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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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bezüglich des Kapitäns zu wieder-
    holen. Als ich aber dem Steuermann gegenüberstand, wies
    mich dieser mit der Hand zur Seite und ich erhielt keine
    Antwort.
    Es blieb mir also nichts anderes übrig, als geduldig das
    Erscheinen dessen abzuwarten, der uns mit Revolverschüs-
    sen begrüßt hatte, als wir die ›Terror‹ am Ankertau festzu-
    halten suchten.
    Ich hatte jetzt Muße, wenigstens von außen die Einrich-
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    tung des Apparats zu betrachten, der mich – wohin aber? –
    davontrug.
    Das Verdeck und das Oberwerk war aus einer Art Metall
    hergestellt, dessen Natur ich nicht erkannte.
    Etwa in der Mitte überdeckte eine halb emporgehobene
    Lukenkappe den Raum, worin die Maschinen mit größ-
    ter Regelmäßigkeit und fast ganz geräuschlos arbeiteten.
    Wie schon gesagt, waren weder Masten noch Takelage, am
    Achter nicht einmal eine Fahnenstange vorhanden. Ziem-
    lich vorn ragte der Oberteil eines Periskops hervor, das es
    der ›Terror‹ ermöglichte, unter dem Wasser den richtigen
    Kurs einzuhalten. An den Seiten tauchten zwei sogenannte
    Schwerte ins Wasser, wie man sie häufig an holländischen
    Galeoten findet, deren Nutzen ich mir hier aber nicht er-
    klären konnte.
    Auf dem Vorderteil zeigte sich noch eine dritte Luken-
    kappe, die wohl das Logis der beiden Leute überdeckte,
    wenn die ›Terror‹ nicht in Fahrt war.
    Eine ebensolche Kappe auf dem Hinterdeck vermittelte
    wahrscheinlich den Zugang zu der Kabine des Kapitäns, der
    sich noch immer nicht zeigte. Waren die verschiedenen Lu-
    kendeckel auf ihren mit Kautschuk bezogenen Rahmen ge-
    legt, so schmiegten sie sich diesem so hermetisch dicht an,
    daß bei der Fahrt unter Wasser kein Tropfen ins Innere ein-
    dringen konnte.
    Von dem Motor, der dem Apparat die wahrhaft wun-
    derbare Geschwindigkeit verlieh, konnte ich nichts sehen,
    ebensowenig, ob dieser auf eine Schraube oder eine Tur-
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    bine wirkte. Alles was ich beobachten konnte, bestand da-
    rin, daß das Fahrzeug ein sehr langes und, infolge seiner
    feinen Schwimmlinien, sehr flaches Kielwasser hinter sich
    herzog. Seine vortrefflichen Formen ermöglichten es ihm
    auch, selbst bei schlechtem Wetter leicht über die Wellen
    hinzugleiten.
    Endlich sei hier ein für allemal erwähnt, daß die Kraft-
    quelle, die die Maschine in Bewegung setzte, weder Wasser-
    dampf noch zerstäubtes Petroleum, Benzin oder ähnliches
    war, was sich doch durch den Geruch verraten hätte, wie all
    die Kraftquellen, mit denen man die Automobile und die
    Unterseeboote auszustatten pflegt. Es konnte sich hier also
    nur um Elektrizität handeln, die an Bord unter ungeheurer
    Spannung aufgespeichert war.
    Das legte nun wieder die Frage nah: Woher stammte
    diese Elektrizität? Aus galvanischen Säulen (Batterien) oder
    aus Akkumulatoren? Doch wie wurden diese Akkumulato-
    ren geladen, womit diese Säulen beschickt? . . . Aus welch
    unerschöpflicher Quelle entnahm man die nötige Kraft? . . .
    Wo war die Werkstatt, die das alles lieferte? . . . Die Kraft
    müßte denn durch ein bisher unbekanntes Verfahren un-
    mittelbar aus der Luft oder dem Wasser der Umgebung ge-
    wonnen werden. Da fragte ich mich freilich, ob es mir un-
    ter den vorliegenden Verhältnissen je möglich sein würde,
    diese Geheimnisse zu entschleiern.
    Dann dachte ich an meine Gefährten, die da unten auf
    dem Strand von Black Rock zurückgeblieben waren, der
    eine von ihnen verwundet, die andern, Wells und Nab Wal-
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    ker, vielleicht ebenfalls! Konnten sie denn, als sie mich von
    dem Haltetau mit dem Anker fortgerissen sahen, auch nur
    ahnen, daß ich an Bord der ›Terror‹ aufgenommen worden
    wäre? Nein, gewiß nicht. Mr. Ward mochte wohl jetzt schon
    durch ein Telegramm von Toledo aus die Nachricht von
    meinem Tod erhalten haben. Wer würde sich jetzt aber un-
    terfangen, aufs neue gegen den »Herrn der Welt« zu Felde
    zu ziehen?
    Mancherlei Gedanken dieser Art schwirrten mir durch
    den Kopf, während ich darauf wartete, daß der Kapitän auf
    dem Verdeck erscheinen sollte.
    Dieser erschien jedoch nicht.
    Jetzt fing ich auch an, einen tüchtigen Hunger zu spü-
    ren, gewiß kein Wunder nach einer Fastenzeit von beinah
    24 Stunden, denn seit unserer letzten Mahlzeit – immer
    angenommen, daß diese erst gestern stattgefunden – hatte
    ich gar nichts gegessen. Wenn ich nach dem Knurren mei-
    nes Magens urteilte, mußte ich zu dem Glauben kommen,
    schon vor zwei vollen Tagen und vielleicht noch eher an
    Bord

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