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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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fahlen Arzt einen Blick zu. Der grinste höhnisch zurück. Seine eingefallene Brust war schwer von Wundmalen gezeichnet. »Er hätte sie bewahren können, doch die Wehen setzten ein, und Fakt ist, sie verblutete, als er sie fand. Es war ein Wunder, dass sie das Kind noch auf die Welt brachte.«
    Erst als ihm all dies aus dem Mund sprudelte, fiel ihm wieder ein, dass Kate neben ihm stand. Sie drehte sich mit stierendem Blick zu ihm um. »Das Kind? Wovon reden Sie?« Sie hielt die Pistole unruhig in der Hand.
    Grady hob einen Arm, um sich zu rechtfertigen, doch sie war bereits in Fahrt geraten und wollte die Wahrheit wissen. Ehe er sie aufhalten konnte, ging sie los. Die Waffenhand schlackerte an ihrem Oberschenkel, dann blieb sie vor Neil stehen.
    »Ist dir nicht kalt?«, fragte sie. »Wieso hast du nichts an? Bitte, sag mir, was los ist, Neil.«
    Die Umstehenden verfolgten die Konfrontation interessiert, regten sich jedoch nicht.
    Neil starrte sie an.
    Grady räusperte sich. »Schon gut, Junge«, sagte er bekräftigend. »Wir sind gekommen, um dich mit nach Hause zu nehmen, und genau dazu werden wir uns jetzt anschicken.«
    In diesem Moment erkannte er, was ihn die ganze Zeit abgesehen davon gestört hatte, dass dem Knaben die Kälte offensichtlich nichts ausmachte. Obwohl es nicht sonderlich hell war, sah er Neils stoischen Blick auf seine Schwester. Die silbernen Wolken vor seinen Augen waren verschwunden.
    Oh Jesus …
    Kate weinte, wollte Neils Wange streicheln. »Haben sie dir wehgetan? Bitte, sag, dass es nicht wahr ist.«
    »Kate!«, rief Grady dazwischen und setzte sich in Bewegung. Die Männer sahen weiter zu und nahmen den plötzlichen Vorstoß angespannt zur Kenntnis. Kate schaute unverständig drein, bis sie es hinter dem Schleier ihrer Sorge entdeckte: Neil richtete die Augen bewusst auf sie.
    Er entzog sich ihrer Berührung, als habe sie schmutzige Finger, und hob den Kopf zu Stephen.
    Was er dann sagte, ließ Grady innehalten und nicht mehr weiteratmen: »Darf ich sie jetzt umbringen, Vater?«

28

    Während es sich durch das offene Fenster ins Zimmer schwang, zog es die Brust zusammen, als zwänge sich eine Maus durch einen Spalt, der halb so breit war wie sie.
    Tabitha stolperte zurück und hielt eine Hand vors Gesicht, als wolle sie sogleich den grausigen, wahr gewordenen Mummenschanz zur Seite schieben, damit wieder Normalität einkehrte. Ihre Lippen schnappten stumm vor Fassungslosigkeit, als das glitschige Geschöpf in die Hocke ging und seinen markanten Schädel leicht schief stellte. Es betrachtete sie mit kreatürlichem Interesse.
    »Komm mit runter, Kind«, schrie Mrs. Fletcher von der Tür aus, aber Tabitha hörte nicht auf sie. Sie konnte nicht, denn der Anblick erfüllte sie mit solcher Angst, dass sie meinte, ihr Körper gefriere und zersplittere daraufhin in Millionen Stücke. Dies konnte nur der Leibhaftige sein, der dem Inferno entstiegen war, um sie dafür zu richten, dass sie das Vertrauen eines blinden Jungen missbraucht hatte. Er würde nicht zimperlich vorgehen, wenn er ihr die Seele aus dem Leib würgte, und gewiss seine Freude haben, wie sie in seinen Zügen erkannte.
    Sie ging weiter rückwärts und hielt den Atem an, bis sie fest gegen die Bettkante stieß. Heißer Schmerz zuckte in ihrem linken Bein nach unten, während sie das Gesicht verzog, doch wie er abflaute, stellte sich Klarheit ein.
    »Himmel Herrgott, Mädchen … wirst du dich sputen? «
    Sie registrierte die Mahnung, überwand ihre Lähmung und duckte sich.
    Unter dem Fenster knirschte es leise, als das Wesen seine Muskeln anspannte. Das weiße Wabern, mit dem es seine Umwelt wahrnahm, lohte, kräuselte sich und züngelte aus den Augenhöhlen bis auf die schwarzen Wangen.
    Es sprang hoch.
    Gleichzeitig musste Tabitha ihre Stellung aufgeben: Die Kreatur zog ihr die Füße mit den Hinterläufen weg, und sie stieß gegen das Bett, ehe sie mit der Nase auf dem Holzboden aufschlug. Sie sah nur noch Sterne und floh wimmernd zu der Tür, wobei sie damit rechnete, gleich messerscharfe Zähne im Kreuz zu spüren, bevor das Vieh ihre inneren Organe mit sadistischem Genuss aufspießte. Das Blut strömte warm über ihre vor Schreck erkaltete Haut.
    »Drecksbalg«, hörte sie und wälzte sich auf den Rücken. Mrs. Fletcher stand neben dem Bett, und das Wesen wand sich am Boden wie vor einem Schlangenbeschwörer, obgleich sich dieses abstoßende Grinsen immer noch über sein schwarzes Gesichtsfell spannte. Es sah aus wie die

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