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Herr der Träume

Herr der Träume

Titel: Herr der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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fiel in ihre Augen und verwandelte die braunen Flecken nackter Erde in Schlamm.
    Ein Blitz zuckte über den Himmel, und einen Augenblick später ertönte ein weiterer Donnerschlag.
    »Und das ist ein Sommergewitter«, belehrte er sie. »Du siehst, welche Veränderungen der Regen mit sich bringt. Was du vor dem Donner am Himmel sahst, war ein Blitz.«
    »Es ist zu viel«, sagte sie. »Bitte hör damit ein wenig auf.«
    Augenblicklich war der Regen vorüber, und die Sonne kam zwischen den Wolken hervor.
    »Ich lechze nach einer Zigarette«, sagte sie, »aber ich ließ meine in einer anderen Welt.«
    Als sie dies sagte, erschien eine brennende Zigarette zwischen ihren Fingern.
    »Sie wird etwas schal schmecken«, meinte Render mit einem seltsamen Tonfall in der Stimme. Er betrachtete sie einen Augenblick lang und fuhr dann fort: »Ich habe dir diese Zigarette nicht gegeben. Du hast sie meinem Geist entnommen.«
    Rauch kräuselte empor und verlor sich in der Luft.
    »Das bedeutet, daß ich heute zum zweitenmal den Sog des Vakuums in deinem Geist unterschätzt habe, das du anstatt des Gesichtssinns hast. Du assimilierst die für dich neuen Eindrücke äußerst rasch. Du gehst sogar so weit, nach neuen zu greifen. Sei vorsichtig und versuche, diesen Drang zu beherrschen.«
    »Es ist wie Hunger.«
    »Vielleicht ist es besser, wenn wir diese Sitzung jetzt abbrechen.«
    Ihre Kleider waren wieder trocken. Ein Vogel begann zu zwitschern.
    »Nein, warte bitte! Ich werde vorsichtig sein. Ich will noch mehr sehen.«
    »Es ist ja nicht zum letztenmal. Aber ich nehme an, wir können noch etwas wagen. Gibt es etwas, was du sehr gern sehen möchtest?«
    »Ja. Winter. Schnee.«
    »Okay.« Der Schöpfer lächelte. »Leg diesen Pelz um dich ...«
     
    Nachdem sein Patient ihn verlassen hatte, verging der Nachmittag rasch. Render befand sich bei guter Laune. Er hatte den ersten Versuch ohne Schaden überstanden und nahm an, daß er das Experiment erfolgreich würde abschließen können. Seine Befriedigung war größer als seine Furcht. Mit einem freudigen Gefühl machte er sich wieder an die Vorbereitung seiner Rede.
    Nach einer Weile wurde er von einem Summen unterbrochen. Er stellte das Tonbandgerät ab und tippte auf den Telefonapparat.
    »Hier Charles Render«, sagte er.
    »Hier spricht Paul Carter«, flüsterte das Gerät. »Ich bin der Direktor der Dilling-Schule.«
    »Ja?«
    Der Bildschirm leuchtete auf. Render erblickte einen Mann, dessen Augen unter der hohen Stirn eng beieinander standen. Die Stirn lag in Falten, und der Mund zuckte, als er sagte:
    »Ich möchte mich nochmals für das Geschehene entschuldigen. Es war ein Fehler an einem Gerät, der ...«
    »Können Sie sich keine einwandfreien Geräte leisten? Ihre Gebühren sind hoch genug.«
    »Es war ein neues Gerät. Es war ein Fabrikationsfehler ...«
    »Hat denn niemand die Klasse beaufsichtigt?«
    »Ja, aber ...«
    »Warum hat er nicht die Geräte kontrolliert? Warum war er nicht zur Hand, um den Fall zu verhindern?«
    »Er war zur Hand, aber es geschah zu rasch, als daß er hätte eingreifen können. Und was die Kontrolle von fabrikneuen Geräten betrifft, so gehört das nicht zu seiner Arbeit. Schauen Sie, es tut mir wirklich leid. Ich mag Ihren Sohn sehr gern. Ich kann Ihnen versichern, daß so etwas nie wieder vorkommen wird.«
    »Da haben Sie recht. Aber deswegen, weil ich ihn morgen abholen und in eine Schule geben werde, wo entsprechende Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden.«
    Render beendete das Gespräch, indem er wieder kurz auf den Fernsprecher tippte.
    Nach ein paar Minuten erhob er sich und begab sich in den Teil des Zimmers, der durch ein Bücherregal abgeteilt war. Er öffnete eine Schublade und entnahm ihr eine Schmuckkassette, die neben einer billigen Halskette eine gerahmte Fotografie enthielt. Der Mann darauf ähnelte ihm, war jedoch etwas jünger, und die Frau hatte dunkles, aufgestecktes Haar und ein kleines Kinn. Zwischen den beiden befanden sich zwei Kinder. Das Mädchen hielt ein Kleinkind in den Armen und lächelte gekünstelt. Bei derartigen Anlässen betrachtete Render stets nur für wenige Sekunden das Bild, während er mit dem Halsband spielte. Dann schloß er die Schatulle wieder und öffnete sie nicht für viele Monate.
    Wumm! Wumm! machte der Baß. Tschg-tschg-tschga-tschg ertönten die Rasseln.
    Die Scheinwerfer tauchten die erstaunlichen Metalltänzer in rotes, grünes, blaues und knallgelbes Licht.
    MENSCHEN? stand auf einer großen

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