Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
Vom Netzwerk:
angreifbar rannte ich zum Haus, so schnell mich meine peinlich schwachen Beine trugen, und versteckte mich weinend im Keller. Dort wähnte ich mich sicher, womit ich mich irrte. Eigentlich hätte ich wissen sollen, dass sie das Callow-Anwesen in ihrem überkommenen Aberglauben niederbrennen wollten, um alles ungeschehen machen zu können, wenn sie das Haus ihres Feindes zerstörten.
    Rauch quoll in den Keller, und als ich nach einer Fluchtmöglichkeit suchte, stellte ich fest, dass ich in der Falle hockte. Panisch warf ich mich gegen die Mauern und schlug gegen die Tür, die sich rasch erwärmte. Endlich zersplitterten die Bohlen, und es gelang mir, sie zu öffnen, indem ich mit einer Hand durch den Riss langte.
    Danach schaffte ich es bis in den Flur, doch die Decke stürzte auf mich herab, eine Masse aus Gips und Holz in Flammen. Ich brannte, brüllte angesichts der Ungerechtigkeit, die mich in den sicheren Tod getrieben hatte. Letztlich starb ich aber nicht; jemand zog mich heraus und schleifte mich vom Haus fort. Nie hätte ich damit gerechnet, sie über mir stehen zu sehen, zumal sichtlich besorgt, wie ich trotz ihres übel zugerichteten Gesichts erkannte. Wäre nicht alles zur Hölle gefahren, hätte ich dieses Antlitz wohl endgültig zertrümmert, denn diese Frau sehnte sich nach dem Tod durch meine Hand. Zuletzt nahm sie sich aber meinen Rat zu Herzen und richtete sich selbst.
    Eine Frau mit Nachnamen Mansfield.«

    ***

    Ein Geräusch in der Diele schreckte Mrs. Fletcher aus einem Schlummer auf. Sie blinzelte ein paarmal, um sich zu orientieren, und setzte sich aufrecht hin, wobei ihre Stickerei zu Boden fiel, ohne dass sie es merkte. Sie hielt einen Augenblick lang inne und horchte.
    Die Sintflut draußen wollte nicht abebben, es rumorte gnadenlos und spritzte weißes Licht in die Lücken zwischen den Vorhängen, während der Regen ohne Unterlass gegen die Scheiben klatschte.
    Im Haus selbst blieb es nun still.
    »Mr. Grady?«, rief sie. Waren die beiden zurückgekehrt? Sie rieb sich die Augen und schaute angestrengt auf die Uhr über dem Kamin. Es war kurz vor Mitternacht. Sie hoffte, sie seien wirklich wieder da, wohlauf und mit einem aufgekratzten wie nassen, aber unversehrten Neil.
    »Kate?«
    Keine Reaktion. Enttäuscht lehnte sie sich zurück und faltete die Hände auf dem Bauch.
    Sie fing zu beten an: »Gott, lass es ihnen gut …«
    Auf dem Flur quietschten widerspenstige Scharniere, woraufhin sie erneut schnurgerade im Sessel saß und die Arme auf die Lehnen stützte. »Master?«
    Jemand schlurfte heran und rieb sich schließlich hörbar an der Mauer zwischen Diele und Küche. Mrs. Fletcher wartete kurz, ehe sie aufstand, die Lampe vom Sims nahm und flugs zur Tür ging. Da die Flamme so niedrig war, kam ihr der kurze Weg zum Wohnzimmer ewig weit vor.
    »Master?«
    Sie wagte einen Schritt, dann einen weiteren, und blieb wenige Fuß vor der abgesperrten Tür stehen.
    Doch nein, sie stand offen.
    Die Haushälterin schluckte nervös, hob die Lampe und besah den Rahmen. Er war gerissen, und spitze Splitter ragten aus dem Holz. Das Schloss baumelte aufgebrochen an einer letzten Schraube wie eines jener ›Bitte nicht stören‹-Schilder in piekfeinen Londoner Hotels. Sie trat vorsichtig näher und fuhr mit den Fingern über die Vertäfelung und erkannte, dass man die Tür zum Öffnen mit aller Gewalt hätte nach innen ziehen müssen, weil sie so angebracht worden war, dass sie zur Flurseite hin aufging.
    »Master?«
    Sie schlüpfte hinein. In allen vier Ecken standen Lampen, doch die Möbel sahen immer noch unheimlich aus – wie gebeugte Dunkelwesen, die sich gleich erheben und als bedrohlich herausstellen mochten. Sie stutzte, als sie auf die Kleidung ihres Herrn stieß, die auf einem Haufen neben seinem Sessel lagen.
    »Hallo?«
    Wo ist er hingegangen? , fragte sie sich. Was hatte ihn dazu getrieben, die Tür fast aus den Angeln zu heben?
    Obwohl sie sich gut zuredete, kam es ihr vor, als kitzelten sie Läuse am ganzen Körper. Ihre Haut war vor lauter Bangigkeit wie elektrisiert, und während sie nach wie vor meinte, die Sätze, die sie zuvor aufgeschnappt hatte, als dem letzten Rest Fieber geschuldete Wirrungen abzutun, hallten sie nun in ihrem Kopf wider: Auf einer Seite sah ich Helen, die meinte, ich müsse sterben, um die Kinder zu retten.
    Vor dem Sessel lagen Glasscherben. Mrs. Fletcher stellte die Lampe auf den Boden und pflückte die Stücke vom Teppich, die alle noch nass waren und nach

Weitere Kostenlose Bücher