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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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entscheiden. Sicher war nur, daß es, infolge des
    Fehlens jedes Segelwerks, den Wind nicht benutzte, und da
    es keinen Schornstein hatte, auch keine der gewöhnlichen
    Dampfmaschinen enthalten konnte.
    Bei dieser Stelle hatte ich meine Lektüre noch einmal
    unterbrochen und überdachte erst ein wenig, was ich ge-
    lesen hatte.
    »Woran denken Sie, Strock?« fragte mein Vorgesetzter.
    »Daran, Herr Direktor, daß der Motor, der das in Frage
    stehende Fahrzeug treibt, ebenso kräftig und unbekannt ist
    wie der des fantastischen Automobils, von dem man seit
    dem Match des American Club nichts mehr gehört hat.«
    »Ah, das ist Ihnen dabei eingefallen, Strock?«
    »Jawohl, Mr. Ward!«
    Daraufhin drängten sich uns nun von selbst folgende Er-
    wägungen auf:
    War der geheimnisvolle Chauffeur verschwunden und
    sein Apparat mit ihm im Michigansee versunken, so mußte
    man doch, koste es, was es wolle, hinter das Geheimnis des
    nicht weniger geheimnisvollen Seefahrers zu kommen su-
    chen und wünschen, daß es nicht in der Tiefe des Meeres
    verlorenginge, ehe es entschleiert wäre. Liegt es denn nicht
    im Interesse jedes Erfinders, seine Erfindung ans Licht des
    Tages zu bringen? Würde nicht Amerika oder jeder an-
    — 90 —
    dere Staat einem solchen jeden Preis bezahlen, den er ver-
    langte?
    Leider hatte der Erfinder des Kraftwagens sein Inkog-
    nito immer streng bewahrt, und es war zu befürchten, daß
    der des schwimmenden Apparats dasselbe tun werde. Selbst
    angenommen, daß der erste noch lebte, war doch seither
    nichts mehr über ihn verlautet. Und was den zweiten betraf,
    so würde voraussichtlich dasselbe der Fall sein, wenn auch
    dieser nach seinen Fahrten in der Nähe von Boston, Ports-
    mouth und Portland von der Bildfläche verschwand, ohne
    greifbare Spuren zurückzulassen. Diese Vermutung wurde
    noch dadurch bestärkt, daß die außergewöhnliche Ma-
    schine seit dem Eintreffen des Berichts in Washington, das
    heißt seit 24 Stunden, von den Semaphoren an der Küste
    nicht mehr gemeldet worden war.
    Ich füge hier gleich hinzu, daß man das Fahrzeug auch in
    anderen Gegenden nicht beobachtet hatte. Daraus freilich
    auf sein endgültiges Verschwinden zu schließen, wäre doch
    wohl etwas voreilig gewesen.
    Als wichtig bleibt gleichzeitig noch hervorzuheben, daß
    der Gedanke an ein Waltier, einen Kraken, Kalmar, oder an
    irgendein Seewesen jetzt schon völlig aufgegeben war. Die
    Zeitungen der Union hatten sich natürlich aller einschlä-
    gigen Äußerungen und Beobachtungen bemächtigt, die sie
    weiter ausführten und wonach sie zu dem Schluß kamen,
    daß nur von einem Wasserfahrzeug die Rede sein könne,
    dem bezüglich der Beweglichkeit und Schnelligkeit ganz
    außerordentliche Eigenschaften zukämen. Alle stimmten
    — 91 —
    darin überein, daß es mit einem elektrischen Motor aus-
    gestattet sein müsse; aus welcher Quelle dieser aber seinen
    Antriebsstrom schöpfte, das konnte sich niemand vorstel-
    len.Was die Presse aber bisher noch nicht vor der Öffent-
    lichkeit zur Sprache gebracht hatte – bald mußte es jeden-
    falls geschehen –, das war ein merkwürdiges und für den
    aufmerksamen Beobachter auffallendes Zusammentreffen
    von Umständen, das Mr. Ward gleichzeitig mit mir zur Er-
    kenntnis kam.
    Es bezog sich darauf, daß das berüchtigte Boot erst auf-
    tauchte, als das nicht minder berüchtigte Automobil ver-
    schwunden war. Beide verfügten gleichmäßig über eine er-
    staunliche Kraft zu ihrer Fortbewegung. Zeigten beide sich
    etwa gar von neuem, das eine auf dem Land, das andere
    auf dem Wasser, so waren Boote, Fahrzeuge und Fußgänger
    von der gleichen Gefahr bedroht. Dann wurde es unerläß-
    lich, daß die Polizei durch jedes nur erdenkliche Mittel für
    die öffentliche Sicherheit auf den Landstraßen und auf dem
    Meer zu sorgen hatte.
    Das erklärte der Polizeidirektor mir gegenüber, und
    diese Pflicht der Behörden lag ja auch klar auf der Hand;
    doch wie sollte man ihr mit Erfolg genügen?
    Nach diesem Gespräch, das übrigens noch einige Zeit
    fortdauerte, wollte ich mich gerade zurückziehen, als Mr.
    Ward mich noch einmal aufhielt.
    »Ist es Ihnen nicht aufgefallen, Strock«, sagte er, »daß
    zwischen der Gangart der beiden Apparate – ob Wasser-
    — 92 —
    fahrzeug oder Automobil – eine merkwürdige Ähnlichkeit
    zutage tritt?«
    »Gewiß, Herr Direktor!«
    »Nun, wer weiß, ob die beiden am Ende nicht ein und
    derselbe Apparat sind!«
    6. KAPITEL
    Der erste

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