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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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widersetzen.
    »Wie lange wird es dauern?«, wollte Kate wissen.
    »Höchstens eine halbe Stunde. Pünktlich zum Apfelspiel bin ich wieder zurück, versprochen.«
    »Alles klar.« Kate gesellte sich zu Neil und nahm seinen Arm, was er ausnahmsweise geschehen ließ. Sie verhielten sich nun sichtlich zaghafter, weswegen sich Grady noch schuldiger fühlte. Er hatte sie scheu gemacht und hätte eigentlich wissen müssen, dass sie die unausgesprochene Furcht in seinen Worten entlarven, die Risse in seiner gelassenen Fassade bemerken würden. Sie waren aufgeweckt und machten sich nun wahrscheinlich Gedanken, bis er zurückkehrte.
    »Bis gleich«, beteuerte er und sah zu, wie Kate die Tür öffnete, woraufhin Musik und Geschwätz in die Garderobe plärrten.
    »Wir werden hier sein«, sprach sie im Umdrehen.

15

    Tabitha hatte es unangenehm warm in ihrem Hexenkostüm. Sie knabberte an einem Stück Obstkuchen und bemühte sich, ein wenig lockerer zu werden. Die Feier war nun schon fast eine Stunde im Gange, und von Neil fehlte nach wie vor jede Spur. Sie betete, der Regen habe ihn und seine Schwester dazu bewogen, nicht zu kommen. Falls dem so war, brauchte sie keine Retourkutsche von Donald zu erwarten, denn wie das Wetter ausfiel, hatte sie schließlich nicht zu verantworten. Scheiterte sein Plan, wie auch immer er sich gestalten mochte, lag dies nicht in ihrer Verantwortung.
    Bedenken hatte sie aber weiterhin. Die Stimmung an diesem Abend kam ihr anders vor, obwohl alles im Saal wie jedes Jahr aussah – tanzende Derwische, juchzende Gnome, Krepppapier an den Wänden und Plastikteufel an den Türen, alldieweil man es sich gut gehen ließ. Trotzdem lag etwas im Argen, was sie bislang auf den Sturm zurückgeführt hatte. Vor Gewittern knisterte es stets, doch insgeheim wusste sie, dass sie sich diese gefällige Erklärung bloß zurechtlegte, um das flaue Gefühl, das sie schon den ganzen Tag lang hatte, nicht ergründen zu müssen.
    Die nerven , redete sie sich ein. Da sie sich von ihrem Bruder dazu nötigen ließ, einen arglosen Blinden an der Nase herumzuführen, war ihr Unwohlsein nachvollziehbar. Sie hatte nichts gegen Neil Mansfield. Er war noch nie dergestalt mit ihr ins Gehege gekommen, dass sie zurückfeuern musste, und er hatte mit seinen gewollt barschen Reaktionen kein einziges Mal auf ihre Ehre abgezielt. Was sie am meisten bedauerte, war die Tatsache, dass sie ihn, wenn sie ehrlich in sich hineinhorchte, gewissermaßen schätzte und sogar durchaus romantisch verklärte. In der Vergangenheit jedoch hatte sie solche Gefühle stets unterdrückt, weil sie ihn bemitleidete – was ungerecht war, aber sie konnte nicht anders – und zudem ein wenig Angst hatte: Wie funktionierte eine Beziehung zu einem Jungen ohne Augenlicht, und was sollten die Leute dazu sagen? Ihr Vater sah sicher ungern, dass seine Prinzessin außerstande war, sich einen Freund zu angeln, dem das Schicksal nicht so übel mitgespielt hatte.
    Der Kuchen lag ihr bleischwer im Magen, also suchte sie rasch auf den Tischen im Saal nach Getränken. Auch nachdem sie sich für ein Glas Punsch aus einer Schale entschieden hatte, in die Konfetti gerieselt war, löste sich der Kloß in ihrem Bauch nicht und schien ihrer Schuldigkeit Ausdruck zu verleihen.
    »Du wirst etwas Stärkeres brauchen, falls dein Herzbube nicht bald aufkreuzt«, höhnte eine Stimme hinter ihr, woraufhin sie sich umdrehte. Donald war ihr unangenehm dicht auf den Leib gerückt; das Sackleinen, das er zum Fest trug, kitzelte ihre Fingerspitzen.
    »Ich kann nicht fassen, dass du das angezogen hast«, äußerte sie geringschätzig mit Verweis auf den Stoff, der sich an seiner Taille spannte.
    »Ich gehe als Kartoffelsack«, verkündete er stolz. »Außerdem sehe ich darin nicht halb so idiotisch aus, wie der Rest der Leute, du inbegriffen. Was stellst du überhaupt dar, ein Großmütterchen?«
    »Lass mich in Ruhe.« Sie drehte sich wieder zur Tafel um. Kurz darauf war ihre Kopfbedeckung weg; er hatte sie ihr flink abgenommen. Erneut wandte sie sich ihm zu, sehr langsam. »Gib ihn zurück.«
    Donald setzte sich den spitzen Hexenhut auf und breitete die Arme weit aus. »Wie findest du das? Besser?«
    Sie wollte sich auf eine Diskussion einlassen, seufzte dann jedoch abweisend. »Toll. Kannst ihn behalten.«
    Donald freute sich. »Jetzt sag, wo ist er?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Wenn nicht du, wer dann? Er ist dein Geliebter.«
    »Ist er nicht, und ich habe keine Ahnung. Gut

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