Herr der Träume
Mann namens Charles Render.
Sie fühlte, er war der Schöpfer.
Der Geist vermag viele Dinge zu umfassen.
Er aber war mehr als nur ein Ding; er war jedes Ding.
Sie fühlte es.
Als sie ging, hallten ihre Absätze in der leeren Dunkelheit.
Sie ging durch ein leeres Theater, entfernte sich von einer leeren Bühne. Sie war allein.
Am Ende des Ganges blieb sie stehen.
Mit einem Schlag war alles still.
Nun war sie weder Publikum noch Schauspieler. Sie war allein in einem finsteren Theater.
Sie hatte einen Hals aufgeschnitten und ein Leben gerettet.
Sie hatte an diesem Abend gelauscht, gefühlt und applaudiert.
Jetzt war alles wieder verschwunden, und sie war allein in einem finsteren Theater.
Sie hatte Angst.
Der Mann setzte seinen Weg entlang der Autobahn fort, bis er einen bestimmten Baum erreichte. Er blieb mit den Händen in den Taschen stehen und starrte ihn lange Zeit an. Dann wandte er sich ab und ging den Weg zurück, den er gekommen war.
Morgen war auch noch ein Tag.
Render hatte mit dem Schulpsychologen gesprochen und die Turngeräte der neuen Schule inspiziert. Er hatte auch die Wohnräume der Schüler besucht und war zufrieden.
Als er Peter nun wieder verließ, verspürte er jedoch ein Gefühl der Unzufriedenheit, für das er keinen Grund fand. Alles schien in Ordnung zu sein, und Peter war sehr gut aufgelegt gewesen.
Er kehrte zu seinem Auto zurück und gelangte auf die Autobahn, jenen riesigen, wurzellosen Baum, dessen Zweige zwei Kontinente bedeckten und die nach Fertigstellung der Bering-Brücke mit Ausnahme von Australien, den Polarkappen und den Inseln die ganze Welt umspannen würden.
Er grübelte und grübelte, fand jedoch keinen Grund für sein Mißbehagen.
Sollte er Jill anrufen und sich erkundigen, wie es ihrer Erkältung ging? Oder war sie immer noch verärgert wegen ihres Mantels und des Weihnachtsabends?
Er ließ die Hände in den Schoß sinken. Die Landschaft wogte auf und ab, als das Auto über eine Reihe von Hügeln fuhr.
Seine Hand näherte sich wieder den Kontrollknöpfen.
»Hallo?«
»Eileen, hier ist Charles. Ich hatte keine Zeit, dich anzurufen, als es geschah, aber ich hörte von der Tracheotomie, die du im Theater durchgeführt hast ...«
»Ja«, sagte sie, »ein Glück, daß ich dort war – ich und ein scharfes Messer. Wo bist du?«
»In meinem Auto. Ich habe gerade Peter zur Schule gebracht und bin nun auf dem Weg heim.«
»Oh? Wie geht es ihm? Sein Knöchel ...?«
»Es geht ihm gut. Zu Weihnachten geschah ein kleines Unglück, das aber keine Folgen zeitigte. Erzähle mir, was im Theater geschah, wenn es dir nichts ausmacht.«
»Darf Blut einem Arzt etwas ausmachen?« Sie lachte leise. »Nun, es war spät, vor dem letzten Akt ...«
Render lehnte sich zurück und lächelte. Er zündete sich eine Zigarette an und hörte zu.
Draußen ging die Landschaft in eine Ebene über, und er rollte darüber hinweg wie eine Billardkugel auf dem Weg ins Loch.
Er fuhr an einem wandernden Mann vorbei.
Er ging wieder unter hohen Drähten und über vergrabene Kabel. Die Luft war voll von Schneeflocken und drahtloser Energie.
Autos flitzten vorbei, und nur wenige Passagiere bemerkten ihn.
Er hatte die Hände in den Manteltaschen vergraben und hielt den Kopf gesenkt. Er hatte den Kragen aufgestellt, und Schneeflocken sammelten sich auf der Krempe seines Hutes.
Er trug Gummischuhe. Der Boden war feucht.
Er ging schwerfällig – eine winzige Ladungseinheit im elektrischen Feld eines riesigen Generators.
»Wollen wir heute im P&S gemeinsam zu Abend essen?«
»Warum nicht?« antwortete Render.
»Sagen wir um acht?«
»Um acht.«
Draußen war eine Ausstellung der Air-Force, die seit zwei Wochen täglich vierundzwanzig Stunden geöffnet war und Besucher aus der ganzen Welt angelockt hatte.
Draußen bot einen eingehenden Überblick über alles, was der Mensch im Weltraum zustande gebracht hatte.
In der Galerie befanden sich wandgroße Fotografien von den Landschaften aller Planeten, die so wirklichkeitstreu waren, daß man versucht war, sie zu betreten. Nach der Galerie kamen die Gravitationsräume. Dort erkletterte man Stiegen, wählte die Schwerkraft des Mondes oder des Mars oder eines anderen Planeten und wurde von Luftpolstern zurück auf den Boden der Halle befördert, so daß man für einige Augenblicke auf der sinkenden Plattform fühlte, wie es war, sich auf dem gewählten Planeten zu befinden. In der nächsten Halle befand sich ein riesiges
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