mit einer Maus, ehe sie ihr ein Ende bereitet.
    Der Mann zupfte die letzte Bahn des Verbandes von seinem Gesicht, grunzte und ließ alles auf die Erde fallen. Das entblößte Fleisch war dunkelfarbig, von Schwielen und Schrunden übersät. Die Haut schien geschmolzen zu sein, dann aufgewühlt und schließlich wieder erkaltet.
    »Wer sind Sie?«, fragte Kate.
    Da lächelte er. »Stephen Callow. Mein Bruder führte deinen Freund Grady und dessen Kumpanen vor Jahren auf die Jagd, wo er selbst … Edgar … gemeinsam mit meiner Geliebten sein Leben ließ.«
    Callows Bruder. Grady tat sich schwer, diese neue Wendung sacken zu lassen. Konnte er sie zu ihrem Vorteil nutzen? Ihm fiel nichts dazu ein. Dem Mann und seinen Begleitern ging jedwede Natürlichkeit ab; vielmehr bedeuteten sie Gefahr und würden nicht mit sich feilschen lassen. Falls Stephen etwas mit seinem Bruder gemein hatte, so war es äußerster Wahnsinn.
    »Edgar verschuldete den Tod unserer Freunde«, begann Grady. »Wir taten ihm nichts Böses, doch er lockte uns zum Sterben hierher.«
    »Ihr Arbeitgeber hat mit seiner Ehefrau geschlafen«, hielt Stephen dagegen. »Nicht genug für mich, dass mein Bruder die Frau antastete, die ich liebte; nein, ich musste auch erfahren, dass Ihr scheinheiliger Master sie gleichfalls schändete. Sie beide erhielten ihren rechtmäßigen Lohn. Danken Sie mir dafür, dass ich Mansfield verschont habe; jetzt leistet er mir Abbitte, indem er Ihre Kollegin, diese fette Kuh, in Stücke reißt.«
    Mrs. Fletcher. Gram überkam Grady, dass er den Verstand zu verlieren glaubte, als er sich vorstellte, wie sie auf den Steinfliesen in der Küche verblutete – in ihrem Haus, dem Schauplatz zahlloser Unterhaltungen zwischen ihnen beiden, der beherzten Schlagabtäusche und herzlichen Gesten. Diese Frau war es wert, geliebt zu werden, und vielleicht – denn es war höchste Zeit, Farbe zu bekennen – hatte er genau das auch getan.
    Kate schaute ihn nun an, doch er wich ihrem Blick aus, weil er die Fragen in ihren Augen nicht beantworten konnte. Manche Dinge blieben ihr besser vorenthalten, und wie er dies begriff, sah er ebenfalls ein, dass er viel zu lang hart mit sich selbst ins Gericht gegangen war. Ewig hatte er sich selbst kasteit wegen Geschehnissen, die er nicht hätte verhindern können. Dies galt sowohl für den Tod seiner Frau als auch für die Abkehr seines Sohnes, ganz zu schweigen von Mansfields Untreue. Letztlich hatte er den Kindern nichts unterbreiten dürfen, das ihnen sowieso unbegreiflich gewesen wäre, auch weil er ihre Leben dadurch bewusst ruiniert hätte. Nun wäre dieser Mann – dieser verteufelte Unmensch – in jedem Fall zum Zug gekommen, selbst wenn Grady Kate im Haus zurückgelassen oder Neil nicht erlaubt hätte, sie zum Tanzen zu begleiten … falls nicht heute Nacht, dann irgendwann früher oder später. Mit einer Engelsgeduld hätte er sicher wie ein Fuchs gewartet, der zuschlägt, sobald niemand den Hühnerstall beaufsichtigt.
    Es gab keine Bestie von Brent Prior, sondern nur Gestaltwandler mit einem ansteckenden Virus, welches vernünftige Geister zerrüttete und die Rechtschaffenen verbog, sodass sie ihren Lieben ans Leder gingen.
    »Dein Bruder selbst hat die Frau umgebracht; es geschah nicht auf der Jagd«, ließ er Callow wissen. »Er hackte ihr Hände und Füße ab. Doktor Campbell …« Er warf dem

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