Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
schon zu spät gewesen, sich des Schif-
    fes zu bemächtigen, vielleicht wäre ein solcher Versuch
    auch gescheitert, wenn sich an Bord noch weitere Mann-
    schaft befand.
    Wie dem auch sei, jedenfalls erschien der, der die Laterne
    trug, mit seinem Begleiter wieder am Waldsaum und beide
    schritten dem Ufer zu. Offenbar hatten sie nichts Verdäch-
    tiges entdeckt. Der eine und der andere mit einem Bündel
    beladen, gingen sie durch die Felsenlücke und blieben dann
    an der Uferwand stehen.
    Da ließ sich plötzlich die Stimme des einen vernehmen.
    »Herr Kapitän . . .?«
    »Hier!« antwortete eine andere Stimme.
    Wells neigte sich meinem Ohr zu und sagte:
    »Es sind drei!«
    »Vielleicht vier«, erwiderte ich, »vielleicht gar fünf oder
    sechs!«
    Die Sachlage veränderte sich etwas zu unserem Nachteil.
    Was hätten wir gegen eine zu zahlreiche Mannschaft aus-
    richten können? Jedenfalls wäre uns die geringste Unklug-
    heit sehr teuer zu stehen gekommen. Würden die beiden
    Männer jetzt nach ihrer Rückkehr mit den beiden Packen
    aufs Schiff gehen, und würde dieses nach dem Loswerfen
    des Haltetaus die Bucht wieder verlassen oder bis zum An-
    bruch des Tages hier liegenbleiben? Wenn es aber davon-
    — 181 —
    fuhr, wird es für uns dann nicht verloren sein? . . . Wo soll-
    ten wir’s dann wiederfinden? . . . Verließ es das Gewässer
    des Eriesees, so standen ihm die Landstraßen der Nachbar-
    staaten offen, oder auch der Lauf des Detroit River, auf dem
    es nach dem Huronsee gelangen konnte. Würde es dann je-
    mals wieder vorkommen, daß sein Erscheinen im Hinter-
    grund der Bucht von Black Rock gemeldet wurde?
    »Jetzt draufgegangen! . . . An Bord!« flüsterte ich Wells
    zu. »Hart, Walker, Sie und ich, wir sind vier Mann. Sie er-
    warten keinen Angriff. Wir können sie überraschen . . . Es
    geht, wie’s geht, wie viele Seeleute sagen.«
    Ich wollte eben meine Begleiter heranrufen, als Wells
    mich wieder am Arm ergriff.
    »Achtung! Horchen Sie auf !« sagte er.
    Eben zog einer der Männer das Fahrzeug noch näher he-
    ran.Da wurden zwischen dem Kapitän und seinen Leuten
    folgende Worte gewechselt:
    »Ist da draußen alles in Ordnung?«
    »Alles, Herr Kapitän.«
    »Es müssen dann noch zwei Ballen vorhanden sein.«
    »Jawohl, zwei Ballen.«
    »Die würden also auf einmal an Bord der ›Terror‹ ge-
    schafft werden können?«
    Die ›Terror‹! . . . Wir hatten also richtig den Apparat des
    »Herrn der Welt« vor uns!
    »Bequem auf einmal«, antwortete einer der Männer.
    — 182 —
    »Gut. Wir fahren morgen mit Sonnenaufgang wieder
    ab.«Waren also wirklich nur drei Mann an Bord, nur drei,
    der Kapitän und seine beiden Leute?
    Diese gingen nun voraussichtlich noch einmal nach dem
    Wald, die letzten Ballen zu holen. Zurückgekehrt, würden
    sie wieder aufs Schiff gehen, dort ihren Schlafraum aufsu-
    chen und sich niederlegen. Wäre das nicht der geeignete
    Augenblick, sie zu überfallen, ehe sie an eine Gegenwehr
    denken konnten?
    Da wir aus dem Mund des Kapitäns selbst gehört hatten,
    daß er vor Sonnenaufgang nicht abfahren würde, stimm-
    ten Wells und ich, dessen sicher, darin überein, die beiden
    Männer unbehelligt zurückkehren zu lassen und uns der
    ›Terror‹ erst zu bemächtigen, wenn alle in tiefem Schlaf lä-
    gen.Warum der Kapitän aber am Tag vorher seinen Anker-
    platz verlassen haben mochte, ohne die Verladung des ge-
    samten Materials zu vollenden, was ihn doch genötigt hatte,
    nach der Bucht zurückzukehren, darüber fehlte es mir an
    jeder Erklärung. Jedenfalls war es für uns ein glücklicher
    Umstand, den wir auszunützen wissen würden.
    Jetzt war es halb 11 geworden. Eben wurden wieder
    Schritte auf dem Sand hörbar, und sofort erschienen auch
    der Mann mit der Laterne und sein Begleiter, die beide
    dem Wald zuschritten. Sobald sie hinter dessen Rand ver-
    schwunden waren, verständigte Wells unsere beiden Poli-
    — 183 —
    zisten, während ich geräuschlos nach dem Durchgang im
    Gestein hinunterschlüpfte.
    Die ›Terror‹ lag wie vorher an einem Haltetau. Soviel
    man von ihr erkennen konnte, hatte der längliche Appa-
    rat die Gestalt einer Spindel, jetzt aber keinen Schornstein,
    keine Masten und keine Takelage, ähnlich der Erscheinung,
    die er bei seinen Fahrten auf dem Meer bei Neuengland ge-
    boten hatte.
    Wir verbargen uns in Winkeln und Aushöhlungen,
    nachdem wir unsere Revolver schußfertig gemacht hatten,
    da wir sie ja vielleicht benötigten.
    Schon waren

Weitere Kostenlose Bücher