Herr der Welt
5 Minuten verstrichen, seit die zwei Män-
ner verschwunden waren, und jeden Augenblick erwarte-
ten wir, sie mit ihren Ballen wieder auftauchen zu sehen.
Hatten sie sich erst eingeschifft, wollten wir den Zeitpunkt
abwarten, an Bord zu springen, doch nicht vor Ablauf einer
weiteren Stunde, wo dann der Kapitän und seine Leute je-
denfalls fest eingeschlafen waren. Uns kam es ja vor allem
darauf an, daß sie nicht Zeit gewannen, den Apparat nach
dem Eriesee hinaus abzustoßen oder ihn gar tauchen zu las-
sen, denn da wären wir ja mit in die Tiefe hinuntergezogen
worden. Wahrlich, noch nie in meinem Leben hatte ich sol-
che Ungeduld empfunden!
Es schien so, als ob die beiden Leute im Wald zurückge-
halten, als ob sie durch irgend etwas gehindert würden, ihn
zu verlassen.
Plötzlich entstand da ein Geräusch von dem Hufschlag
— 184 —
dahinjagender Pferde, wie von einer Galoppade längs des
Waldrands.
Das war unser Gespann, das durch wer weiß was er-
schreckt von der Lichtung weggelaufen war und wie toll
nach dem Strand hinunterstürmte.
Fast gleichzeitig erschienen auch die zwei Männer, die
jetzt aber so schnell liefen, wie es ihnen möglich war.
Ohne Zweifel hat die Gegenwart unserer Pferde ihnen
einen Schreck eingejagt. Sie hatten sich gesagt, daß im Wald
Polizisten versteckt wären, daß man ihnen nachspüre, ihre
Fährte verfolge und sie womöglich einfangen wolle.
Auch sie stürzten auf den Durchgang zu und würden,
nach Aushebung des Ankers, natürlich an Bord springen.
Dann verschwand die ›Terror‹ mit Blitzesschnelle und un-
ser Spiel war rettungslos verloren.
»Vorwärts!« rief ich.
Sofort stürmten wir nach dem Ufer, um den beiden den
Rückzug abzuschneiden.
Sobald sie uns erblicken, werfen sie die Ballen weg und
feuern mit ihren Revolvern, wobei sie John Hart, der am
Bein getroffen wird, verwunden.
Jetzt geben auch wir Feuer, doch nicht mit gleichem Er-
folg. Die Männer werden weder getroffen, noch in ihrem
Lauf aufgehalten. Am Ende des Durchgangs angelangt, sind
sie auch, ohne sich um den Anker zu kümmern, mit einigen
Sätzen auf dem Deck der ›Terror‹.
Vorn darauf steht der Kapitän mit dem Revolver in der
— 185 —
— 186 —
Hand, er feuert auf uns, und Wells wird von einer Kugel
gestreift.
Nab Walker und ich, wir packen das Haltetau und zerren
daran aus Leibeskräften. Das brauchte jedoch nur von Bord
aus zerschnitten zu werden, dann konnte das Schiff sich in
Bewegung setzen.
Plötzlich brach der Anker aus dem Sand los, einer der
Arme erfaßte mich am Gürtel, und während Walker durch
den Stoß zu Boden geschleudert wird, werde ich mit fortge-
zogen, ohne mich befreien zu können.
In diesem Augenblick macht die von ihrem Motor an-
getriebene ›Terror‹ fast einen richtigen Sprung und schießt
mit voller Geschwindigkeit durch die Bucht von Black Rock
hinaus.
13. KAPITEL
An Bord der ›Terror‹
Als ich wieder zu Bewußtsein kam, war es heller Tag. Ge-
dämpft drang das Licht durch das dicke Glas des Fenster-
chens einer kleinen Kabine, worin man mich niedergelegt
hatte. Seit wieviel Stunden, hätte ich nicht sagen können;
den schräg herabfallenden Strahlen der Sonne nach konnte
diese aber nicht hoch über dem Horizont stehen.
Ein Lager, wie es auf Schiffen gebräuchlich ist, diente mir
als Bett, und über mir lag eine Decke ausgebreitet. Meine
Kleidungsstücke, die getrocknet worden waren, hingen in
— 187 —
einer Ecke. Mein von der Ankerschaufel zerrissener Gürtel
lag auf dem Boden.
Übrigens fühlte ich keine Verletzung, nur eine gewisse
Steifigkeit in den Gliedern. Hatte ich das Bewußtsein verlo-
ren, so sagte ich mir doch, daß das keine Folge von Schwä-
che gewesen sein könnte. Da mein Kopf wiederholt unter
das Wasser kam, als das Haltetau mich auf dem See hin-
schleppte, wäre ich gewiß erstickt, wenn man mich nicht
noch rechtzeitig aufs Verdeck hinaufgezogen hätte.
Befand ich mich nun mit dem Kapitän und seinen bei-
den Leuten allein an Bord der ›Terror‹?
Das war wahrscheinlich, um nicht zu sagen sicher. Ich
hatte den ganzen Vorfall noch einmal vor Augen, wie Hart,
von einer Kugel getroffen, auf den Strand niedersank, wie
Wells von einem Revolverschuß gestreift wurde, und wie
Walker zur Erde stürzte, als sich der Anker in meinem Gür-
tel verfing. Mußten nun andererseits meine Begleiter nicht
glauben, daß ich im Eriesee elend umgekommen wäre?
Unter welchen
Weitere Kostenlose Bücher