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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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meine …
    »Deine Brüder«, schien Stephen zu ergänzen. »Sie sind gekommen, um deine Wiedergeburt zu bezeugen. Jeder von ihnen war einst ein Mensch, mit Makeln behaftet und verletzlich, liebestoll oder sterbensunglücklich bis zum Tage jener schicksalhaften Jagd. Jetzt sind sie deine Verwandte, deine Familie, und alle versammelt, um herauszufinden, ob es stimmt: Hat Sylvia ihnen den Schlüssel zu ihrer Zukunft geschenkt?«
    Neil schüttelte den Kopf, wusste aber nicht, was er leugnete – den überbordenden Wahnwitz vielleicht? Er sollte mit dem Mädchen seiner Träume tanzen, das ihn niemals betrügen würde, so malte er es sich aus, doch stattdessen hockte er in der Ruine eines Hauses und hörte einem Irren zu, der ein Orchester der Schatten zu dirigieren schien.
    Schatten, die zischten und an den Wänden scharrten.
    »›Der strigoi mit dem Silberblick‹«, sprach Stephen. »Dies waren Sylvias letzte Worte, und ich vermute, sie wollte uns unterrichten, wie wir überleben können … indem wir einen Anführer finden, der das Ende der Menschheit und somit unserer Herrschaft einläutet.«
    An der Mauer hinter dem Jungen geriet etwas Gewichtiges in Bewegung. Seine Nackenhaare richteten sich auf. Anderswo schnappten Kiefer wie nach einem Gähnen zu.
    »Du erinnerst dich daran«, rief ihm der Mann ins Gedächtnis, »dass ich dich fragte, ob du sehen wolltest, so man es dir ermöglichte.«
    Neil sagte nichts, aber entsann sich natürlich. Es war eine grausame Anmaßung, und er hatte die Offerte als unmöglich ausgeschlagen, weil er schlicht keinen Gehalt darin sah. Es war nicht realistisch, falls es sich bei diesem Kerl nicht um einen Wunderheiler handelte, und während kein Zweifel daran bestand, dass der Verrückte sich einbildete , er sei einer, gab es keinen Beleg, der dies unterfüttert hätte.
    »Nun … ich stelle es dir erneut in Aussicht, nicht jedoch ohne einen gewissen Preis.«
    Er ist der Teufel , dachte Neil. Ich bin allein mit dem Teufel, und er giert wie bei Faust nach meiner Seele.
    Knacken und Rauschen, tiefes Brummen sowie ein Fauchen so dicht an Neils Ohr, dass er einen Satz machte und erschrocken winselte. »Geht weg!« Hunde , fügte er mit zunehmender Panik an. Er hält sich wilde Köter, die Höllenhunde in Fleisch und Blut!
    »Lasst ihn«, befahl Stephen. »Ich will dich dort sehen, wo du schon immer hingehörst. Du sollst wieder deinen angestammten Platz in unseren Reihen einnehmen und die Brüder auf der Pirsch anführen. Sei mein Sohn und sieh ein, wer dich gezeugt hat.«
    Neil drückte die Augen fest zusammen. Die Hunde, wie er sie bezeichnete, zogen hinter ihm ungeduldig Kreise, und er hörte ihre langen Krallen auf die Steinplatte vor dem Eingang pochen, dazu ihren manischen, hechelnden Atem. »Ich bin nicht dein Sohn.«
    »Doch.« Seine Stimme kam näher. Neil machte sich steif, als der Mann vortrat und ihn dadurch von der Hitze des Feuers abschottete. »Sobald du wieder siehst, wirst du es auch ein sehen.« Er sprach jetzt direkt in Neils Gesicht; sein Atem roch säuerlich. »Versprochen.«
    Als ihn Hände mit dicken Fingern am Kopf packten, schrie der Junge. Die Daumen schoben sich unter seine Augen, während er um sich schlug und dabei auf feuchte Bandagen traf. Er zog daran, und ganze Bahnen des klammen Stoffes lösten sich. Als er austrat, bestätigte dumpfer Widerstand, dass er getroffen hatte. Die Hunde, Monster oder was auch immer bellten in orgiastischer Verzückung, was nach tausend Sägen in morschem Holz klang. Zorn und Angst rangen in Neil um die Vorherrschaft, drängten von innen gegen seine Hülle und wühlten ihn auf, bis er glaubte, bersten zu müssen. Dann stieß er einen weiteren Schrei aus und damit den Hass, die Pein sowie alle Enttäuschungen, die er jemals im Leben erfahren hatte. Er schnappte mit den Zähnen und bekam Fleisch zu fassen, wand sich, fuchtelte und kreischte, was seine Lungen hergaben. Die Daumen aber schüttelte er nicht ab. Sie drückten weiterhin sanft an den unteren Rand seiner Augenhöhlen, während die übrigen Finger an Neils Kiefer ruhten und zu pulsieren schienen, als ströme eine geheimnisvolle Energie durch die Hände seines Folterers.
    »Lass mich los, verdammt!« Er ballte die Fäuste und hämmerte gegen die Schläfen des Mannes, alldieweil er auf das Geräusch brechender Knochen wartete. Dass er, selbst wenn er die Oberhand gewann, immer noch vor Stephens Hunden stehen würde, war ihm gleich. Ihr Odeur durchdrang den Raum. Unverhofft

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