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Herr der Träume

Herr der Träume

Titel: Herr der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Rechtsanwälte, Künstler.«
    Sie betrachtete ihn nachdenklich.
    »Aber machen Sie sich keine Sorgen.« Er lachte kurz. »Ich bin mit dem Leben äußerst zufrieden.«
    »Sie wirken heute etwas sarkastisch.«
    »Peter hat mich angerufen. Er hat sich gestern beim Turnen den Knöchel gebrochen. Die Lehrer sollten bei diesen Dingen besser aufpassen. Ich habe vor, ihn in eine andere Schule zu schicken.«
    »Schon wieder?«
    »Vielleicht. Ich habe mich noch nicht entschieden. Der Direktor wird mich am Nachmittag anrufen. Ich möchte ihn nicht so oft die Schule wechseln lassen, aber ich hätte gern, daß er sie heil zum Abschluß bringt.«
    »Kein Kind wächst ohne ein paar Unfälle auf. Das ist statistisch erwiesen.«
    »Statistik ist nicht dasselbe wie Schicksal, Bennie.«
    »Ich glaube, wenn etwas geschehen soll, so geschieht es auch.«
    »Ich nicht. Ich denke, daß der menschliche Wille im Verein mit einem gesunden Verstand die Geschehnisse in einem gewissen Ausmaß zu beeinflussen imstande ist. Würde ich dies nicht tun, so hätte ich nicht diesen Beruf.« Er erhob sich und nahm seinen Mantel auf.
    »Übrigens – Miß DeVille, hat angerufen und eine Nachricht hinterlassen. Sie fragte: ›Wie wäre es mit St. Moritz?‹«
    »Zu vornehm«, dachte er laut. »Wir fahren nach Davos.«
    Render schloß die Tür zu seiner Praxis hinter sich, machte die Fenster undurchsichtig und stellte den Plattenspieler an. Nur die Schreibtischlampe spendete Licht.
    Wie hat sich das Leben des Menschen seit der industriellen Revolution verändert? schrieb er.
    Er nahm das Papier auf und las den Satz nochmals durch. Man hatte ihn gebeten, am kommenden Samstag über dieses Thema zu sprechen. Und es war typisch für eine derartige Sache, daß er nicht wußte, was er sagen sollte, weil er zu viel zu sagen hatte und ihm nur eine Stunde zur Verfügung stand.
    Er stand auf und begann im Zimmer umherzugehen, in dem nun die Töne von Beethovens Achter erklangen. Er schaltete sein Knopflochmikrophon ein und begann den Vortrag auf Band zu sprechen.
    Nach einiger Zeit summte das Telefon. Er schaltete das Mikrophon ab und dämpfte die Musik.
    »Hallo?«
    »Sankt Moritz«, sagte sie.
    »Davos«, widersprach er bestimmt.
    »Charlie, du bist aufreizend!«
    »Jill, mein Liebling, das bist du ebenfalls.«
    »Wollen wir heute abend darüber diskutieren?«
    »Es gibt nichts zu diskutieren!«
    »Aber du holst mich um fünf Uhr ab?«
    Er zögerte und sagte dann: »Ja, um fünf. Wieso ist der Bildschirm leer?«
    »Ich habe mir eine neue Frisur machen lassen und will dich überraschen.«
    Er unterdrückte ein idiotisches Kichern und sagte: »Hoffentlich wird es eine angenehme Überraschung. Okay, ich hole dich also ab.« Er wartete auf ihr »bis dann« und unterbrach die Verbindung.
    Er machte die Fenster durchsichtig, drehte das Licht auf dem Schreibtisch ab und blickte hinaus. Der Himmel war wieder grau, und Schneeflocken fielen langsam herab und verloren sich unten auf der Straße. Als er das Fenster öffnete und sich hinausbeugte, sah er die Stelle, wo Irizarry seinen letzten Eindruck auf dieser Welt hinterlassen hatte.
    Er schloß das Fenster und hörte sich die Symphonie zu Ende an. Es war eine Woche her, seit er den Blind-Trip mit Eileen unternommen hatte. Sie sollte um ein Uhr kommen.
    Er erinnerte sich an ihre Fingerspitzen, wie sie über sein Gesicht geglitten waren wie Blätter oder Insekten, um nach der uralten Weise der Blinden sein Aussehen zu ertasten. Die Erinnerung war nicht gänzlich angenehm, und er fragte sich, warum.
     
    Sigmund sah aus wie der mythische Fenriswolf. Nachdem Render Mrs. Hedges angewiesen hatte, seine Besucher einzulassen, öffnete sich die Tür, und ein Paar rauchgelber Augen starrte ihn an. Die Augen gehörten zu einem sonderbar mißgestalteten Hundekopf. Die Stirn war nicht die eines gewöhnlichen Hundes, sondern stieg unmittelbar hinter der Schnauze steil an und ließ die Augen noch tieferliegend erscheinen, als sie es waren. Beim Anblick dieses Schädels schauderte Render ein wenig. Die Mutanten, denen er bisher begegnet waren, waren alle noch Welpen gewesen. Sigmunds grauschwarzer Pelz schien stets leicht gesträubt und ließ das mächtige Tier noch größer erscheinen.
    Er starrte Render auf völlig unhündische Weise an und gab ein grollendes Geräusch von sich, das zu sehr wie »guten Tag, Herr Doktor« klang, als daß er es dem Zufall hätte zuschreiben können.
    Render nickte und erhob sich. »Guten Tag, Sigmund«,

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