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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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Peinigers klar, dass er selbst daran glaubte. Neil kam dies wie der äußerste Wahnsinn vor. So leise und unauffällig wie möglich schob er die Hände unter seine Schenkel und rutschte ein paar Zoll zurück, bis Stephen weitersprach.
    »Goldene Augen wie Dublonen«, beschrieb er. »Ihr Blick ruhte auf mir, durchbohrte mich und suchte nach meiner Seele. Als mich das Entsetzen endlich niederzuringen schien, beugte sie sich über mich und gab einen Laut von sich, als ersticke sie. Als sie sich wieder aufrichtete, war sie wieder sie selbst … bloß Sylvia mit den nussbraunen Augen. Keine schuppige, bläulich weiße Haut und keine nadelspitzen Zähne. Keine strigoaica .
    Ich weinte und machte mich vor lauter Angst ganz klein auf dem Bett, dachte, sie werde mich umbringen, da ich um ihr Geheimnis wusste. Sie hockte sich mit dem Rücken zu mir auf die Kante und flüsterte: ›Das bin ich. Ich verstehe, weshalb du dich fürchtest und ekelst, aber es gibt noch etwas, das du wissen, etwas, das du begreifen musst.‹
    Da bemerkte ich, dass auch sie weinte, und solch erbärmliches Wimmern von einem derartigen Monstrum zu hören, beruhigte mich ein wenig. Ich rechnete nicht mehr damit, sie werde mir etwas antun, wenngleich mich der Gedanke daran entsetzte, sie liebkost und mich an ihr versündigt zu haben. Wie sich zudem herausstellte, zog unsere Zusammenkunft noch schlimmere Konsequenzen nach sich als erwartet.
    ›Da du dich nun mit mir vereint hast, bist du verdorben und vergiftet‹, behauptete sie. ›Du wirst einer von uns werden, sobald du die Krankheit anerkennst, denn um nichts weniger handelt es sich. Sie stülpt dich bereits jetzt um, macht dich zu einem anderen Geschöpf. Widersetze dich, und du wirst unter Qualen sterben, die selbst den Teufel milde stimmten. Nimm es hin, und du darfst für immer mit mir sein.‹
    Fast auf den Fuß setzte der Schmerz ein, als habe er nur gewartet, bis ich diese Einsicht erhielt. Er war noch nicht schlimm, ein Stechen im Kopf allenthalben, doch ich glaubte Sylvia sofort. Ich wusste, sie sprach die Wahrheit, denn ich hatte ihre Verwandlung bezeugt und fürchtete mich nun vor den Auswirkungen unseres Verkehrs auf mich selbst. Ich schluchzte in die Kissen und schlug mit den Fäusten gegen meinen Kopf, auf dass die Pein aufhörte, zappelte vor lauter Abscheu nach allem, was sie getan hatte.
    ›Gib dich hin‹, riet sie mir, und ich wagte einen Blick auf sie. Sie erwiderte ihn lächelnd und rieb sich gerade mit einer Hand im Kreis über den Bauch. ›Sei unserem Kind ein guter Vater.‹«
    Der Wind heulte durch die zerrütteten Dachsparren. Neil hob den Kopf nach oben und schluckte geräuschvoll. »Ich glaube nichts von alledem«, befand er. »Sie sind geisteskrank.«
    Noch einmal krachte trockenes Holz ins Feuer.
    »Nein«, rief Stephen. »Bin ich nicht … und nie würde ich mein eigen Fleisch und Blut belügen.«
    Neil krabbelte rückwärts und wirbelte Dreck mit den Fingern auf, als er sich erheben wollte. Im Nu gelang es ihm, doch genauso rasch wurde er gepackt. »Nein«, schrie er. »Lassen Sie mich!« Der Mann ließ ihn nicht los; seine Arme waren wie stramme Taue.
    »Ich sagte dir bereits, dass du gehen kannst«, erinnerte Stephen streng, »doch zuerst musst du die ganze Geschichte hören … die Wahrheit. Dann, und nur dann, darfst du verschwinden, falls du es noch willst.«
    Neil trat weiter um sich und strauchelte, bis er gewaltsam zurück auf den Boden gedrückt wurde. Er kam unsanft auf dem Steißbein zum Liegen und ächzte.
    »Ich bin fast fertig«, versicherte Stephen, »doch du musst den Rest unbedingt hören, damit du weißt, wer und vor allem was du bist.«

23

    Grady klopfte gegen die Tür, bis er seine Knöchel nicht mehr spürte. Dicke Regentropfen ergossen sich aus der Regenrinne auf seinen Schädel, und er schlotterte vor Kälte.
    »Was tun wir hier?«, fragte Kate, indem sie die Lampe anhob, um sein Gesicht zu sehen. Bevor er antworten konnte, ging die Tür der Taverne gerade weit genug auf, um Grady im Licht seiner eigenen Laterne ein Auge zu zeigen, das durch den Spalt lugte.
    »Sarah?«
    »Was wollen Sie?«, fragte die Wirtin. Alkoholgeruch wehte den beiden Wartenden entgegen, und Grady vermutete, er stamme nicht allein von den Flaschen hinter der Theke. Sarah betrachtete die beiden zumindest schlaftrunken.
    »Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten«, begann Grady, während er seine Hände massierte. »Neil ist verschwunden; darf ich Ihr Pferd

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