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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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ihn, doch er zwinkerte ihr zu und bemühte sich weiterhin, seine Furcht vor dem Mädchen zu verbergen. Da sie aber eine scharfe Beobachtungsgabe besaß, war es nicht leicht, sie davon zu überzeugen, dass er nicht bis in den Kern seines Wesens von Angst zerfressen war.
    »Stimmt irgendetwas nicht?«, fragte sie ihn, als von Gallagher Hill her, wo der lang gezogene Gemeindebau stand, bereits der Lärm grobschlächtiger Belustigung an ihre Ohren drang. Wie Irrwische entstiegen die Lichter der Finsternis vor ihnen, und Schatten wuselten an den warm leuchtenden Quadratfenstern vorbei. Donner unterbrach den Jubel einstweilen.
    »Alles bestens.«
    »Sie haben Ihre Mütze verloren.«
    Grady lächelte. »Daheim liegt noch eine.« Damit drehte er sich rasch zu Neil um. »Wir sind da.«
    »Ich höre es.«
    Der Bedienstete führte sie an einer Reihe Kürbisköpfe vorbei die niedrige Anhöhe hinauf zum Eingang des Hauses, den ein Torbogen zierte. Der Wind riss eine Hexe aus Papier von einer Eiche in der Nähe und wehte sie an ihnen vorbei, gerade als sie eintraten. Bevor die schwere Tür hinter ihnen zufiel, blickte Grady zurück und wartete darauf, dass ein erneuter Blitz das Monster entblößte, das er hinter ihnen wähnte. Er sah nichts, und drinnen fühlte er sich gleich in geselliger Wärme gebadet, die beinahe vermochte, ihm die Kälte auszutreiben.
    Beinahe.

    ***

    Im Saal wimmelte es vor Schreckgestalten. Grady schüttelte verwundert den Kopf angesichts des Aufgebots bunter Gerippe und aberwitzig frisierter Dämonen, hinter deren Masken sich Kinder versteckten. Das labende Licht zahlreicher Laternen an den Wänden einte sie, doch einen solchen Andrang hatte er nicht erwartet, denn der kärgliche Nachwuchs im Dorf gereichte mitnichten zu einer solchen Masse. Dann aber entsann er sich: Die Bürgerhalle von Merrivale war beim letzten Unwetter, das übers Moor gezogen war, zerstört worden, weshalb die Anlieger gebeten hatten, sich für den Abend nach Brent Prior begeben zu dürfen. Deshalb nun füllte ein energetischer Pulk den Raum fast bis zum Bersten.
    Ihre Schatten fielen lang an die Wände und brachen sich die Hälse an der Decke, was schaurig aussah, auch weil sich die Gestalten, die sie warfen, im Spiel gegenseitig bedrohten und kreischten, ehe sie sich ins Getümmel stürzten. An den Wänden standen lange, leidlich stabile Bänke, von deren Sitzfläche aus orangefarbene Häupter verschiedener Form und Größe das Treiben mit feurigen Augen nachvollzogen. Vor ihnen bemühten sich die gelangweilt wirkenden Begleitpersonen der Kleinen um einen Plausch und überboten sich gegenseitig, was ihren schlecht gelaunten Blick anging. Vorn im Saal hatte man jeweils drei ausgediente Holzpaletten übereinandergelegt, die als Bühne fungierten. Darauf saß ein Quartett, das sich fehl am Platz vorzukommen schien, seine Instrumente aber dennoch regelrecht manisch bearbeitete. Grady erkannte sie als Mitglieder der Gruppe »The Grass Routes«, die eigentlich zu fünft auftraten. Sie gehörten fest zum alljährlichen Weihnachts- und Neujahrsprogramm des Fox & Mare . Sarah Laws hatte kürzlich angedeutet, sie könne sich heuer nicht leisten, die Truppe zu engagieren, woran sich auch in Zukunft nichts ändern werde, so sie keine schwarzen Zahlen schrieb. Grady glaubte nicht an den Aufschwung, und das machte ihn traurig. Obwohl die Musik nicht unbedingt seinem Geschmack entsprach, freute er sich jedes Jahr vor Heiligabend auf die Darbietung, die der Eintönigkeit entgegenwirkte. Zu schnell stellte sich diese an allen anderen verlorenen Abenden ein, die er in der Taverne verbrachte, und die Lieder führten den Gästen vor Augen, dass sie zumindest eine Zeit lang berechtigten Grund hatten, sich hemmungslos zu betrinken.
    Ein beleibter Mann mit ergrauendem Haar kam auf sie zu, als sie noch auf der Türschwelle standen. »Du liebe Zeit, schauen Sie sich an; Sie sehen aus wie ertränkte Ratten.«
    Auf dieses Wort hin zog Kate ihre Kapuze herunter und warf Grady einen provozierenden Blick zu, den er mit einem Grollen quittierte.
    Neil hob eine Hand zum Gruß. »Guten Abend, Mr. Fowler.«
    »Hallo, Neil. Sie sehen aus, als hätte sie der Sturm voll erwischt.«
    »Er ist in vollem Gange«, bestätigte Grady. »Wir dachten schon, wir kämen nicht durch.«
    »Nun, mich freut, dass Sie es trotzdem geschafft haben, denn ich muss mit Ihnen sprechen.« Sein Lächeln wirkte aufgesetzt.
    Grady wusste nur zu gut, weshalb er nicht nachhakte. Weil sich

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