Herr der Schlangeninsel
heißer, wenn ich diese Karate-Fuzzis in voller Aktion sehe.“
„Paß wenigstens auf die Tretmühlen
auf!“ sagte Tim. „Oder ist dir das auch zu anstrengend?“
„Keine Aufgabe für einen Finanzier“,
lachte Gaby. „Die liegen nur rum, pflegen ihre vornehme Blässe und warten auf
gebratene Tauben.“
Tim, Karl und Gaby betraten Chungs
Club.
Von voller Aktion konnte keine Rede
sein.
Nur im hinteren Übungsraum, der den
weichen Künsten vorbehalten war, versuchten sich ältere Damen mit den Formen
von Tai Chi Chuan, angeleitet von Chungs Assistentin, einer jungen Chinesin.
Chung selbst stand in der Erfrischungs-Bar
hinter seiner chromblitzenden Theke und preßte den Telefonhörer ans Ohr.
Das Gesicht wirkte gespannt, die Augen
waren noch schlitzschmaler als sonst.
Chung winkte den drei TKKG-Freunden zu,
horchte weiter in den Hörer und beendete das Gespräch mit einem kurzen Singsang
in seiner Muttersprache. Dann legte er auf.
„Hallo, Chung!“ grüßte Tim. „Ich bringe
Ihre Unterlagen zurück.“
„Große Freude, euch zu sehen“, lächelte
der Chinese und begrüßte auch Gaby und Karl.
Dann wandte er sich an Tim. „Du hast,
vermute ich, deine Freunde eingeweiht, was den unermeßlichen Verlust des
Jade-Tigers für die Sippe Li bedeutet?“
Tim nickte. „Sie wissen ja, Chung, daß
wir untereinander keine Geheimnisse haben. Aber ein Außenstehender erfährt kein
Wort.“
„Ich weiß. Und da mache ich mir auch
keine Sorgen. Trotzdem muß alles unter uns bleiben. Sonst ist die Sicherheit
des Kranichs, der die Krebse fischt, gefährdet. Und damit sein Leben.“
Karls und auch Gabys Gesicht zeigten
den Ausdruck von Fragezeichen.
Tim, der bekanntlich computer-schnell
schaltet, ahnte, was Chung meinte.
„Der Kranich, der die Krebse fischt“,
sagte der TKKG-Häuptling, „ist sicherlich der Deckname für Ihren Gewährsmann in
Xiang-Beutezahns Amsterdamer Heroin-Gang.“
Chung lächelte. „Du bist nicht nur
schnell mit den Fäusten. Richtig! Der Kranich hat mich eben angerufen. Die
Ereignisse um den Jade-Tiger nehmen eine dramatische Wendung. Möchtet ihr einen
Saft trinken?“
Die drei Freunde verzichteten, weil sie
gerade erst im VENEZIA Eiskaffee gezuzzelt hatten.
Klößchen, der natürlich ja gesagt
hätte, war gottlob nicht dabei, sondern draußen im Schatten.
Chung senkte die Stimme und beugte sich
über die Theke. „Jetzt habe ich die Bestätigung. Es ist tatsächlich so, wie der
ehrenwerte Lee Pa Li mitteilte: Xiang-Beutezahn steckt hinter dem Diebstahl.
Xiang ist der Drahtzieher. In seinem Auftrag ist der widerwärtige Verbrecher
Dahong Wu, genannt Iltis, in die Hongkonger Villa von Lee Pa Li eingedrungen. Der
Jade-Tiger wurde dann mit einer Privatmaschine nach Amsterdam gebracht — zu
Xiang-Beutezahn — und war in dessen Gewalt bis gestern nachmittag. Dann geschah
das Unfaßliche. Xiangs Wagen, in dem der Jade-Tiger war, wurde von einem
professionellen Autodieb gestohlen. Dieser Mann ist Grieche, heißt Nicholas
Klaudonia und wird Nick genannt. Er betreibt in ganz Europa Gaunereien und
Diebstähle und hält sich für einen Meisterdieb. Als er den gestohlenen Wagen
bei einem Hehler namens Rik van Vandandem abliefern wollte, lehnte der das
Geschäft ab. Klaudonia hatte keine Ahnung, wem der Wagen gehörte und erschrak,
als er den Namen des Eigentümers erfuhr. Aber in die Hose gemacht hat sich der
Grieche offenbar nicht. Denn als er den Wagen dann in einer entlegenen Straße
abstellte, nahm er den Jade-Tiger aus dem Kofferraum. Xiang-Beutezahn ist nun
ein bestohlener Dieb.“
„Ob dieser Grieche weiß“, fragte Tim,
„was ihm da in die Hände fiel?“
„Er weiß es. Er hat die
Zeitungsberichte gelesen und das Foto des Jade-Tigers gesehen.“
„Xiang-Beutezahn kennt den Dieb?“
„Der Hehler Vandandem hat den Griechen
verpfiffen.“
„Dann wird der bald die Radieschen von
unten sehen, wie?“ Chung lächelte. „Dieser Klaudonia hat Mut. Der Mann hat sich
aus Amsterdam abgesetzt und befindet sich jetzt... Das erratet ihr nie.“
„Wenn es so außergewöhnlich ist“, sagte
Gaby, „dann kann er nur hier sein.“
Chung nickte, nahm eine rotweiße
Papierblume aus einer Vase ohne Wasser und überreichte sie Gaby.
„Danke! Die stecke ich mir nachher ins
Haar.“
„Nick Klaudonia hat hier eine
Freundin“, fuhr Chung fort. „Auch das hat der Hehler verraten. Die Frau heißt
Antonia Vasilopoulos. Vermutlich befindet der Meisterdieb sich bei ihr.
Jedenfalls wurde
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